Andrea (2.v.l.) und Werner Böckler hier mit ihren Angestellten Antje Henze, Cornelia Leisse und Christina Ricken (v.l.) schließen ihr Geschäft Ende Juni. © Matthias vom Büchel
Somborner Familienbetrieb
Werner Böckler schließt nach 123 Jahren eine der ältesten Fleischereien Dortmunds
Wenn Fleischermeister Werner Böckler Ende Juni seinen Laden abschließt, geht in Somborn nach 123 Jahren die Geschichte eines traditionsreichen Familienbetriebs zu Ende. Früher als geplant.
Metzgereien werden immer seltener. Jetzt schließt in Somborn an der Langendreerstraße 82 wieder ein alter Familienbetrieb. Andrea und Werner Böckler hören am 30. Juni auf. Für ihre zahlreichen Stammkunden ist das ein Schlag. Denn ob Wurst, Fleisch oder auch Käse und frische Brötchen: Böcklers Laden ist nicht nur Metzgerei, sondern auch ein wichtiger Versorger der Somborner. Denn dort gibt es, nachdem vor Jahren auch der letzte Lebensmittelhändler geschlossen hat, nicht nur Fleisch und Wurst, sondern auch ein kleines Lebensmittelsortiment und die Tageszeitung.
Seit den 1960er Jahren ist auch der Partyservice des Familienbetriebs für viele Kunden die erste Adresse bei Feiern jeder Art. Aber was den Laden in Somborn mindestens genau so ausmacht wie die Qualität der Fleich- und Wurstwaren, ist seine Atmosphäre: Die Einrichtung mit ein wenig nostalgischem Charme mögen die Kunden ebenso, wie die freundlichen Frauen hinter der Theke, die immer auch Zeit für ein paar persönliche Worte haben.
„Investitionen lohnen sich nicht mehr für ein Jahr“
„Doch damit ist jetzt Schluss“, berichtet Werner Böckler (61) und wird schon ein wenig wehmütig. „Aber wir haben keine andere Wahl.“ Gern, sagt er, hätte er seinen Betrieb noch bis ins nächste Jahr offen gehalten, doch Auflagen des Dortmunder Ordnungsamtes ließen das nicht zu. „Die Bestimmungen sind in den vergangenen Jahren immer strenger geworden. Wenn wir weiter machen wollten, müssten wir an verschiedenen Stellen in unseren Betrieb investieren“, so Böckler.
Gemeinsam mit seiner Frau Andrea hat er mit spitzem Bleistift nachgerechnet. Das Ergebnis: „Es lohnt nicht“, so Böckler. „Die Kosten würden wir in einem Jahr nicht wieder reinholen.“
Werner Böckler mit dem alten Lehrbrief seines Großvaters Peter. © Matthias vom Büchel
Hinzu kommt, dass den Somborner seit einiger Zeit auch gesundheitliche Probleme plagen. Die haben ihn bereits 2017 dazu bewogen, in Altersteilzeit zu gehen und sein Geschäft nur noch donnerstags bis samstags zu öffnen. Die Kunden hielten ihrem geschätzten Metzger trotzdem die Treue. Tradition eben, die 1896 mit Peter Böckler begann.
Erfolgreicher Firmenstart dank Zeche Sieben Planeten
Werner Böcklers Großvater Peter war 1896 aus Essen nach Dortmund gekommen und hatte dort seine erste Wurstküche eröffnet. „Das war nur ein paar Häuser weiter“, berichtet Andrea Böckler (51). „Heute ist da eine Wohnung drin.“
Und weil schon Peter Böcklers Wurst äußerst beliebt war, brummte das Geschäft vom ersten Tag an. Kunden gab es auch reichlich. Denn gleich nebenan stand damals die Zeche „Sieben Planeten“.
1902 baute Peter Böckler das Haus an der Langendreerstraße, in dem sich das Geschäft bis heute befindet. © Matthias vom Büchel
„1902 hat unser Opa Peter dann für 7000 Goldmark das Haus an der Langendreerstraße 82 gebaut. Mit Geschäft, Wohnungen und Wurstküche und allem drum und dran“, weiß Böckler noch. Die Söhne des Firmengründers wurden ebenfalls Fleischer. „Mein Onkel Heinz ist dann nach Hörde gegangen und mein Vater Werner hat den Betrieb hier nach dem Krieg übernommen.“
„Man wächst da Stück für Stück rein“
Seit 1986 ist nun Werner Böckler junior Inhaber. Seine Ehefrau, eigentlich gelernte Büro-Kauffrau, kam nach der Heirat 1993 in den Betrieb. „Damals konnte ich gerade mal Salami von Mortadella unterscheiden“, erinnert sich Andrea Böckler. „Aber wie das so ist in Familienbetrieben: da wächst man Stück für Stück rein.“
Und noch etwas ist in vielen Familienbetrieben gleich: Die Kinder, in diesem Fall Tochter Hannah Böckler, folgen nicht nach. Und für einen externen Nachfolger, der modernisieren und Miete für den Betrieb zahlen müsste, lohnt der Standort Somborn nicht. „Deshalb ist es so wie es ist“, zieht Werner Böckler nun den Schlussstrich. „Die Geschichte unserer Metzgerei, die zu den ältesten Dortmunds zählt, geht endgültig zu Ende.“
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