Welpe „Patch“ ist unheilbar krank Besitzerin: „Mein Hund hätte nie gezüchtet werden dürfen“

Welpe „Patch“ ist unheilbar krank: „Hund hätte nie gezüchtet werden dürfen“
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Dutzende schlaflose Nächte liegen bereits hinter Annika Pieper (51) und ihrer Familie. Ihr sechs Monate alter Dackelwelpe „Patch“ leidet unter der Erbkrankheit Hämophilie A Faktor VIII, auch bekannt als Bluterkrankheit. Es handelt sich dabei um eine Gerinnungsstörung, die durch spontane oder verlängerte Blutungen gekennzeichnet ist.

Mit der Diagnose begann für die 51-Jährige, ihren Mann und ihren Sohn Florian (12) nicht nur ein ständiges Hoffen und Bangen um das Leben des Langhaardackels, sondern auch ein Kampf gegen die Verantwortlichen.

Alles begann damit, dass es dem jungen Rüden an einem Freitagabend im Juni plötzlich immer schlechter ging, er atmete schwer und seine Bauchdecke war verhärtet. Hatte er etwas Falsches gefressen? Tausende Gedanken gingen Annika Pieper durch den Kopf und die Sorge wuchs ins Unermessliche. Da es in der Nacht keinen tierärztlichen Notdienst in Dortmund gab und das Wochenende bevorstand, blieb ihr keine andere Wahl als um 4 Uhr morgens in die Tierklinik nach Recklinghausen zu fahren.

Innere Blutung durch Gift?

Die Röntgenbilder lieferten keinen Hinweis, was dem Kleinen fehlen könnte. Zur Abklärung mussten die Ärzte den Hund schließlich „aufschneiden“. Dabei stellten sie innere Blutungen im Bauchraum und an den Nieren fest. Ein Schock für die Familie. „Die Ärzte haben gesagt, wenn das weiter in die Nieren blutet, stirbt er an Nierenversagen“, erzählt Annika Pieper den Tränen nahe.

Aufgrund der Symptome stand zunächst auch eine Vergiftung mit Rattengift im Raum. Dann hätte Patch nur eine Überlebenschance von 50 Prozent gehabt, berichtet die Hundebesitzerin. Weil er jedoch schon so viel Blut verloren hatte, vermuteten die Ärzte, dass er an einer Gerinnungsstörung leiden könnte. Allein der starke Blutverlust war für den Dackel zu diesem Zeitpunkt schon lebensbedrohlich. Eine Spende musste dringend her.

Blutspende vom „großen Bruder“

Da die Tierklinik jedoch keine Blutkonserven vorrätig hatte, entschloss sich Annika Pieper, mit einem Aufruf auf Facebook nach geeigneten Spenderhunden zu suchen. Ein Kampf gegen die Zeit begann.

Die Anteilnahme war riesig. „Mein Handy stand gar nicht mehr still“, erzählt Annika Pieper. Tausende Likes und Nachrichten bekam die 51-Jährige. Dann die überraschende Nachricht: Von drei möglichen Spenderhunden passte Familienhund „Quintus“ am besten. Zweimal bekam Patch von dem Ridgeback-Rüden Blut gespendet.

Quintus nach der Blutspende im Auto.
Zweimal hat Ridgeback „Quintus“ von Familie Pieper dem kleinen Dackel Blut gespendet. © privat

Schlaflose Nächte

Eine Sorge stand damit etwas weniger im Vordergrund, doch außer Lebensgefahr war Patch noch nicht. Mehrere Blutwerte standen noch aus und seine OP-Wunde blutete erneut. „Diese Ungewissheit, was mit dem Hund passiert, macht einen wahnsinnig. Nachts wachzuliegen und sich zu fragen: Geht es ihm morgen besser? Müssen wir ihn morgen einschläfern lassen? Das zermürbt einen“, berichtet Annika Pieper. Auch Sohn Florian habe die Situation ziemlich mitgenommen. „Ich konnte ihn zwei Tage nicht in die Schule schicken, weil er so fertig war.“

Die Blutwerte zeigten schließlich, dass es sich um die angeborene Gerinnungsstörung Hämophilie A handelt. Auch die Uniklinik in Gießen bestätigte die Diagnose, wo Patch ein paar Tage zur Nachsorge blieb und sich sein Zustand stabilisierte.

„Hätte nie passieren dürfen”

Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, liegt auf der Hand, dass es noch mehr Fälle in der Ahnenlinie geben muss. Für Annika Pieper der Beginn eines nervenaufreibenden Kampfes. „Dieser Hund hätte niemals gezüchtet werden dürfen.“

Da die Krankheit rezessiv auf dem X-Chromosom vererbt wird, betrifft sie hauptsächlich Rüden. Vererbt wird die Krankheit aber von Hündinnen, bei denen sie jedoch in der Regel nicht auftritt. Annika Pieper fordert deswegen, dass Patchs Mutter umgehend aus der Zucht genommen wird und alle Geschwister sowie Halbgeschwister vor der Zucht getestet werden.

Ebenso sollen alle Besitzerinnen und Besitzer informiert werden, dass ihr Hund möglicherweise die unheilbare Krankheit geerbt haben könnte. „Ich möchte nicht, dass irgendjemand das durchmachen muss, was unser kleiner Welpe und wir als Familie durchgemacht haben.“

Betrogen von der Züchterin?

Mit der Züchterin hat sich Annika Pieper nach Auftreten der Krankheit sofort in Verbindung gesetzt. „Die züchtet seit 45 Jahren und hat angeblich 750 gesunde Welpen gezüchtet, doch die Ahnentafel hat sie zurückgehalten und uns getäuscht.“ Denn weder Patchs Mutter noch sein Vater stammen aus ihrer Zucht, sondern aus dem Ausland. „Sie hat beide Hunde eingekauft und nur weil sie jetzt in ihrem Besitz sind, tragen die den Namen von ihrem Zwinger. Zum Heulen ist das.“

Doch das ist noch nicht alles, was die Dortmunderin herausgefunden hat. Die Züchterin habe sogar Geschwister untereinander gepaart. „Das ist absolut verboten in Deutschland, wird geahndet bis zu 10.000 Euro“, erklärt Annika Pieper fassungslos. Inzucht zu einem bestimmten Faktor sei gang und gäbe bei Hunden, aber eine Halb- oder gar Vollgeschwister-Paarung gehe gar nicht.

Hund mit Sauenschutzweste
Zum Schutz der Wunde und zur Vorbeugung von Verletzungen muss Patch jetzt eine Sauenschutzweste tragen. Diese werden eigentlich als Schutz vor Wildschweinen bei der Jagd getragen. © privat

Lügen und Widersprüche

Den entsprechenden Verbänden, dem Deutschen Teckelklub (DTK) und dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat Annika Pieper ihr Anliegen ebenso sofort gemeldet. Vom DTK, dessen Zuchtwarte die Züchterinnen und Züchter sowie den Wurf kontrollieren, werde sie oft vertröstet. Auch Einschüchterungsversuche einzelner Verantwortlicher habe sie erfahren. „Ich wurde als hysterisch bezeichnet und darum gebeten, die Züchterin in Ruhe zu lassen.“ Generell habe es von mehreren Seiten viele Lügen, Widersprüche und Vertuschungsversuche gegeben, erzählt sie.

Besonders schockiert die Dortmunderin, dass die Welpen aus der Vollgeschwister-Paarung eine Ahnentafel vom DTK erhalten haben. „Wozu haben wir solche Verbände denn dann überhaupt, wenn sowieso nicht richtig kontrolliert wird?“, ärgert sich Annika Pieper. Ihren Frust und ihre Wut hört man im Gespräch deutlich heraus. Nicht nur emotional belastet die Familie die Situation, sondern auch finanziell. „Wir sitzen hier auf immensen Kosten, die sind mittlerweile fast fünfstellig.“

Ein Leben lang beeinträchtigt

Annika Pieper und ihre Familie müssen fortan höllisch aufpassen, dass sich Patch nicht verletzt. Jede Verletzung stellt für den kleinen Rüden ein enormes Risiko dar. „Sein Leben lang werden wir ihn wie ein rohes Ei behandeln und ihn permanent beobachten müssen.“

Vor wenigen Tagen hat die 51-Jährige zumindest eine positive Nachricht erhalten: Patchs Mutter wird voraussichtlich aus der Zucht genommen. Was mit den Geschwistern passiert, ist noch unklar. Annika Pieper kämpft jedoch unermüdlich weiter, damit so eine Hölle Mensch und Tier nicht noch einmal widerfährt.

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