
© Susanne Riese
Weinlese am Phoenix-See: Trauben- und Blätterdiebe schaden dem Ertrag
Erfolgsprojekt Weinanbau
Seit 2012 wachsen die Weinstöcke am Phoenix-See. Ende September trafen sich die Aktiven unter neuer Leitung zur Weinlese am Hörder Weinberg. Eine Sache trübte etwas die Freude.
Was anfangs vielen wie ein Scherz vorkam, ist seit Jahren Realität, die in Flaschen abgefüllt werden kann: Der Weinanbau am Phoenix-See. Weinlese und Verkostung gehören zu den festen Termin im Hörder Jahreskalender.
So startete auch in diesem Jahr Mitte September bei bestem Herbstwetter die Weinlese, diesmal unter fachmännischer Führung von Winzerin Tina Krachten. Sie hat die Betreuung des Weinbergs Anfang des Jahres von Helmut Herter übernommen, der sich seit der Pflanzung der Reben 2012 gekümmert hatte.

An der Weinlese 2020 beteiligten sich: (unten) Winzerin Tina Krachten mit Tochter Johanna und Gastkind Gustav sowie (oben) die seit der Pflanzung 2012 Aktiven Christoph Ebner, Willi Garth und Gabriele Ebner. © Bernhard Finkeldei
Die Emschergenossenschaft bewirtschaftet den kleinen Weinberg mit 96 Reben an den Emscherauen. Dass die angebaute Rebsorte ausgerechnet Phoenix heißt, ist ein schöner Zufall. Der Züchtung aus Bacchus und Villard Blanche sagen Weinexperten eine frische bis vollmundige Säure und feine Muskattöne nach. Vor allem aber ist diese Weißweinsorte widerstandsfähig gegen Pilzbefall.
Das machte sie für das Wideraufleben des Weinanbaus in Hörde interessant. Der Weinberg wurde von der Emschergenossenschaft unter anderem zur Erforschung des fortschreitenden Klimawandels angelegt und wissenschaftlich begleitet. Es soll dort besonders nachhaltig und ökologisch gearbeitet werden.
Trotz der biologischen Bewirtschaftung waren es nicht Krankheiten oder Schädlinge, die den Ertrag am Phoenix-Weinberg in diesem Jahr minderten. Selbst die Wespen hätten nicht so stark gewütet wie in den vergangenen beiden Jahren, sagt Willi Garth, der den Weinanbau in Hörde einst angestoßen hatte.
Weinräuber dezimieren die Trauben
„Rücksichtslose Weinräuber dezimierten in diesem Jahr die Trauben wie nie zuvor“, sagt der Vorsitzende des Hörder Heimatvereins und spricht von einer großen Enttäuschung. „Dazu kamen auch noch ganze Familien, die etliche Weinblätter pflückten.“
Das Grün ist beliebt für die Verarbeitung zu Weinlaubspeisen. Was das für die Pflanze bedeutet, machen sich die Blätterdiebe vielleicht gar nicht klar. Tina Krachten: „Es schadet den Pflanzen erheblich in ihrer Entwicklung.“

Die Lese am Hörder Weinberg brachte volle Eimer. Gekeltert werden die Trauben in der Pfalz. © Willi Garth
Die exponierte Lage am viel frequentierten Phoenix-See lädt offenbar zur Selbstbedienung ein. Und das, obwohl die Reben rechtzeitig mit blauen Netzen eingepackt und geschützt werden. „Das ist doch eindeutig“, sagt Tina Krachten. Sie ärgert sich besonders, dass nicht nur jede Menge Beeren mitgenommen werden („Das ist nicht mehr Mund, sondern schon eher Eimerraub.“), sondern auch ganze Trauben abgerissen auf dem Boden landen.
Für die Ernte im kommenden Jahr will sie sich gemeinsam mit der Emschergenossenschaft etwas gegen die Selbstbedienung und Zerstörung einfallen lassen.
Zumal die Ernte dem guten Zweck dient. Der gesamte Erlös aus dem Verkauf des Weins geht direkt an „Sail Together e.V.“. Der Verein bringt Menschen zusammen und macht Inklusion mit einem Segeltörn erlebbar – auch auf dem Phoenix See.
Nach der Lese brachte Tina Krachten die gekühlten Trauben in die Pfalz, wo ein Winzer sie gleich kelterte. Rund 80 Liter Most mit 75 Grad Öchsle waren das Ergebnis der mühevollen Arbeit im Steilhang am See.
„Das richtige Rezept beim biologischen Weinanbau sind neue innovative und vor allem robuste Rebsorten. Sie ermöglichen eine deutliche Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln“, sagt Dr. Mario Sommerhäuser, Gewässerökologe und -biologe bei der Emschergenossenschaft.
Die eingesetzten Sorten zeigen sich darüber hinaus toleranter gegenüber höheren Temperaturen als viele andere herkömmliche Weinsorten und sind damit auch für den Klimawandel gut gewappnet.
Aber auch das richtige Boden- und Begrünungsmanagement sei im biologischen Weinanbau wichtig. Denn im Ökolandbau wird der Boden kaum bis gar nicht maschinell bearbeitet.
Er ist dadurch gesünder, lebendiger und humusreicher. Zusätzlich werden Bodenfruchtbarkeit und Wasserhaushalt durch die Einsaat von vielen krautigen Pflanzenarten unterstützt.
Weinanbau fördert die Vielfalt
„Durch das große Blüten- und Pollenangebot bieten die Rebhänge vielfältigen Lebensraum. Es siedeln sich vermehrt für den biologischen Weinanbau wichtige Nützlinge wie Marienkäfer, Spinnen, Ohrwürmer an“, so Mario Sommerhäuser. So fördere diese Form des ökologischen Weinanbaus erheblich die Artenvielfalt.

Im Weinberg verkosteten die Akteure den neuen Wein. © Kirsten Neumann
Der Projektweinberg am See ist Vorreiter des wesentlich größeren Anbaugebiets im Umweltkulturpark in Barop. Auf einer terrassierten Anlage nahe dem Rüpingsbach entstand dort 2018 der zweite Dortmunder Weinberg mit insgesamt 300 Reben der Sorte Cabaret Noir 2018.

„Neues Emschertal" heißt der Wein vom Phoenix-See. © Stefan Schütze (A)
Gleich drei Anstöße haben den Wasserverband zum Weinanbau bewegt:
1. Der Klimawandel, der auch die Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen stellt und der sich durch die Verschiebung der Weinbaugrenze weit nach Norden bereits deutlich abgebildet hat.
2. Soll der Weinberg für die neue Lebensqualität im Emschertal stehen, als Zeichen des Wandels im einstigen „Kohlenpott“ und speziell auf der Hörder Industriebrache.
3. Greift das Projekt eine Anregung des Hörder Heimatvereins auf, der nachwies, dass es historisch bis in das 15. Jahrhundert Weinbau in Dortmund gegeben hat.
Allerdings sei der damalige Wein eher eine Alternative zum schlechten Wasser gewesen und kaum mit heutigen Weinen vergleichbar.
Auch nicht mit dem Emschertal-Wein, den Mario Sommerhäuser als frischen, leichten Sommerwein beschreibt, der gut zu Spargel oder Salat passt. Im Handel zu erwerben ist der Tropfen allerdings nicht. Der gesamte Ertrag, rund 100 Flaschen, wird für den guten Zweck verkostet und versteigert.
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
