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Warum emotionale Verbindlichkeit so wichtig für jede Beziehung ist
Tipps von der Expertin
Wer keine Verletzlichkeit zeigt, kann auch keine Hilfe erwarten. Und doch erfüllt die Bitte um Hilfe viele mit Scham, die gerne Hilfe hätten. Ein Dilemma, das Paartherapeutin Jennifer Angersbach aus Unna lösen möchte.
Irgendwie läuft die Beziehung, aber es fehlt trotzdem etwas? Vielleicht war das auch der Grund für die letzte Trennung? Es könnte sein, dass es an Verbindlichkeit fehlt, vor allem an emotionaler, erklärt Paartherapeutin Jennifer Angersbach aus Unna.
In ihrer neuen Podcast-Folge geht es darum, wie wichtig es für eine Beziehung ist, dass wir uns auch mal verletzlich zeigen. Aber was ist Verbindlichkeit überhaupt? Verbindlichkeit innerhalb einer Beziehung bedeute, dass man sich zueinander bekennt, gemeinsame Pläne schmiedet, sich nach außen als Paar präsentiert, zusammenwohnt, sich für Ehe oder Kinder entscheidet.
Ein Urlaub ist dabei weniger verbindlich als die gemeinsame Wohnung. Es gibt also Abstufungen. Unterm Strich begebe man sich in eine „gegenseitige Abhängigkeit“.
Intime Aussagen können nicht „storniert“ werden
Mit emotionaler Verbindlichkeit sei das Teilen von Verantwortung und Vertrauen gemeint. „Anders als einen Urlaub kann man eine emotionale Verbindlichkeit nicht stornieren“, sagt Jennifer Angersbach. Wer einmal Intimes über seine Psyche preisgegeben hat, kann dies nicht mehr rückgängig machen. Deshalb scheuten viele die emotionale Verbindlichkeit noch viel mehr. Und genau das werde zum Problem für Beziehungen jeder Art.
Warum Menschen sich nicht gerne öffnen oder andere um Hilfe bitten, kann unterschiedliche Gründe haben: Angst vor zu viel Nähe, Angst vor Abhängigkeit, das Gefühl, sich nicht beschweren zu dürfen, oder ein Mangel an Selbstwert.
Fehlt die Verbindlichkeit, fehlt der Beziehung etwas
In ihrer Therapie sitzen häufig Paare, bei denen „meist die Frau“ ihre Ängste und Sorgen anspreche, für den Partner aber „alles kein Problem“ sei, berichtet die Paartherapeutin aus Unna. Wenn eigentlich alles gut läuft, man sich aber oft einsam fühlt, die Leidenschaft trotz vieler Gemeinsamkeiten und gleicher Werte fehlt, fehle es vermutlich an Verbindlichkeit.
Sich als Mensch in Gänze, mit allen Stärken und Schwächen zu zeigen, erfordere Mut, der für eine Beziehung aufgebracht werden muss. „Anhängigkeit ist ein negativ konnotiertes Wort. Aber wer sie ablehnt, wird nie eine tiefe Verbindung zu anderen haben“, sagt die Paartherapeutin.

Jennifer Angersbach ist Paartherapeutin in Unna und veröffentlicht regelmäßig einen Podcast, der sich mit Themen aus ihrem Arbeitsalltag beschäftigt. © Udo Hennes
Einige Anhängigkeiten seien ja auch freiwillig, zeigen anderen aber, dass sie gebraucht werden. Ein Beispiel ist das schwere Regal, das wir vielleicht gerade so noch alleine hätten tragen und aufbauen können. Schöner sei es aber doch, wenn jemand hilft.
Lösung in zwei Schritten
Die Lösung ist simpel: Sich der Funktion von Verletzlichkeit und emotionaler Verbindlichkeit bewusst zu werden, ist Schritt eins. Danach zu handeln, sich zu öffnen, ist Schritt zwei. Öffnet sich das Gegenüber, braucht es aber ebenso einfühlsame Reaktionen. Sonst machten Menschen in einer Beziehung auch ganz schnell wieder dicht.
Jahrgang 1988, aufgewachsen in Dortmund-Sölde an der Grenze zum Kreis Unna. Hat schon in der Grundschule am liebsten geschrieben, später in Heidelberg und Bochum studiert. Ist gerne beim Sport und in der Natur.
