Man trifft sich im Sitzungssaal der CDU-Fraktion. Das Sprecher-Duo der Grünen-Fraktion, Ingrid Reuter und Christoph Naumann, nimmt vor der schwarz-rot-goldenen CDU-Fahne mit Dortmund-Wappen Platz. CDU-Fraktionschef Jendrik Suck und Fraktions-Vize Uwe Waßmann sitzen vor der Grünen-Fahne mit Sonnenblumen-Emblem.
Verkehrte Welt? Falsche Flagge? Nein, das ist die Momentaufnahme einer glücklichen Zweierbeziehung. Die begann, als die erstarkten Grünen bei der Kommunalwahl 2020 vor der CDU zweitstärkste Fraktion geworden waren. Zusammen hat man seitdem zwar nicht die (absolute) Mehrheit im Rat. Und der Oberbürgermeister ist in Dortmund - wie durchgängig seit bald 77 Jahren - ein Sozialdemokrat. In diesem Fall Thomas Westphal.
Aber Grün-Schwarz gelingt es immer wieder, mit wechselnden Mehrheiten, Beschlüsse zu fassen. Besonders gut gelingt das dann, wenn es wichtig ist - beim Geld: „Das zeigt die Tatsache, dass alle unsere gemeinsamen Anträge für die städtischen Haushalte 2022 und 2023 auch beschlossen worden sind“, erklärt Ingrid Reuter.
„Kurs geben wir vor“
Entsprechend selbstbewusst fällt die Bilanz aus, die Grüne und CDU gemeinsam am 16. August vorgestellt haben: „Die Projektpartnerschaft ist der Motor und die Taktgeberin der politischen Abläufe und Entscheidungen in Dortmund“, formuliert Reuter.
„Die Ziele unserer Partnerschaft haben wir an vielen Stellen umsetzen können“, sagt Suck. CDU und Grüne hätten beispielsweise den Impuls dafür gegeben, dass Dortmund schon 2035 klimaneutral sein will - „zehn Jahre früher als von der Verwaltung geplant“, vermerkt das Positionspaper. Sucks Fazit: „Gemeinsam gestalten wir Dortmund. Den Kurs der Stadt Dortmund geben wir vor.“
Eine prägnante Ansage - gerade an OB Thomas Westphal, der ja auch Kopf der Stadtverwaltung ist. Zumal CDU und Grüne nicht nur sich selbst zugeschriebene Erfolge Revue passieren lassen. Die Projektpartner haben auch 33 Punkte formuliert, die sie nun angehen wollen.
In der einst von SPD-Urgestein Herbert Wehner als „Herzkammer der Sozialdemokratie“ gerühmten Stadt Dortmund wollen sich Grüne und CDU so weiter profilieren - und bringen sich dadurch auch in Stellung für den Kommunalwahlkampf 2025.
Auf ganz knapp unter 30 Prozent ist der Stimmenanteil der SPD bei der letzten Wahl gefallen. Von den absoluten Mehrheiten der 90er Jahre ist sie weit weg, vom Höchststand mit 61 Prozent vor fast 60 Jahren noch viel mehr. Und der Bundestrend ist derzeit auch kein Parteifreund von Thomas Westphal.
Die SPD hat also Herzprobleme - und Grün-Schwarz stellt im Rat die Weichen für 2025. Nicht alles ist konkret in dem 33-Punkte-Papier, nicht in allem sind sich CDU und die einstige Öko-Partei einig. Was nicht passte, wird nicht passend gemacht, sondern weggelassen.
„Zukunft von Dortmund gestalten“ - was steht im Papier von Grüne und CDU?
Wir beschreiben die prägnantesten Punkte des Papiers mit dem Titel „Mit uns gemeinsam weiter die Zukunft von Dortmund gestalten“:
Mit Kohle die ökologische Wende schaffen: Ausgerechnet einer der größten Kohle-Verstromer soll nach Ansicht der Grünen und der CDU finanziell dazu beitragen, die Verkehrswende nachhaltig in Fahrt zu bringen. Die Stadt Dortmund ist nämlich seit fast zehn Jahren mit 36 Prozent größter Anteileigner der Steag. Das Unternehmen wurde lang von sinkenden Erlösen und hohen Schulden gedrückt, Aber seit dem Ukraine-Krieg macht es Milliarden-Gewinne und soll bis Jahresende verkauft werden. „Dieses Geld wollen wir nachhaltig und zum Wohle der Stadt investieren“, kündigte die Grüne Ingrid Reuter an, „das Geld müssen wir in die Verkehrswende investieren.“ Das sei „eine große Chance“, sagt Jendrik Suck.
Verkehrs-Beschlüsse endlich umsetzen: „Wir erwarten mehr Tempo bei der Umsetzung von Maßnahmen“, heißt es in den Positionspapier. Inhaltlich geht es da um ÖPNV und Straßenbau, prinzipiell geht es vor allem der CDU um das sogenannte „Primat der Politik. Das heißt um die klaren Aufgabenteilung zwischen Politik und Verwaltung“, sagt Suck. Konkret bemängeln Grüne und CDU, dass Rats-Beschlüsse nicht umgesetzt werden. So warte man seit langem auf ein Gutachten zum Stadtbahnentwicklungskonzept - „es ist nichts passiert, wir verlieren fünf Jahre“, beklagt CDU-Fraktionsvize Uwe Waßmann. Und das liege auch daran, dass die Umsetzungskompetenzen des Chefs der Verwaltung - also Thomas Westphal - „nicht besonders ausgeprägt seien“, wie Jendrik Suck ergänzt.
Wahrung stadtbildprägender Gebäude: Obwohl beide Parteien wissen, dass Dortmund dringend Schulplätze braucht, spricht sich Grün-Schwarz dafür aus, den „städtebaulichen Wert von Gebäuden“, insbesondere von solchen, die das Stadtbild prägen, stärker zu berücksichtigen. Sicher ein Reflex auf den bereits beschlossen Abriss der Kreuz-Grundschule, aber auch ein Impuls Richtung Zukunft - den Abriss und Neubau ist mit einer hohen Klimabelastung verbunden.
Einen Fonds zum Immobilien-Erwerb gründen: Grün-Schwarz will bei Flächen und Immobilien „das Zepter in der Hand behalten“, wie CDU-Fraktionsvize Waßmann es formulierte. Es solle geprüft werden, ob ein Fonds des „Konzern Stadt“ Liegenschaften erwerben könne. Zum einen ist dies wohl ein Wink Richtung Sparkasse, die nach der Fusion mit der Sparkasse Schwerte über das passende Immobilen-Knowhow verfügt. Zum anderen könnte sich Ingrid Reuter auch vorstellen, dass dies eine Geldanlage für Dortmunder Bürgerinnen sein könnte.
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