Aktualisierung 2. Juli 2023, 10.12 Uhr
Die Stadt hat nach Fertigstellung dieses Artikels Zahlen zu den Neupflanzungen geliefert. Sie sind hier zu finden.
Spätestens seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist klar, wie wichtig es ist, sich unabhängig von fossilen Energien zu machen. Aber auch schon vor dieser Zeit haben sich die Parteien in Dortmund Gedanken über den vermehrten Einsatz von regenerativen Energien gemacht. In den meisten Parteiprogrammen zur Kommunalwahl 2020 ist etwas über den Einsatz von Photovoltaik und Solarenergie zu finden.
Für unsere Serie zur Halbzeit der Wahlperiode haben wir die Arbeit der Ratspolitiker von SPD, Grünen und CDU auf den Prüfstand gestellt. Sie haben bei der Kommunalwahl die mit Abstand meisten Stimmen gewonnen und können am ehesten Wahlversprechen in die Tat umsetzen. Was haben sie zum Thema Umwelt- und Naturschutz versprochen – und was wurde bislang realisiert?
Ein zentrales Thema der häufig tonangebenden grün-schwarzen Projektpartnerschaft ist die vereinbarte Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 – zehn Jahre eher als ursprünglich von der Verwaltung angestrebt. Das fand eine Mehrheit im Rat.
Photovoltaik und Solarthermie
Um eine neue Energie- und Wärmeversorgung in Dortmund voranzutreiben, hat der Rat auf Vorschlag gleich mehrerer Parteien – vor allem der grün-schwarzen Projektpartnerschaft – zahlreiche Maßnahmen beschlossen, wie die Einrichtung eines Klimabeirats und Standards zum klimagerechten Bauen.
Wichtige Bausteine für die Energiewende in Dortmund sind Photovoltaik und Solarthermie. Der Rat hat dazu wegweisende Entscheidungen getroffen. So wurde auf Antrag von Grünen und CDU mit dem Dortmunder Neubaustandard für klimagerechtes Bauen festgelegt, dass ab 2023 auf den Dächern neuer Gebäude im Bereich von neuen Bebauungsplänen eine Solaranlage zu installieren ist. Auch die Bestandsdächer der Dortmunder Gewerbegebiete sollen als Potenzialflächen für Photovoltaik (PV) einbezogen werden.
Um die Bürger dabei mitzunehmen, hat der Rat auf Initiative von Grün-Schwarz und der SPD mit dem Haushalt 2023 vielfältige Förderprogramme beschlossen – unter anderem für Photovoltaik-Anlagen und Solarthermie. Dazu zählt die von Grünen und CDU vorgeschlagene Förderung von je 1000 Euro für private Hauseigentümer, die auf und an ihren Gebäuden Photovoltaik installieren.
Förderrichtlinie fehlt
Allerdings: Beschlossen wurde das Programm schon im Dezember 2022. Doch bisher wurde von der Verwaltung nicht einmal die Förderrichtlinie erarbeitet, das heißt, bisher konnte niemand Geld aus diesem Programm abrufen.
Auf Antrag der SPD, die die größte Fraktion im Rat ist, wurde beschlossen, dass Mieterstrommodelle entwickelt, städtische Parkplätze mit einer PV-Anlage überdacht, städtische Gebäude im Bestand und im Neubau mit einer PV-Anlage ausgerüstet werden und bei privaten Wohnimmobilienbesitzern für die Errichtung einer PV-Anlage im Bestand stärker als bislang aktiv geworben werden soll.
Auch konnte der Rat auf Antrag der SPD-Fraktion Förderprogramme für die Errichtung von PV-Anlagen auf Vereinsgebäuden und für Balkonkraftwerke beschließen, wobei das Förderprogramm für die Vereine sehr gut nachgefragt wird und die Förderung für die Mini-PV-Anlagen noch in diesem Jahr anlaufen soll.
Potenzial nicht ausgeschöpft
Der Erfolg lässt sich auch in Zahlen ablesen. Laut Stadtsprecher Christian Schön ist die installierte Photovoltaikleistung (Netto) in Dortmund seit der ersten Sitzung des neuen Rates am 12. November 2020 um 25.866 Kilowatt Peak (kWp) und damit um 52 Prozent gestiegen. Und das, obwohl die auf städtischen Gebäuden installierte Leistung seit 2020 leicht gesunken ist, da einige Anlagen außer Betrieb genommen wurden. Neue Anlagen wurden zwar gebaut, konnten aber noch nicht angeschlossen werden, so der Stadtsprecher.
Auch wenn die installierte Photovoltaikleistung gestiegen ist, das Potenzial vor allem bei großformatigen Anlagen im Freiraum bei Weitem nicht ausgeschöpft. Aber mit den neuesten Änderungen im Landesbaurecht könnte sich das ändern, so Schön. Derzeit liege ein einzelner Antrag auf Baugenehmigung für eine großflächige Photovoltaikanlage im Freiraum vor. Die Stadt werde als Potenziale auch bereits vorgenutzte Flächen wie industrielle Brachen, Parkplätze sowie große Dachflächen verstärkt in den Blick nehmen.
Vertikalwindanlagen
Beim Versprechen von Grün-Schwarz, den Ausbau von Vertikalwindanlagen auf städtischen Gebäuden voranzutreiben, hakt es. „(Registrierte) Klein- oder Kleinstwindkraftanlagen gibt es in Dortmund bislang nicht. Sie sind wirtschaftlich auch nicht so attraktiv und im urbanen dicht besiedelten Raum funktionieren sie weniger gut“, sagt Stadtsprecher Schön. Zudem sind nach der Flächenanalyse zur Windenergie des Landesamtes für Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Dortmund keine entsprechenden Flächenpotenziale vorhanden. Doch auch dafür soll es baurechtliche Lockerungen geben.
Pflanzung neuer Bäume
Ein weiterer Baustein zum Klimaschutz ist die Pflanzung zusätzlicher Bäume. Nach dem Willen der SPD sollen jährlich 1000 Bäume in Dortmund zusätzlich gepflanzt werden. Grüne und CDU sattelten sogar noch mal 4000 pro Jahr oben drauf. Doch wie viele der 5000 angekündigten Zukunftsbäume jährlich begrünen tatsächlich schon die Stadt?

Die Verwaltung hat immer wieder dargelegt, welche Probleme mit der Pflanzung von Bäumen in der Stadt verbunden sind. Standortvorschläge aus den Bezirksvertretungen wurden in der Regel abgelehnt. Auch wenn einige zusätzliche Bäume in der Zwischenzeit gepflanzt wurden, ist man vom Ziel 5000 Bäume noch weit entfernt.
Stadtsprecher Schön kann bislang nicht beziffern, wie viele Bäume genau zusätzlich bepflanzt wurden, da verschiedene Ämter dafür zuständig sind. Die Grünen haben in der letzten Sitzung des Umweltausschusses noch mal nachgehakt. Das Konzept für zusätzliche Baumpflanzungen soll nach den Sommerferien vorliegen.
Ökologisches Waldkonzept
Gleiches gilt für ein ökologisches Waldkonzept. Nach der extremen Hitze der vergangenen Sommer haben Grüne, CDU und Linke+ ein Umdenken in der Waldwirtschaft angestoßen, das zu einer Stärkung des Dortmunder Stadtwalds beitragen soll. Auf Antrag der SPD wird zudem die aktuelle Baumschutzsatzung überarbeitet mit Blick auf die vermehrte Nutzung sogenannter Zukunftsbäume, um den Baumbestand in Dortmund besser auf die Folgen des Klimawandels auszurichten.
Kein Dortmund-Becher
Als Beitrag für eine saubere Umwelt wollte die CDU ein Mehrwegsystem für Kaffeebecher, einen Dortmund-Becher, einführen. Schub bekam die Idee auch vor dem Hintergrund, dass seit Jahresbeginn 2023 Gastronomen Mehrweg-Geschirr anbieten müssen.
Ende 2021 beauftragte der Rat auf Initiative der CDU EDG und Wirtschaftsförderung mit der Einführung eines Dortmund-Bechers für Getränke to-go. Entstehen sollte demnach ein lokales Pfandsystem, an dem sowohl städtische Stellen als auch Gastro-Betriebe teilnehmen können.
Doch die Verwaltung kam zu dem Schluss, dass ein eigener Dortmund-Becher bestehende Systeme stören würde. Der Rat folgte der Empfehlung der Verwaltung und beschloss stattdessen, dass lokale Unternehmen bei Einführung eines Mehrweggeschirr-Systems eine finanzielle Förderung erhalten sollen. 150.000 Euro wurden bereitgestellt, 500 Euro pro Ausgabestelle.
Fazit
Die Parteien waren fleißig und haben das Einlösen ihrer Wahlversprechen eingestielt. In manchen Bereichen wie bei den Baumpflanzungen hapert es bei der Umsetzung durch die Verwaltung. Bei den Windkraftanlagen sind es baurechtliche Vorgaben und mangelnde Flächenpotenziale, die die guten Absichten ausbremsen. Bis zur endgültigen Abrechnung der Wahlversprechen sind es noch gut zwei Jahre.
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