
© Wilco Ruhland
Scherben vor der Reinoldikirche erinnern an grausame Verbrechen
Pogrom-Gedenken
Eine Versammlung an der Reinoldikirche hat am Samstag für Aufsehen in der Dortmunder City gesorgt. Auf mehreren Wegen sollte an einen besonderen Schrecken erinnert werden.
In der beginnenden Dämmerung sind sie in der Dortmunder City zu hören: Marschierende Schritte und antisemitische Hassparolen. Viele Passanten kommen an diesem Nachmittag des ersten November-Samstags 2020 an deren Quelle vorbei. Viele wenden die Köpfe, manche bleiben stehen. Rund 50 Menschen sind hier bereits - mit Corona-Abständen und Masken - im Schatten der Reinoldikirche versammelt.
Die Quelle der Geräusche sind aufgestellte Lautsprecher, über die Originalaufnahmen aus dem Dritten Reich gespielt werden. Doch nur kurz. Viel deutlicher und länger sind die Stimmen zu vernehmen, die am Mikrofon mit Redebeiträgen an die schrecklichen Verbrechen vor 82 Jahren erinnern. Und die klare Botschaften gegen Antisemitismus und Faschismus verlauten lassen.

Das Bündnis Dortmund gegen Rechts hat am Samstag (7.11.) zum Gedenken in der Dortmunder City geladen. © Wilco Ruhland
„Niemals vergessen!“ steht in weißer Schrift auf einem schwarzen Schild. Nie vergessen werden soll die Reichspogromnacht 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in ganz Deutschland Synagogen, wurden Juden ermordet, gejagt und geschlagen, verhaftet und in die Polizeistationen und Konzentrationslager verschleppt.
In Dortmund wurden 75 Prozent der erwachsenen Juden von der Gestapo in die Steinwache verschleppt. Die Synagoge in Hörde ging in Flammen auf, die in der Innenstadt war bereits zerstört.
Juden wurden gezwungen, barfuß über Scherben zu laufen. An letztere Gräueltat erinnert an diesem 7. November 2020 eine symbolische Spur aus Scherben vor der Reinoldikirche.
Das Bündnis Dortmund gegen Rechts und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes hatte am Nachmittag zum multimedialen Gedenken eingeladen. Mit Musik, Redebeiträgen, der Scherbenspur und besagten Tonaufnahmen.

Der Dortmunder Schauspieler und Musiker Peter Sturm begleitete die Veranstaltung mit jiddischen Liedern. © Wilco Ruhland
Gedenk-Veranstaltungen können nicht stattfinden wie geplant
Damit war die Versammlung an der Reinoldikirche eine der Gedenkveranstaltungen zu den November-Pogromen, die sich trotz der Corona-Pandemie öffentlich Gehör verschaffen konnte. Beispielsweise die Gedenkveranstaltung am jüdischen Mahnmal in Dorstfeld wird am Montag (9.11.) anders stattfinden, als zunächst geplant.
Bei dem Gedenken sollten unter anderem Baruch Babaev, Rabbiner der jüdischen Gemeinde Dortmund, Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) sowie Ralf Stoltze, Bezirksbürgermeister der Innenstadt-West, anwesend sein.
Da sie unter freiem Himmel geplant war, schien dies zuerst umsetzbar. Am vergangenen Donnerstag (5.11.) teilte die städtische Pressestelle jedoch mit, dass sie nicht mehr wie geplant öffentlich, sondern nur noch im kleinen Kreis stattfinden wird.
Der ursprünglich ebenfalls für Montag geplante Gedenk-Gottesdienst in der Kirche St. Petri in der City musste corona-bedingt abgesagt werden.
Baujahr 1993, gebürtig aus Hamm. Nach dem Germanistik- und Geschichtsstudium in Düsseldorf und dem Volontariat bei Lensing Media in der Stadtredaktion Dortmund gelandet. Eine gesunde Portion Neugier und die Begeisterung zum Spiel mit Worten führten zum Journalismus.
