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Umzug fällt aus: 1100 Martins-Brezeln gegen die Einsamkeit
Corona-Krise
Bis zuletzt hatten Martener Vereine und Gemeinden gehofft, der Martins-Umzug könnte stattfinden. Konnte er nicht, wegen der Pandemie. Jetzt bleiben die Organisatoren auf 1100 Brezeln sitzen.
Der Light-Lockdown kam nicht überraschend und damit auch nicht die Absage des für Mittwoch (11.11.) geplanten St.-Martin-Umzuges in Marten.
Voller Hoffnung, den Menschen in Marten etwas Gutes tun zu können, bestellten die Martener Bürgerschützen, die Gemeinden und Gewerbetreibende in einer gemeinsamen Initiative trotzdem 1100 Martins-Brezeln.
Nun ist das Martins-Fest ohne Umzug verstrichen und die Brezeln sind noch da. Deshalb haben die Organisatoren kurzfristig einen Plan überlegt, wie sie die verderblichen Naschereien doch noch loswerden können, ohne sie wegzuwerfen.
„Wir tun es wie St. Martin“, sagt Mitorganisator Reinhard Gallen, „wir teilen“. Die Brezeln werden an Martener verteilt, als Wertschätzung oder als Anlass für einen Besuch von sonst einsamen Menschen.
Der erste Besuch gilt der Feuerwache Marten
Als erste kamen die Feuerwehrleute in der Wache Marten in den Genuss der Brezel. Eine bewusste Wahl. „Gerade während der Brandserie in den vergangenen Wochen standen die Männer in der Feuerwache unter Druck. Sie haben uns immer beschützt“, sagt Margarete Konieczny von der Caritas.
Danach freuten sich die Marktbesucher über eine kleine Aufmerksamkeit. Jedem, der den Wochenmarkt in Marten besuchte, wurde eine kleine Tüte mit einer Brezel in die Hand gedrückt.
Das reichte aber noch nicht, um alle Brezeln unter die Menschen zu bringen. Die restlichen Gebäckstücke dienen nun dem Kampf gegen die Einsamkeit.
Mit Brezeln gegen die Einsamkeit
„Einsamkeit breitet sich immer mehr aus“, sagt Margarete Konieczny. Und dagegen haben die Martener Kirchengemeinden beider Konfessionen etwas: Besuche bei allein lebenden Senioren.
Bei vielen Martener Senioren wird es in den kommenden Tagen an der Tür klingeln. Und der unerwartete Besuch bringt Gebäck mit. Margarete Konieczny weiß aus eigener Erfahrung: „Damit kann man den Menschen wirklich eine große Freude machen.“
Die Martener Martins-Brezel-Besucher wollen aber nicht nur Senioren in Marten besuchen, sondern auch in Lütgendortmund. Denn in Marten gibt es kein Seniorenheim.
„Martener Senioren müssen aus Marten wegziehen, wenn sie ins Heim gehen. Die meisten gehen nach Lütgendortmund“, berichtet Reinhard Gallen.
Kein Seniorenheim in Marten
Gerade diese Ex-Martener, so sind sich die Mitglieder der Initiative sicher, werden sich über einen Besuch aus ihrer alten Heimat freuen. Das hat nämlich beim Erntedankfest Anfang Oktober schon sehr gut funktioniert. Auch da gab es Besuch aus Marten für die Senioren.
Nach diesen positiven Erfahrungen ist Reinhard Gallen auch zuversichtlich, dass die Brezel-Übergaben nicht an Corona-Maßnahmen scheitern werden. „Noch gibt es ja keine Besuchsverbote.“
Holger Bergmann ist seit 1994 als freier Mitarbeiter für die Ruhr Nachrichten im Dortmunder Westen unterweg und wird immer wieder aufs neue davon überrascht, wieviele spannende Geschichten direkt in der Nachbarschaft schlummern.
