Umstrittenes Bauvorhaben: Sorge um Bäume treibt Nachbarn auf die Barrikaden

© Gregor Beushausen

Umstrittenes Bauvorhaben: Sorge um Bäume treibt Nachbarn auf die Barrikaden

rnLandgrafenstraße

Ein Investor will in der östlichen Innenstadt einen Neubau mit 22 Wohnungen hochziehen. Dafür müssen ein knappes Dutzend Bäume gefällt werden. Die Nachbarn sind entsetzt und wehren sich.

Dortmund

, 23.08.2021, 14:38 Uhr / Lesedauer: 2 min

Seit rund 30 Jahren wohnt Jochen Schürmann an der Hainallee 49. Sehen Ehefrau Stefanie und er aus den Fenstern an der Westseite, blicken sie in eine parkähnliche Anlage mit viel Grün und hochgewachsenen Platanen, Kiefern, Roteichen, Ginko- und Nussbäumen. „Unsere grüne Lunge“, sagen Schürmann. Doch die sehen sie nun in Gefahr.

Das Problem: Der Garten gehört zum Nachbargrundstück Landgrafenstraße 30. Das ist nun verkauft worden und soll neu bebaut werden. Von der Villa des Vorbesitzers stehen nur noch Reste – die Bagger haben in den zurückliegenden Tagen ganze Arbeit geleistet.

Die Firma BauKo plant ein dreieinhalb-geschossiges Wohnhauses mit 22 Wohnungen. In der rückwärtigen Front unterhalb des Gartens soll eine Tiefgarage angelegt werden, deren Zufahrt zwischen den Grundstücken Landgrafenstraße 30 und 32 angelegt werden soll. Zusätzlich soll es acht oberirdische Stellplätze geben.

Ein knappes Dutzend Bäume müssen gefällt werden

Jochen Schürmann hat die Pläne eingesehen – und ist entsetzt. Nach seiner Rechnung müssen ein Dutzend Bäume gefällt werden. „Mir sind die Tränen in die Augen gestiegen“, sagt er. Ohne Gegenwehr wollen sie das nicht hinnehmen. Weshalb sich Schürmann und Nachbarn zu einer Initiative zusammengeschlossen haben.

Die frühere Villa der Brauerfamilie Cremer weicht einem Neubau mit 22 Wohnungen.

Die frühere Villa der Brauerfamilie Cremer weicht einem Neubau mit 22 Wohnungen. © Schaper

Sie wehren sich nicht generell gegen einen Neubau. Sehr wohl aber gegen dessen Umfang. „Das ist deutlich mehr Volumen als der Altbau“, kritisiert Anwohnerin Sabine Neudert. „Alle Welt redet über Klimawandel und Umweltschutz“, gibt sie zu bedenken. Die Bäume würden Feinstaub aufnehmen, CO2 binden und für eine Temperatursenkung in der Stadt sorgen.

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Dank der Freiflächen könne das Regenwasser im Erdreich versickern, statt in die Kanalisation gespült zu werden. „Und das soll nun mit Beton versiegelt werden?“, fragt Neudert. Ihr Gegenvorschlag: Die Tiefgarage möge nicht im Garten, sondern unterhalb des Hauses angelegt werden.

Investor widerspricht: „Vom Garten geht nicht viel verloren“

Lars Brunow, Geschäftsführer von BauKo, winkt ab. Die Tiefgarage unters Haus zu verlegen, sei „unpraktikabel“, wie Brunow auf Anfrage sagt. Er bittet die Anwohner um mehr Gelassenheit.

Die Nachbarn fürchten um das üppige Grün mit dem Baumbestand.

Die Nachbarn fürchten um das üppige Grün mit dem Baumbestand. © Oliver Schaper

Das Grundstück sei 3600 Quadratmeter groß. „Es wird auch mit dem Neubau einen großen Gartenanteil haben“, sagt Brunow. „Da geht nicht viel verloren.“ Er komme auf „zehn Bäume, die für die Nutzung des Grundstücks gefällt werden müssen“. Er gehe ohnehin davon aus, dass nachgepflanzt werde. Zudem werde der Garten über der Tiefgarage „komplett mit Rasen begrünt“.

So sieht der geplante Neubau aus: Vom Grünanteil hinter dem Haus werde nicht viel verlorengehen, heißt es bei BauKo.

So sieht der geplante Neubau aus: Vom Grünanteil hinter dem Haus werde nicht viel verlorengehen, heißt es bei BauKo. © BauKo

Am Bauvorhaben in der bisherigen Form will Brunow festhalten. Der Beginn sei fürs „vierte Quartal 2021“ vorgesehen. Geplante Bauzeit: rund 18 Monate. BauKo hat einen Bauantrag für eine Immobilie mit 22 Eigentumswohnungen zwischen 60 und 112 Quadratmetern Wohnfläche im Bauordnungsamt eingereicht. Offen sei, ob es allein bei Eigentumswohnungen bleibe oder ein Teil später zur Miete angeboten werde, so Brunow.

Politiker haben kaum Einfluss auf das Bauvorhaben

Die Baugenehmigung liegt noch nicht vor. Der Antrag sei in der Prüfung, heißt es im Planungsamt. Aktuell fehle noch die Stellungnahme des Umweltamtes. Auch in der Verwaltung geht man von „zehn Bäumen“ aus, die gefällt werden müssten. Wie es heißt, seien durchaus „Auflagen in Form von Ersatzpflanzungen“ zu erwarten. Wo die Neupflanzungen am Ende hin sollen, ist aber völlig offen.

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Die Politiker in der Bezirksvertretung Innenstadt-Ost haben wenig Eingriffschancen: Sollte das Vorhaben genehmigt werden, weil es sich nach §34 Baugesetzbuch „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“, bleibt den Vor-Ort-Politikern lediglich die „Kenntnisnahme“. Stoppen können sie das Projekt nicht.

Offen bliebe den Anwohnern nur der Weg über eine Privatklage. Jochen Schürmann liebäugelt damit. Einen Rechtsanwalt hat er bereits aufgesucht.

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