„Wie im Krimi ging das zu“ Überwachungsvideo zeigt Diebstahl mehrerer Autos von Dortmunder Händler

„Wie im Krimi ging das zu“: Überwachungsvideo zeigt Diebstahl mehrerer Autos in Dortmund
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Durch das Schellen der Polizei sei er in der Nacht wach geworden, erinnert sich Dietmar Mattukat an die Nacht von Freitag auf Samstag (21./22. April). In seinem Autohandel sei eingebrochen worden, hätten die Beamten gesagt, die vor der Tür standen. Mattukat fährt sofort zu seinem Handel „Nordstadt Automobile“ an der Münsterstraße, den er seit 24 Jahren betreibt.

Wer häufiger auf der Münsterstraße unterwegs ist, der kennt Mattukats Handel gegenüber der Stadtbahn-Haltestelle Lortzingstraße wahrscheinlich. „Nordstadt Automobile“ steht auf einem großen Schild an der Brandmauer des angrenzenden Hauses. Wie man zu ihm findet, erklärt der 61-jährige Mattukat am Telefon mit der Beschreibung: „Das A von Automobile sieht aus wie das Straßenschild für Autobahn“.

„Ich will, dass man die findet“

An diese Redaktion hat er sich aber nicht gewandt, weil in der Nacht zu Samstag bei ihm eingebrochen wurde, sondern weil die Täter eine Nacht später zurückkamen und vier Autos von dem umzäunten Gelände gestohlen haben.

„Ich will, dass man die findet, auch damit hier nicht in der Nachbarschaft noch etwas passiert“, sagt Mattukat. Bei der Polizei habe er sich natürlich auch gemeldet und Anzeige erstattet, sagt er. Die Dortmunder Polizei bestätigt eine Anzeige gegenüber der Redaktion auf Anfrage.

Auf dem geschotterten Platz stehen etwa 50 Autos. Drei Wagen fehlt jeweils ein Reifen – Mattukat hat sie abgenommen. Er will sich so davor schützen, dass noch mehr Autos geklaut werden. Denn das Problem ist: Die Täter haben die Schlüssel dieser Wagen. Die haben sie sich beim ersten Einbruch besorgt, von dem die gesplitterte Fensterscheibe in dem mit Holz verkleideten Container zeugt. Er dient Mattukat als Büro. Die Fensterscheibe hat er erstmal mit Plexiglas abgedichtet.

Die eingeschlagene Fensterscheibe in seinem Büro hat Dietmar Mattukat zunächst mit Plexiglas abgedichtet.
Die eingeschlagene Fensterscheibe in seinem Büro hat Dietmar Mattukat zunächst mit Plexiglas abgedichtet. © Lukas Wittland

Die Scheibe ist mit einem großen Stein eingeworfen worden. Der 61-Jährige zeigt Videoaufnahmen aus der Nacht. Sie zeigen das Innere des Containers. In der Ecke läuft die Uhrzeit mit: 01:11:54 am 22. April. Auf der schwarz-weiß Aufnahme taucht ein junger Mann auf. Er trägt eine Kappe und eine Corona-Maske vor dem Mund.

Eine Minute und dann wieder weg

Schnell greift er nach Autoschlüsseln, die noch auf dem Schreibtisch liegen. „Die räume ich eigentlich immer weg, ich ärgere mich schwarz, dass ich das am Freitagabend vergessen habe“, sagt Mattukat. Auf der Aufnahme reicht der junge Mann die Schlüssel durchs Fenster. Dann schaut er kurz in die Schubladen des Schreibtischs, greift sich weitere Schlüssel und ist verschwunden. Die Uhrzeit in der Ecke zeigt: 01:12:55. Knapp eine Minute. Sieben Schlüssel von sieben Autos fehlen nach dieser Nacht.

Nach der Nacht darauf, also von Samstag auf Sonntag (22./23.), werden vier der dazugehörigen Autos geklaut. Ein schwarzer Hyundai i30, der schon an eine Kundin verkauft und angemeldet war, ein blauer VW Polo TDI, ein silberner Fiat Grande Punto und ein Ford C-Max in Silber.

„Wie im Krimi ging das zu“, sagt Mattukat und zeigt eine Aufnahme vom Außengelände. Zwei Männer betreten am Samstagabend gegen 23.30 Uhr das Gelände. Ihre Gesichter sind nicht zu erkennen. Dann blinkt der Fiat auf. 45 Sekunden später fährt er in Richtung des benachbarten Fußballplatzes vom Hof.

„Dafür muss ich ein Jahr arbeiten“

Zehn Minuten später seien sie wiedergekommen und hätten den Hyundai freigefahren, den er extra mit anderen Autos zugestellt hatte, sagt Mattukat. „Das muss eine Bande sein“, vermutet er. Die Autos hätten einen Verkaufswert von etwa 12.000 Euro, sagt der 61-Jährige. „Dafür muss ich ein Jahr arbeiten, um das irgendwie auszugleichen“, schätzt er. Gegen Diebstahl sei er nicht versichert. Dass die Täter schon in der nächsten Nacht kommen, „dass die so dreist sind“, damit habe er nicht gerechnet.

Auch die Polizei habe ihm das nicht nahegelegt, sonst hätte er die Räder der Autos, von denen der Schlüssel geklaut wurde, doch direkt abgenommen, sagt Mattukat.

Dietmar Mattukat verkauft an der Münsterstraße Gebrauchtwagen.
Dietmar Mattukat verkauft an der Münsterstraße Gebrauchtwagen. © Lukas Wittland

Eins der Autos, den VW Polo, kann die Polizei aber nach wenigen Stunden sicherstellen. Einer Streife war der VW aufgefallen. Als die Beamten das Fahrzeug kontrollieren wollen, fährt der Fahrer weiter. Im Bereich der Münsterstraße rammt der VW ein geparktes Auto.

Am Nordmarkt dann hält der Polo, zwei Personen seien aus dem Fahrzeug gesprungen und weggerannt, teilt die Polizei mit. Später in der Nacht kontrolliert die Polizei einen Mann. „Ob er tatverdächtig ist, müsse noch geklärt werden“, sagt Polizeisprecherin Nina Kupferschmidt am Dienstag.

Wie beschädigt das Auto ist, weiß Dietmar Mattukat noch nicht. Er hat es noch nicht gesehen. „Ich will einfach nur, dass die geschnappt werden“, sagt der Autohändler. Auch deshalb habe er sich an die Zeitung gewandt. „Ich werde langsam misstrauisch. Die Nerven liegen gerade blank. Ich habe mir die Überwachungsvideos, immer und immer wieder angeschaut. Wenn hier jetzt jemand vorbeigeht, denke ich: Der geht doch genauso. Das könnte einer von denen sein.“

Erst Schlüssel weg, dann Unfall

Bereits im Januar war bei Mattukat eingebrochen worden. Ein Laptop und ein Handy wurden geklaut. „Ich verliere langsam die Lust. Ich bin jetzt 61 Jahre alt, wenn das richtige Angebot kommt, würde ich den Autohandel verkaufen“, sagt er. „Aber die Kunden kommen gerne zu mir, ich haue die Leute nicht übers Ohr.“

Am Mittwoch hat Dietmar Mattukat eine weinende Frau auf dem geschotterten Platz seines Autohandels stehen. Sie ist eine Kundin, die am Freitag einen Mini bei Mattukat gekauft hatte. Wenige Stunden später wurden die Schlüssel des Wagens gestohlen. Auf dem Weg zu Nordstadt Automobile sei ihr gerade jemand in das Auto ihres Mannes gefahren. Sie fängt wieder an, zu weinen. Manchmal läuft es einfach nicht.

Dietmar Mattukat, ehemaliger Boxer, steht zunächst etwas unbeholfen daneben. Etwas später nimmt er die Kundin in den Arm. Neue Schlüssel hat er besorgt. Er wolle sein Bestes geben, dass das Fahrzeug bis Freitag abholbereit ist, damit die Familie wieder ein Auto habe, sagt Mattukat. So lange bleibt der rechte Vorderreifen ab.

Von einem Mini und weiteren Autos hat Dietmar Mattukat die Reifen entfernt, damit sie nicht weggefahren werden können, falls die Diebe wiederkommen.
Von einem Mini und weiteren Autos hat Dietmar Mattukat die Reifen entfernt, damit sie nicht weggefahren werden können, falls die Diebe wiederkommen. © Lukas Wittland

Ein Anwohner kommt vorbei. Er fragt: „Gibt‘s was neues? Nee? Scheiße. Aber glaub mir, die kommen alle zurück!“ Vielleicht hat der Mann recht.

„Es gibt was Neues“, sagt Dietmar Mattukat am Donnerstag bei einem erneuten Telefonat. Der Fiat Punto sei wieder aufgetaucht, mit eingeschlagener Scheibe. Die Polizeipressestelle kann das am Donnerstagnachmittag noch nicht bestätigen.

Aber Dietmar Mattukat ist guter Dinge: „Vielleicht tauchen die anderen beiden Autos ja auch noch auf.“

Die Videoaufnahmen der Überwachungskamera sehen Sie unter rn.de/dortmund

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