Sidney Hoffmann: „Macht keinen Spaß mehr, mit dem Auto nach Dortmund zu fahren“

© Thomas Thiel

Sidney Hoffmann: „Macht keinen Spaß mehr, mit dem Auto nach Dortmund zu fahren“

rnDortmunder Tuner-Star

Er war der wohl überraschendste Gast von Dortmunds E-Bike-Festival: Tuner-Star Sidney Hoffmann diskutierte über die Zukunft von Auto- und Radverkehr in Städten. Er hatte markige Sprüche im Gepäck.

Dortmund

, 03.04.2022, 11:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es war klirrend kalt auf dem Friedensplatz, der Wind blies einem den dichten Schneefall ins Gesicht – zu sagen, dass das E-Bike-Festival in Dortmunds City Pech mit dem Wetter hatte, wäre die Untertreibung des Jahres. Entsprechend gering war der Besucherandrang an diesem frühen Samstagnachmittag an den Ständen und Bühnen.

Das war schade, denn die Diskussionsrunde, die die Organisatoren des Festivals gegen 13 Uhr auf die Hauptbühne im Schatten der Friedenssäule geschickt hatten, hätte mehr als jene Handvoll Zuhörer verdient gehabt, die bibbernd an Bierbänken und Stehtischen ausharrten.

Sidney Hoffmann hat 230.000 Abonnenten auf Youtube

Es ging um nichts weniger als um die Zukunft des Stadtverkehrs - und die große Frage: Wie kann man Autofahrer mit Radfahrern versöhnen und umgekehrt. Der Star der Runde war der Dortmunder Autotuner Sidney Hoffmann.

Hoffmann, einst bekannt geworden durch die TV-Serie „Die PS-Profis“, hat inzwischen 230.000 Abonnenten auf Youtube und ist Inhaber einer großen Tuningwerkstatt im Dortmunder Indupark.

Während die anderen Teilnehmer der Runde - unter ihnen ADFC-Bundesvorstand Hanna Grau und Andreas Meißner, Projektleiter der Initiative „Emissionsfreie Innenstadt“ der Stadt Dortmund - größtenteils betonten, dass die Dominanz des Autos im Stadtverkehr enden und die Radinfrastruktur ausgebaut werden müsse, gab Hoffmann den Verteidiger der Autofahrer.

Die vielbeschworene Gleichberechtigung von Autos und Fahrrädern, die man in der Diskussion immer fordere, „geht immer zulasten der Autofahrer“.

Als Stadtplaner Meißner erzählte, dass der „Radwall“ - das aktuell größte Radfahr-Projekt der City - rund 220 Parkplätze koste, fragte er: „Wo ist das Wort des Autofahrers?“ Darunter leide auch die Wirtschaft. „Der Ostenhellweg ist tot, das ist ein Opfer.“ Man dürfe die Innenstadt nicht sterben lassen.

Da grätschte Fahrradfahrer-Vertreterin Grau hinein: „Das stimmt nicht“, sagte sie. Studien hätten gezeigt, dass Innenstädte nicht unter dem Ausbau des Radverkehrs leiden. Auch Meißner wandte ein, dass es nicht darum gehe, den Wallring für Autos zu sperren: „Die City muss erreichbar sein.“ Es müsse aber beides gehen, Auto- und Radverkehr.

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Hoffmann zeigte sich nicht überzeugt. „Ich bin seit zwei Jahren nicht in der Innenstadt gewesen“, sagte er. „Es ist so unattraktiv geworden, mit dem Auto in die Innenstadt zu kommen, dass ich es lasse. Es macht keinen Spaß mehr, mit dem Auto nach Dortmund zu fahren“ - dafür erntete er überraschenderweise Szenenapplaus aus dem spärlichen Publikum, wohlgemerkt auf einem Fahrrad-Festival.

Die OPen-Air-Diskussion auf dem E-Bike-Festival war nur spärlich besucht, auch wegen des miserablen Wetters. Wenigstens hatten die Diskutierenden ein Zelt.

Die OPen-Air-Diskussion auf dem E-Bike-Festival war nur spärlich besucht, auch wegen des miserablen Wetters. Wenigstens hatten die Diskutierenden ein Zelt. © Thomas Thiel

Zwischen Rad- und Autofahrern gebe es keine Augenhöhe: „Der Fahrradfahrer wird auf einen Thron gestellt“, meinte Hoffmann weiter. „Man hört immer nur vom ‚bösen Autofahrer‘.“ Auf der Straße passiere es manchmal, dass sich Fahrradfahrer zu ihm umdrehen und sagten: „Was willst du denn mit deiner Drecksschleuder?“

Dabei zahlten die Autofahrer über Steuern und Abgaben viel für die Verkehrs-Infrastruktur, die Radfahrer hingegen nichts.

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Doch auch bei Autofahrern gebe es gewisse Erwartungen, schilderte Stadtplaner Meißner, etwa bei Gratis-Parkplätzen am Bürgersteig in der eigenen Wohnstraße. „Da besteht die Erwartungshaltung, dass der öffentliche Straßenraum kostenfrei ist - das ist er aber nicht.“

„Miteinander statt gegeneinander – wie können wir gemeinsam für eine bessere (Rad-)Verkehrsplanung kämpfen?“ Am Ende blieb diese Frage, die der Titel für die Diskussion gewesen war, unbeantwortet.

Fahrrad-Vertreterin Grau sah ein grundsätzliches Kommunikationsproblem: „Es geht nicht darum, den Autofahrern irgendetwas wegzunehmen.“ Vielmehr habe es in den letzten 60 Jahren eine einseitige Bevorzugung des Autos gegeben, die nun eben ende.

Meißner versuchte sich an einem versöhnlichen Schlusswort: „Wir brauchen gemeinsame Lösungen für gemeinsame Straßen.“ Er lud Hoffmann ein, ihm die städtischen Radverkehrs-Projekte auf einer Tandemfahrt durch Dortmund zu zeigen. Hoffmann nahm die Einladung an.