
Trotz Erdogan: Türkei steht bei Dortmundern als Urlaubsziel wieder hoch im Kurs
Türkei-Urlaub
Die politischen Unruhen in der Türkei mindern nicht die Reiselust der Dortmunder. Das hat auch Auswirkungen auf die Pläne des Dortmunder Flughafens.
Mehr als 60 Prozent der Stimmen für Erdogan. Die deutschtürkischen Wähler trugen entscheidend zum letzten Wahlsieg des umstrittenen Autokraten bei, den Fußballer Mesut Özil „meinen Präsidenten“ nennt. Allen politischen Gegensätzen zum Trotz, reisen deutsche Urlauber in diesem Jahr wieder in die Türkei.
Nach Terror und Putsch vor zwei Jahren, nach Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel und umstrittenen Walkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland sanken die Einnahmen aus dem Tourismus in der Türkei um ein Drittel. 2016 reisten nur 3,98 Millionen Deutsche ins Land, 2015 waren es 5,58 Millionen.
Kein schlechtes Gefühl
2017 brach die Zahl der Urlauber noch einmal ein. Im letzten Jahr war die Türkei in der Gunst der deutschen Urlauber auf Platz drei zurückgefallen, hinter Spanien und Griechenland. Jetzt die Kehrtwende. Schon Anfang 2018 meldete der weltweit größte Reisekonzern TUI ein Buchungsplus von 70 Prozent für die Türkei gegenüber dem Vorjahr.
Einer von vielen erwartungsvollen Urlauber aus Dortmund ist Stefan Schneider. Er freut sich auf 14 Tage im selben Hotel wie im letzten Jahr in Side an der türkischen Riviera. Er sagt: „Die politischen Unruhen finden erfahrungsgemäß nicht in Urlaubsgebieten statt. Von daher sind wir letztes Jahr ohne ein schlechtes Gefühl geflogen und wurden vor Ort in der Entscheidung bestärkt, denn es gab keinerlei Auswirkungen in dem Hotel oder in der kleinen Stadt Side Kumköy.“
Vom Preis her unschlagbar
Kurt Hosbach, Seniorchef des City-Reisebüros an der Kuckelke, sagt, er empfehle den Kunden immer, die Situation in der Türkei neutral zu betrachten. „Politisch werden wir das nicht ändern“, so Hosbach. Vom Preis her sei die Türkei unschlagbar.
Aber der Preis überzeugt nicht immer. „Den unterstütze ich nicht“, hört Jennifer Westermann häufig von Kunden, wenn sie auf einen Urlaub in der Türkei zu sprechen kommt. „Den“, damit ist natürlich Recep Tayyip Erdogan gemeint. Die Mitarbeiterin im Central-Reisebüro am Freistuhl sieht nach wie vor viele Abwinker, wenn es um Reise-Vorschläge in vormalige Anschlagsregionen wie die Türkei oder Tunesien und Ägypten geht. Ähnliche Erfahrungen macht auch ihre Kollegin Katrin Müller, Betriebsleiterin im First-Reisebüro an der Kleppingstraße. Spanien, vor allen Andalusien, und Fernreisen seien gefragt, Ägypten nehme wieder zu, aber von einem Türkei-Boom spüre sie noch nichts, so Müller.
Istanbul wird gemieden
„Unser Büroleiter urlaubt gerade dort mit seiner Familie“, sagt Siegfried Tresing vom Reise-Café Stoffregen in der Krüger-Passage. In diesem Jahr würden sie deutlich mehr Türkei verkaufen als in den beiden Vorjahren. Aber die Stammkunden hätten das Land ohnehin immer gebucht, so Tresing. Die großen Kreuzfahrt-Unternehmen üben sich allerdings noch in Zurückhaltung. Der Mitarbeiter von Stoffregen durchforstet den Computer: Während TUI mit Mein Schiff wieder eine erste Tour ins östliche Mittelmeer anbietet, meidet AIDA die Region noch. Und stattdessen? „Bei Kreuzfahrten sind Ostsee, norwegische Fjorde und westliches Mittelmeer gefragt“, sagt Siegfried Tresing.
Christian Hosbach, der Juniorchef im City-Reisebüro, sieht bei der aufkeimenden Türkei-Nachfrage große Unterschiede in den Regionen. Side und Belek an der türkischen Riviera liefen gut, Istanbul dagegen laufe nicht. Reisende meiden den Flughafen, auch als Umsteigemöglichkeit. Am 28. Juni 2016 hatten drei Selbstmordattentäter im und am Flughafen Atatürk einen Anschlag verübt. Es gab 45 Opfer und 235 Verletzte, darunter einen Deutschen.
Flüge sind das Problem
Viele Urlauber, die inzwischen wieder ins Land reisten, vermeiden aber Ausflüge und kommen nicht aus ihren All-Inclusive-Anlagen heraus. Im Vergleich zu dem im letzten Jahr oft überbuchten Spanien, allen voran die Balearen-Insel Mallorca, lässt sich in der Türkei deutlich billiger Urlaub machen. Auch wenn die Preise aktuell anziehen. Eine Woche Türkei-Urlaub im guten Vier-Sterne-Bereich samt Flug ist nach Auskunft der Experten ab 450 Euro zu haben, im Fünf-Sterne-Bereich ab 800 Euro.

Cornelia Lessmann-Thiel, Leiterin des City-Reisebüros an der Kuckelke, berät in diesem Jahr wieder deutlich mehr Urlauber, die in die Türkei reisen wollen. © Ulrike Böhm-Heffels
Ein Problem können allerdings die Flüge sein. Von denen gibt’s nicht genug. Ein Mitarbeiter vom Last-Minute-Anbieter L’Tur, der nicht genannt werden will, sagt, beim missglückten Putsch vor zwei Jahren habe man noch für 50 oder 100 Euro in die Türkei fliegen können. Jetzt stünde nur die Hälfte der Flüge von damals zur Verfügung, und die kosteten 400 oder 500 Euro. Dennoch sei die Türkei nur halb so teuer wie Ziele im südwestlichen Europa. Eine vierköpfige Familie könne am südöstlichen Mittelmeer samt aller Flüge für 2000 Euro zwei Wochen Urlaub machen.
Ab Dortmund nur nach Izmir
Wenn Urlauber aus Dortmund in die Türkei fliegen, dann tun sie das in den seltensten Fällen vom Dortmunder Flughafen aus. 2015 noch nutzten mehr als 55.000 Passagiere die Verbindung von Dortmund nach Antalya. Die gibt’s aber nicht mehr. Von Dortmund aus geht es 2018 ausschließlich nach Izmir, mit über vier Millionen Einwohnern drittgrößte Stadt der Türkei. Izmir liegt an der Ägäisküste, gilt jedoch eher als Ziel für ethnisch Reisende, nicht so sehr für Urlauber. Das heißt, dorthin fliegen türkische Familien, die in Dortmund und Umgebung leben, wenn sie auf Heimaturlaub sind oder Verwandte und Freunde besuchen wollen.
Dortmunder Flughafen will Antalya ab 2019 wieder anfliegen
Vor drei Jahren konnte man von Dortmund aus noch neben Izmir und Antalya in die türkische Hauptstadt Ankara, nach Zonguldak an der Schwarzmeerküste und nach Istanbul fliegen. 2016 hatte Dortmund Airport über ein Drittel weniger Fluggäste in die Urlaubsregion Türkei. Die Verbindung Istanbul fiel weg. Für den Sommer 2019 liefen derzeit Gespräche mit Airlines und Reiseveranstaltern, um das Ziel Antalya wieder von Dortmund aus anbieten zu können, sagt Flughafen-Sprecherin Annika Neumann. Die Flugverbindung von Sun-Express nach Izmir entwickelt sich zur Erfolgsstory. Während die anderen Verbindungen, die es ab Dortmund gab, schon 2016 große Einbrüche verkraften mussten, wuchsen die Passagierzahlen auf der Flugroute um mehr als 40 Prozent.
Ulrike Böhm-Heffels wurde 1956 in Dortmund geboren. Sie ist seit 1976 journalistisch für die Ruhr Nachrichten tätig. Zu ihren Schwerpunkten zählen gesundheitspolitische Berichterstattung, soziale Themen, aber auch gastronomische.