„Wir wollten die Welt verbessern“ Trauer um Taranta-Babu-Gründer Hasan Şahin

„Wir wollten die Welt verbessern“: Trauer um Taranta Babu-Gründer Şahin
Lesezeit

Die verdiente Ehrung für sein Lebenswerk hat er erst vor wenigen Wochen bekommen: Im September wurde Hasan Şahin als Gründer und Motor des „Taranta Babu – Verein zur Förderung der interkulturellen Lesekultur und Medienkompetenz e. V.“ vom Literaturrat NRW mit dem Literaturtaler ausgezeichnet. Jetzt ist Hasan Şahin im Alter von 78 Jahren gestorben. Das teilte der Verein jetzt auf seiner Homepage mit.

Das Taranta Babu an der Humboldtstraße im Klinikviertel war und ist nicht zuletzt dank Hasan Şahin ein besonderer Ort in Dortmund. Es ist Buchhandlung, Café, Treffpunkt und Veranstaltungsort zugleich – und ein Stück gelebte Interkulturalität.

Schon in seinem Heimatland Türkei hatte sich Hasan Şahin politisch engagiert, setzte sich für eine Welt ein, in der die Menschen friedlich zusammenleben. So, wie er es als Heranwachsender in Istanbul kennengelernt hatte. „Ich bin Humanist. Aber ich glaube, man kann nur Humanist sein, wenn man eine gute Kindheit hatte“, sagte Hasan Şahin einmal.

In Istanbul studierte er Fotografie. Weil ihm wegen seines politischen Engagements eine Gefängnisstrafe drohte, verließ er 1969 die Türkei, kam nach einer Zwischenstation in Frankreich 1970 nach Dortmund. Hier arbeitete er als Fotograf und später als Fotolaborant.

Bibliothek für internationale Literatur

Und er blieb politisch aktiv. „Wir hießen damals Internationalisten, Globalisierer“, erinnerte sich Hasan Şahin später. „Wir wollten die Welt verbessern.“ Mit Lehrern und Gastarbeitern gründete Hasan Şahin einen der ersten Ausländervereine der Stadt, der sich um gemeinsame Freizeitgestaltung für deutsche und ausländische Kinder kümmerte, und den Arbeitskreis „Gemeinsam Lesen“, um Gastarbeiterkindern Literatur in ihren Muttersprachen zu beschaffen.

Es war die Keimzelle für das 1979 begründete Taranta Babu, benannt nach einer äthiopischen Freiheitskämpferin. Aus der kleinen Bibliothek und Buchhandlung entstanden ein Café und ein Kulturtreffpunkt. Hier lasen bekannte Autoren und trafen sich Vereine und Initiativen wie die Hochschulgruppe für Menschenrechte oder Attac, ein syrischer Akademikerkreis und Frauengruppen.

Das Taranta Babu in Dortmund ist in hellen Farben mit zusammengestelltem Mobiliar ausgestattet. An einem der Tische sitzt Hasan Sahin.
Das Taranta Babu war und ist ein beliebter Treffpunkt. © Sarah Rauch (A)

Das Taranta Babu sei seit den Anfängen im Jahr 1979 Treffpunkt einer gemischten Literaturszene mit Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Sprachen und Hintergründe und zugleich ein Ort für alle, die Lesen, Gespräche und Tee lieben, stellte der Literaturrat NRW fest. Es sei „ein warmherziger Ort, der ganz wesentlich von Hasan Şahin geprägt war und ist.“ Hasan Sahin selbst würdigte der Literaturrat als „sanften Kämpfer für Völkerverständigung mit den Mitteln der Literatur und der Sprache“. Zumindest im Kleinen ist es Hasan Şahin also wirklich gelungen, die Welt zu verbessern.

Ein Buchcafé besuchen: Die 5 schönsten in NRW

Drohanrufe und zerstörte Scheiben: Angriff auf alternativen Buchladen