Der Kreis Unna setzt seit mehr als drei Jahren vermehrt auf den privaten Rettungsdienstleister Reinoldus. Die Wagen des Dortmunder Unternehmens starten mittlerweile aus Unna, Holzwickede und Fröndenberg. Dass es zuletzt auf der Wache in Königsborn zu einem geschmacklosen internen Wettbewerb der Mitarbeiter mit einem Wanderpokal für die meisten Toten gab, wird nun vom Kreis Unna verurteilt. Konsequenzen wird es aber nicht geben.
Reinoldus-Mitarbeiter führen „Todesliste“
Mitarbeiter der Königsborner Rettungswache von Reinoldus – 13 Kräfte zählen dort zum Stammpersonal – haben ein makabres Gewinnspiel betrieben: Auf einer „Todesliste“ wurden Einsätze mit letalem Ausgang vermerkt. Derjenige mit den meisten Toten in seiner Dienstzeit hat einen Wanderpokal erhalten.

Der Kreis Unna setzt seit April 2021 auf die in Dortmund gegründete Reinoldus Rettungsdienst gGmbH. Er ist vom Gesetzgeber verpflichtet, den Rettungsdienst auf seinem Gebiet zu gewährleisten. Der Kreis ist Reinoldus‘ größter Auftraggeber. Reinoldus hat seinen Sitz an der Minister-Stein-Allee in Dortmund-Eving.
Drei Tage nachdem Geschäftsführer Peter Schroeter von der „Todesliste“ in seinem Unternehmen erfahren hat, sei auch der Kreis Unna „über den Tatbestand als auch über die eingeleiteten Maßnahmen in Kenntnis gesetzt“ worden, erklärte Kreis-Sprecher Volker Meier am Donnerstag (19.12.). „Auf dieser Grundlage bestand und besteht für den Kreis Unna kein Handlungsbedarf.“
Das Unternehmen hat die Recherchen unserer Redaktion zur Existenz der „Todesliste“ bestätigt. Schroeter sprach auch als Gesellschafter des Unternehmens von einer schweren moralischen und ethischen Verfehlung. Er hatte mit drastischen Konsequenzen auf das Bekanntwerden reagiert.
Schritte des Unternehmens reichen dem Kreis aus
Die Behörde habe die Vorfälle gegenüber dem Unternehmen „auf das Schärfste“ verurteilt, sagt Kreissprecher Volker Meier. „Art, Umfang und die umgehende Umsetzung der eingeleiteten Maßnahmen durch das Unternehmen bewertet der Kreis Unna als geeignet, die Integrität des Unternehmens und des Rettungsdienstes insgesamt zu wahren.“
Reinoldus hatte die Führungskräfte der Wache sofort von ihrer Position entbunden und abgemahnt. Weitere beteiligte Mitarbeiter wurden ermahnt – und werden mittlerweile getrennt voneinander an anderen Standorten eingesetzt. „Mittlerweile haben sich alle in den Vorfall verwickelten Mitarbeiter schriftlich entschuldigt und bedauern ihr Handeln zutiefst“, sagte Peter Schroeter.
Hohe ethische Ansprüche
Der Kreis Unna stelle hohe ethische Ansprüche an sich selbst und von ihm bestellte Unternehmen, wie es nun im Kreishaus heißt. „Mögliche Verstöße dagegen werden auch in Zukunft immer auf den Fall bezogen behandelt“, so Kreissprecher Meier. Der Kreis stehe in einem andauernden Schulungs- und Sensibilisierungsprozess, um Vorfälle dieser Art zu vermeiden. Die Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen sei für die Mitarbeiter der bestellten Unternehmen bindend.
Zwar werde jeder Einsatz protokolliert und ausgewertet. Eine Überwachung der Aktivitäten während der Freizeit oder Bereitschaft finde aber nicht statt und werde auch nicht angestrebt. Die Liste mit Namen von Mitarbeitern und zugeordneten Strichen für jeden gestorbenen Patienten hatte sich am Whiteboard in der Wache am Königsborner Markt befunden. Sie sei aber keinesfalls als eine solche „Todesliste“ erkennbar gewesen, hatte Peter Schroeter bereits erklärt.
Lob an den Rettungsdienst
Der Einzelfall soll offenbar kein schlechtes Licht auf das Rettungswesen im Kreis Unna werfen: Der Kreis lobt in seiner Stellungnahme ausdrücklich die Mitarbeiter der Rettungsdienste und deren Führungen „für ihre fast ausnahmslos tadellose Arbeit in bereits mehr als 50.000 Einsätzen im laufenden Jahr. Um diese Qualität zu erhalten, wird der Kreis Unna Hinweisen auf Fehlverhalten weiterhin unverzüglich nachgehen“, sagt Volker Meier abschließend.