Tod von Mouhamed Dramé (16) Rettungskräfte sagen aus - „Irgendwann haben wir Schüsse gehört“

Tod von Mouhamed Dramé (16): „Irgendwann haben wir Schüsse gehört“
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Mit den Aussagen einer Rettungswagenbesatzung ist am Dortmunder Schwurgericht der Prozess um einen tödlichen Polizeieinsatz in der Nordstadt fortgesetzt worden. Trotz seiner Schussverletzungen erinnerten alle drei Zeugen Mouhamed Dramé als einen „sehr wehrigen“ Patienten in einem stabilen Zustand.

Die Rettungskräfte, eine Auszubildende (22) und zwei Sanitäter (29,32), waren am 8. August 2022 unter dem Stichwort „Suizid“ alarmiert worden und zur Jugendeinrichtung an die Holsteiner Straße gefahren. An der Brunnenstraße positionierte sich das Rettungs-Trio, wartete sodann auf weitere Instruktionen.

Auch am zehnten Prozesstag (3.4.) waren die Brüder Sidy (l.) und Lassana Dramé im Prozess gegen fünf Polizeibeamte im Landgericht Dortmund anwesend.
Auch am zehnten Prozesstag (3.4.) waren die Brüder Sidy (l.) und Lassana Dramé im Prozess gegen fünf Polizeibeamte im Landgericht Dortmund anwesend. © Stephan Schütze

„Irgendwann haben wir Schüsse gehört. Schnell hintereinander“, erinnerte sich der Rettungssanitäter. Sehen können habe man aus dieser Position von dem folgenschweren Polizei-Einsatz nichts. Kurz danach seien sie dann losgelaufen.

Im Innenhof der Einrichtung habe Mouhamed Dramé gefesselt auf dem Boden gelegen. „Er hat sich gewunden, wirkte sehr wehrhaft“, sagte die Zeugin.

Nach einem sogenannten „Bodycheck“ (Untersuchung) habe man den verletzten und blutenden Jugendlichen zum Rettungswagen verbracht, berichtete der Notfallsanitäter.

Dagegen soll sich der 16-Jährige angeblich gesträubt und „immer versucht haben, sich aufzurichten“. Schussverletzungen habe man „an Bauch, Schulter, Gesicht und Unterarm“ entdecken können, so der Rettungssanitäter.

Tod von Mouhamed D.: Zugang ins Scheinbein gebohrt

Weil das Anlegen eines intravenösen Zugangs für eine Infusion unmöglich gewesen sei, habe man sich letztlich für eine „sehr schmerzhafte“ Punktion des Knochenmarks durch Bohren mit einer Spezialkanüle am Schienbein entschieden.

„Das war alles sehr schwierig, weil der Patient sich sehr gewehrt und viel gezuckt hat“, beschrieb es einer der Zeugen.

Auch das Anlegen einer Sauerstoffmaske habe Mouhamed Dramé zuvor bereits strikt verweigert.

Unisono berichteten die Rettungskräfte vor Gericht auch von „einer ganz normalen Atmung“ und auch einer völlig „normalen Pulsfrequenz“ bei Mouhamed Dramé zum Zeitpunkt seiner Übergabe in den Schockraum der Unfallklinik.

Dass sie dann bereits kurz darauf, noch in der Fahrzeughalle des Klinikums wartend, vom Tod des 16-Jährigen erfuhren, kam nach Angaben des Notfallsanitäter „eher unerwartet“.

Mouhamed-Prozess wird am 17. April fortgesetzt

Angeklagt sind fünf Polizistinnen und Polizisten. Die Vorwürfe lauten auf Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Anstiftung.

Mouhamed Dramé hatte am fraglichen Tag offenbar in suizidaler Absicht ein Messer in der Hand gehalten. Die Polizeibeamten sollen ihn erst angesprochen, später mit Pfefferspray besprüht, im weiteren Verlauf dann auch mit einer Taser- und einer Maschinenpistole auf ihn geschossen haben.

Der Prozess wird am 17. April fortgesetzt.