Zum Tod von Golam Khair (†53) Dortmunds Promi ohne Glitzerfaktor - eine Spurensuche, die berührt

Tod von Golam Khair (†53): „Sonnenschein“ und „stolzer Vater“
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Menschen wie Golam Khair gibt es nicht häufig. Der Mann aus Bangladesch, der am 10. Juni nach schwerer Krankheit gestorben ist, war eine lokale Bekanntheit.

Er benötigte keine spektakulären Taten, um in Erinnerung zu bleiben. Sondern nur seine freundliche Art und seine bewegende Lebensgeschichte. Sein Tod löst enorme Anteilnahme aus.

Verlässlicher Kollege

„Der Verlust ist sehr schmerzlich“, sagt Olaf von Halen. Der Inhaber des Restaurants „Olaf’s“ an der Rheinischen Straße pflegte knapp fünf Jahre lang engen beruflichen Kontakt zu Golam Khair.

„Wir haben hier zusammen die Küche geschmissen“, sagt er über seinen „Beikoch“, der seit der Eröffnung hier arbeitete. „Man konnte sich absolut auf ihn verlassen“, sagt Olaf von Halen.

Er sei ein eher stiller Typ gewesen. „Aber er war immer gut gelaunt, ein Sonnenschein“, sagt der Restaurant-Betreiber. Durch Khairs schwerer Erkrankung sei der Kontakt in den vergangenen eineinhalb Jahren weniger geworden. Doch bis zuletzt gab es Austausch.

Bekanntheit in Kneipenszene

Wer in den 2000er-Jahren im Dortmunder Nachtleben unterwegs war, der ist auf Golam Khair mit hoher Wahrscheinlichkeit begegnet. Er war der Rosenverkäufer, den man in den Innenstadt-Kneipen kannte.

Der sich über ein „Ja“ auf seine Frage freute. Der auch bei einem „Nein“ freundlich blieb. Und es dann beim nächsten Mal erneut versuchte. Über Jahre.

„Er war extrem kontaktfreudig, sehr emsig und geschäftstüchtig. Das war gewiss seine Art. Aber es war auch der wirtschaftliche Druck“, sagt der Dortmunder Manfred Tari, der Khair seit vielen Jahren kennt.

Er spricht voller Anerkennung über den Mann, der „gut kochen und gut singen konnte“ . Er sagt auch: „Er war ein stolzer Vater“.

Zu diesem wurde Khair vergleichsweise spät. 2017 durfte seine Frau aus Bangladesch zu ihm ziehen. Seine Tochter ist in Dortmund geboren.

Kampf um Bleiberecht

In den ersten Jahren nach seiner Flucht hat Golam Khair nicht viel. Außer den Rosen. Sie sind sein Lebensunterhalt - und sein Kontakt in die Gesellschaft. Weil seine Aufenthaltsgenehmigung zunächst an diesen Beruf gekoppelt ist, übt er ihn über Jahre aus, später sogar mit eigenem Blumenladen.

Um die Berechtigung, in Deutschland bleiben zu können, muss er lange kämpfen. Erst 2011 bekommt er eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung.

Da hat er schon zwei Bücher über seine Geschichte verfasst. Sie sind ein Zeit-Zeugnis des Dortmunds vor 15 Jahren. Gleichzeitig sind die von ihm damals geschilderten Wirren des Asylsystems und des Lebens als Ausländer in Deutschland immer noch von erschreckender Aktualität.

Erinnerung an 2000er-Jahre

Der frühe Tod von Golam Khair löst gerade bei vielen Menschen gleichzeitig die Erinnerung an die Zeit um das „Millenium“ herum aus. An Ausgeh-Orte, die es nicht mehr gibt, an die Zeit der Jugend und des Erwachsenwerdens. „Er war auch ein Kneipenchronist“, sagt Manfred Tari.

Die Trauernden tröstet es, dass viele Menschen ausschließlich gute Erinnerungen an Golam Khair miteinander teilen. Er war in der Community von Zugewanderten aus Bangladesch beliebt. Mehrere Hunderte Kondolenznoten auf Bengalisch zeugen davon.

An der Rheinischen Straße lebte und arbeitete er. Hier war er bekannt. „Er war ein kommunales Bindeglied, das unterschiedliche Kulturkreise zueinander gebracht hat“, sagt Tari.

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