Töten zum Schnäppchenpreis Tierschützer sehen Regelverstöße bei „Jagd und Hund“ 2023

Tierschützer finden Verstöße gegen Messeregeln bei „Jagd und Hund“
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Und sie sind bei einer Kontrolle doch fündig geworden: Mitarbeiter der Tier- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife haben die Kataloge der Veranstalter von Trophäenjagdreisen auf Angebote durchforstet, die gegen die Messeregeln von Europas größter Jagdmesse „Jagd und Hund“ in Dortmund verstoßen.

Das Ergebnis bestätigt ihre Befürchtungen. Laut Pro Wildlife bieten 82 der 580 Aussteller aus aller Welt dort noch bis 29. Januar Trophäenjagdreisen an, teils zu Schnäppchenpreisen. „Sogar besonders tierschutzwidrige Jagden, zum Beispiel auf in Jagdfarmen gezüchtete Löwen, werden angeboten. Obwohl solche Angebote laut Messeregeln untersagt sind, geht die Messeleitung nicht dagegen vor“, kritisiert Dr. Mona Schweizer von Pro Wildlife.

Für Abschuss gezüchtete Löwen

Pro Wildlife sagt, Belege für Regelverstöße gefunden zu haben. „Ein Aussteller bewirbt auf Prospekten, die auf der Messe ausliegen, gezielt den Abschuss gezüchteter Löwen, zwei weitere Anbieter betreiben selbst Löwen-Zuchtfarmen“, erklärte Dr. Mona Schweizer von Pro Wildlife am Mittwoch (25.1.).

Unter anderem dieses Angebot zur Jagd auf gezüchtete Löwen (l.) haben Tierschützer in einem Katalog auf der Messe "Jagd und Hund" gefunden.
Unter anderem dieses Angebot zur Jagd auf gezüchtete Löwen (l.) haben Tierschützer in einem Katalog auf der Messe "Jagd und Hund" gefunden. © Pro Wildlife

Weitere Aussteller böten den Abschuss männlicher Tiere für wenige Tausend Euro sowie von Löwinnen ab 4.000 Euro in Südafrika an – sowie weiße Löwen. All dies lege nahe, dass diese Tiere ebenfalls aus Zuchtfarmen stammten.

Die Gatterjagd (sog. canned hunting) auf in Gefangenschaft gezüchtete Löwen und andere Tiere ist seit Jahren weltweit geächtet – auch die Teilnahmebedingungen der Dortmunder Jagdmesse verbieten Abschussgelegenheiten auf Tiere, „die aus einer Gatterhaltung stammen“ oder die „künstlich gezüchtet“ wurden.

Auszug aus dem Katalog eines Trophäenjagd-Anbieters auf der "Jagd und Hund".
Auszug aus dem Katalog eines Trophäenjagd-Anbieters auf der "Jagd und Hund". Einen weißen Löwen kann man für 17.000 Euro schießen. © Pro Wildlife

Gatterjagd in Südafrika legal

Gatterjagden auf gezüchtete Löwen seien in Südafrika noch immer legal, weit verbreitet und weitaus günstiger als die Jagd auf die wenigen in freier Natur verbliebenen Löwen, so die Tierschutzorganisation.

Die Mehrheit der Jagdreise-Anbieter in Dortmund biete den Abschuss von Arten an, die laut Roter Liste gefährdet beziehungsweise international sowie durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt seien, wie Elefanten, Nashörner und Leoparden.

Günstige „Abschusspakete“

Etwa ein Dutzend Aussteller böten zudem Jagd auf in Europa heimische und nach EU-Recht streng geschützte Arten an, wie Braunbär, Wolf und Luchs.

Mit Plakaten, Katalogen und Preislisten werben zahlreiche Messeaussteller mit günstigen „Abschusspaketen“, Rabattaktionen und Sonderangeboten. Löwinnen sind zum Schnäppchenpreis ab 4.000 Euro zu haben, Savannenelefanten für 15.300 Euro, Breitmaulnashörner für 24.000 Euro. Vier verschiedene Antilopen gibt es im Paketpreis schon für 1.600. Euro

Zum Schnäppchenpreis gibt es auch den Abschuss von Geparden für 4.000 Euro, obwohl es weltweit weniger als 6.600 Tiere gibt. Giraffen sind ab 950 Euro und Zebras für 900 Euro erhältlich, Paviane und Schakale können sogar kostenlos abgeschossen werden.

Aus der Messe verbannen

Dazu Dr. Mona Schweizer von Pro Wildlife: „Es ist unwürdig, wie solch imposante und oft auch bedrohte Tiere auf der Jagd und Hund verramscht werden. Wir fordern, dass die Stadt Dortmund die tier- und artenschutzwidrigen Jagdreise-Angebote endlich aus den städtischen Messehallen verbannt.“

30 Tier- und Naturschutzorganisationen aus Deutschland sowie über 90 Organisationen aus Afrika und Experten aus aller Welt unterstützen diese Forderung in offenen Briefen an den Oberbürgermeister und Stadtrat von Dortmund.

Auf Anfrage erklärte OB Thomas Westphal, schon im letzten Jahr hätten die Gegner der Jagdmesse das Angebot zum Dialog nicht angenommen. Für die Zukunft werde eine Ethikkommission der Stadt Dortmund, die nicht nur wegen der „Jagd und Hund“, sondern für übergreifende Ethikfragen zu bilden sei, im Vorfeld über das Thema diskutieren – etwa über die Frage, welche Rolle Ethik bei wirtschaftlichen Entscheidungen hat.

Update 26.1., 10.40 Uhr

Die Westfalenhallen Dortmund GmbH reagierte auf die Vorwürfe und erklärte: „Die Messe Dortmund führt mit Experten kontinuierliche Prüfungen über den gesamten Messezeitraum durch. Trotz der genannten Selbstverpflichtung wurden bei diesen Kontrollen einzelne Verstöße festgestellt. Die Aussteller wurden unmittelbar aufgefordert, illegale Angebote zu entfernen.“

Die Messe Dortmund widerspricht auch dem Vorwurf, dass Verstöße gegen den Tier- und Artenschutz toleriert würden. „Wir sind bereits mit Pro Wildlife in Kontakt und haben diese gebeten, uns konkrete Hinweise zu möglichen Verstößen zu übersenden. Entgegen dem von Pro Wildlife erhobenen Vorwurf prüft die Messe jeden Hinweis. Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich ein Verstoß vorliegt, geht die Messe Dortmund umgehend dagegen vor. Bisher haben wir von Pro Wildlife aber noch keine konkreten Informationen erhalten“, so Pressesprecher Robin Uhlenbruch.

Weiter heißt es in dem Statement: „Der Messe Dortmund ist der Tier- und Artenschutz wichtig. Die Zulassungsbedingungen der Jagd und Hund beinhalten klare Kriterien. Demnach dürfen auf der Jagd und Hund keine Exponate, Dienstleistungen, Reisen oder Angebote gegen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union, rechtliche Bestimmungen der jeweiligen Reiseländer oder das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) verstoßen.

Für die Jagdausübung sind grundsätzlich die Rechtsnormen des jeweiligen Reiselandes entscheidend, so wie auch zum Beispiel bei Jagdreisen nach Deutschland die Regeln des deutschen Jagdrechts. Die Aussteller unterschreiben vor der Messe eine Selbstverpflichtung, nur legale Angebote auf der Messe zu zeigen.

Für die Jagdausübung sind grundsätzlich die Rechtsnormen des jeweiligen Reiselandes entscheidend. Dies gilt auch für zum Teil geschützte Arten.

Nachhaltig regulierte Jagd sichert das Einkommen der Lokalbevölkerung, sichert Lebensräume und den Schutz von Wildtieren. Wissenschaftlich nachgewiesene Beispiele gibt es hierfür in Afrika, Asien, Nord und Südamerika. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das Schreiben der Weltnaturschutzunion IUCN.“

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