Energiekrise
Thyssenkrupp-Sprecher zum Gas-Ernstfall: „Wir können nichts mehr einsparen“
Sollte es zu Engpässen bei der Gasversorgung kommen, drohen den Stahlwerken in Dortmund enorme Probleme. Noch gibt es Gas, aber bei Thyssenkrupp bereitet man sich auf den Ernstfall vor.
Auch wenn schon viel von grünem Stahl gesprochen wird, der Wegfall von russischem Gas kommt für die Stahlwerke in Dortmund zu früh. Gas ist in der Stahlindustrie der entscheidende Energieträger, der Umstieg auf Wasserstoff noch Zukunftsmusik.
„Wir haben 50 Öfen für die Stahlverarbeitung, die alle mit Gas betrieben werden“, sagt Klaus Hübscher, Sprecher von Thyssenkrupp Rothe Erde im Kreuzviertel. 600 Beschäftigte arbeiten in dem Werk an der Kuithanstraße. Ohne ausreichend Gas werden viele von ihnen im Herbst wohl reichlich Freizeit haben. Dann droht Kurzarbeit.
Wie Klaus Hübscher erklärt, benötigt das Rothe-Erde-Werk etwa so viel Gas wie 6000 Einfamilienhäuser. „Und unser Problem ist“, sagt er, „dass wir auch nichts mehr einsparen können. Das Werk ist ständig modernisiert worden und arbeitet heute sehr energieeffizient.“ Angesichts des riesigen Gasverbrauchs helfe es auch nicht, die Duschen in der Waschkaue kalt zu lassen.
Der Einsatz von Kohle oder Öl verbietet sich
Es braucht andere Lösungen. Allerdings ist der Einsatz von alternativen Energieträgern nicht möglich. Die Öfen statt mit Gas nun mit Kohle oder Öl zu betreiben, verbietet sich. „Wir sind“, sagt Klaus Hübscher, „ein innenstadtnaher Betrieb und unterliegen strengsten Emissionsbestimmungen. Bei uns ist alles so optimiert, dass wir die Auflagen bei der Verbrennung von Gas einhalten.“ Beim Verbrennen von Kohle oder Öl würde sehr viel Feinstaub in die Luft geblasen.
Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, demnächst Wasserstoff zu nutzen. „Aber das ist erst in zwei Jahren realistisch“, sagt Klaus Hübscher und weist auch die Frage nach der Nutzung von Strom zum Aufheizen der Öfen kurzerhand zurück: „Für die Produktion tonnenschwerer Stahlringe für Windkraftanlagen beispielsweise benötigen wir 1200 Grad. Dafür reicht Elektrizität nicht aus. Ohne Gas kommt also auch der Ausbau der Windenergie ins Stocken.“
Bleibt als Alternative zum russischen Gas eigentlich nur Flüssiggas. Allein bei dem Gedanken daran werden aber die Anwohner im Kreuzviertel schon Schnappatmung bekommen. Das Flüssiggas müsste nämlich mit großen Lkw geliefert werden. „Und das täglich, dabei haben wir ja schon jetzt Verkehrsprobleme im Kreuzviertel“, so Klaus Hübscher. Zudem sei fraglich, ob Flüssiggas überhaupt hinreichend und verlässlich schon in den nächsten Monaten verfügbar sein wird.
Thyssenkrupp Steel: „Ein Mindestbezug ist unverzichtbar“
„Wenn tatsächlich die Gasversorgung stark runtergefahren wird, trifft uns das also sehr“, stellt Klaus Hübscher fest. Um vorbereitet zu sein, produziere man jetzt schon viel vor: „Das ist zwar wegen des hohen Gaspreises im Moment auch sehr teuer, aber das kleinere Übel.“
Bei Thyssenkrupp Steel auf der Westfalenhütte gibt es verschiedene Pläne für den Fall einer Gasknappheit. Auf eine Mindestmenge an Gas ist der stahlverarbeitende Betrieb allerdings angewiesen. © (A) Schaper
Erhebliche Probleme erwartet man auch bei Thyssenkrupp Steel auf der Westfalenhütte. Dort sind 1300 Menschen beschäftigt. Und auch dort sieht man kaum zusätzliche Möglichkeiten zur Einsparung von Gas, da die Produktionsprozesse alle optimiert seien. Eine Umstellung auf Erdöl oder Kohle, bestätigt ein Unternehmenssprecher, sei auch in diesem Werk nicht möglich.
„Wir bereiten uns in verschiedenen Szenarien auf eine Unterbrechung oder eine Einschränkung der Erdgasversorgung vor“, heißt es in einem Statement der Unternehmensführung. Einschränkungen in der Versorgung seien zugleich mit Einschränkungen in der Produktion verbunden, könnten aber bis zu einem gewissen Grad bewältigt werden. Aber: „Ein Mindestbezug ist zur Aufrechterhaltung unserer Produktion unverzichtbar. Andernfalls sind Stilllegungen und technische Schäden an unseren Aggregaten nicht auszuschließen.“
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