
Dortmunds Feuerwehr-Chef Dirk Aschenbrenner spricht über die Vorbereitung auf einen möglichen Katastrophenfall. © Kevin Kindel
Feuerwehr-Chef will Dortmund auf mögliche Katastrophe vorbereiten
Von Unwetter bis Krieg
Dass Bunker in Dortmund jahrzehntelang nicht gewartet wurden, findet Dirk Aschenbrenner falsch. Er fordert, die Möglichkeit eines Krieges in Deutschland zu thematisieren.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass viele Menschen über die Sicherheit in der Europäischen Union nachdenken. Dortmunds Feuerwehr-Chef Dirk Aschenbrenner fordert jetzt, den Katastrophenschutz regelmäßig ins Bewusstsein zu rufen.
„Wenn Risiken nicht richtig wahrgenommen werden und nicht unmittelbar vor der Haustür stehen, wird immer gesagt: ‚Ihr malt so schreckliche Horrorszenarien‘“, so Aschenbrenner im Vorfeld des Katastrophenschutztages, zu dem es am Samstag (6.8.) verschiedene Info- und Mitmachstände zwischen Hauptbahnhof und Petrikirche gibt.
Bedeutungslos und nie wieder vorkommend?
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs seien manche Dinge in Deutschland „für bedeutungslos und nie wieder vorkommend erklärt“ worden, so der Feuerwehr-Chef. Nun beschäftigen sich die Behörden aber doch mit der Frage, welche Schutzräume im Ernstfall reaktiviert werden können.
Dass Anlagen wie der große Dortmunder Tiefstollen unter der westlichen Innenstadt erst ausgiebig untersucht und instandgesetzt werden müssen, ärgert ihn: „Es läuft einem natürlich, wenn die Einschläge näher kommen, sehr schnell die Zeit weg, das alles wieder aufzubauen.“ Alleine die Bevölkerung aufzuklären und fit zu machen, sei ein jahrelanges Projekt.
Doch wie macht man das behutsam, ohne Panik zu verbreiten? Es müsse gar nicht der Kriegsfall gemeint sein, auch für Unwetter oder ähnliche Ereignisse gibt es offizielle Listen, welche Not-Bevorratung sinnvoll ist, ergänzt Oliver Buff vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) im gemeinsamen Gespräch. Wichtig sei nur, das nötige Gleichgewicht zu finden „und nicht ins Klopapier-Hamstern zu verfallen“.
Dirk Aschenbrenner vergleicht die potenzielle Gefahr von lebensbedrohenden Szenarien mit dem Straßenverkehr: „Da wird immer wieder auf Unfallgefahren hingewiesen, an Autobahnen stehen große Plakate.“ Und die ständige Sensibilisierung hat zusammen mit modernen Autos und Straßen in den vergangenen Jahrzehnten auch tatsächlich zu deutlich weniger Unfallopfern geführt.
„Deshalb ist die Bevölkerung nicht unfröhlicher“
„Das ist ein Thema, damit wird die Bevölkerung eigentlich permanent konfrontiert und sie ist deshalb nicht unfröhlicher“, so der Feuerwehr-Chef. Schon im frühsten Alter lernen Kinder schließlich, dass sie an Straßen aufpassen müssen, weil schlimme Dinge passieren können.
Als Vorbild nennt Aschenbrenner die Schweiz, die nie aufgehört habe, Schutzräume zur Verfügung zu stellen. Das Thema sei dort ganz anders in der Bevölkerung verankert. „In Deutschland ist immer die Mentalität, auch der Politik: ‚Wir wollen keine bösen Botschaften rüberbringen‘“, so Aschenbrenner: „Ich finde, das ist genau falsch.“
Wenn man offen und ehrlich damit umgehe, vermittele man seiner Meinung nach das Gefühl: „Ja, im Leben gibt's Risiken. Wir sagen euch, welche Risiken das sind. Wir sagen, was wir tun, und sagen euch, was ihr tun müsst.“ Dann sei ein Katastrophenfall, von Starkregen bis zu gewalttätigen Angriffen, für alle viel besser zu händeln.
In Richtung Politik fordert Aschenbrenner: „Wenn man 100 Milliarden in die Verteidigung steckt, dann müssten eigentlich auch 10 Prozent für die zivile Verteidigung da sein.“ Schließlich bezahle jeder Mensch auch privat Versicherungen für Leistungen, die hoffentlich niemals benötigt werden.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
