Thomas Westphal ist seit November 2020 Oberbürgermeister der Stadt Dortmund. Im Wahlkampf trat der Sozialdemokrat mit diversen Versprechen für die wirtschaftliche Entwicklung an. Er wollte die Arbeitslosigkeit senken, das Handwerk, den Mittelstand und den Technologiestandort fördern. Er versprach stabile Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze und die Entwicklung eines internationalen Digitalfestivals.
Laut einer Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund vom September 2024 betrachten nur 33 Prozent der befragten Dortmunder Unternehmen ihre Lage als „gut“. Gleichzeitig bezeichnen 48,7 Prozent ihre Lage als „befriedigend“. Mit 18,3 Prozent nehmen aber auch immer mehr Unternehmen ihre Lage als „schlecht“ wahr.
Doch wie sieht Westphals Bilanz aus? Nach fast vier Jahren im Amt und rund ein Jahr vor der Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl fällt das Fazit gemischt aus. Die Stimmung in der Dortmunder Wirtschaft ist zwar etwas besser als zu Beginn von Westphals Amtsantritt während der Corona-Pandemie. Dennoch konnte Westphal zwei große Versprechen nicht halten. Andere konnte er halten oder nur teilweise erfüllen.
Ziel: Senkung der Arbeitslosigkeit
Westphals wichtigstes Ziel war es, die Arbeitslosigkeit zu senken, im Besonderen die Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit: „Die Langzeitarbeitslosigkeit sinkt, aber sie bleibt vordringlichste Aufgabe in unserer Stadt“, schrieb Westphal in seinem Programm zur Wahl im Jahr 2020.
Doch bislang ist Westphals Plan weitgehend gescheitert. Die Zahlen zeigen, dass seit dem Beginn seiner Amtszeit insgesamt 0,1 Prozent mehr Menschen arbeitslos sind als vorher. Statt 11,4 Prozent wie im Jahr 2020 waren es 2023 11,5 Prozent. Das ist gewissermaßen Stillstand. Die Daten sind von der Dortmunder Agentur für Arbeit ausgewertet worden.
Besonders das Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit zu senken, hat er weit verfehlt. 2020 waren noch rund 14.400 Menschen langzeitarbeitslos, 2023 waren es rund 16.200. Bei der Jugendarbeitslosigkeit ist es dem Oberbürgermeister gelungen, eine kleine Senkung um 40 Jugendliche zu erreichen. Mit Projekten wie „Ausbildung im Quartier“ und „to:DO – Dortmunds Neue Arbeit“ hat die Stadt mehr Jugendliche in Arbeit gebracht.
Allerdings kann der Oberbürgermeister in seinem Amt wenig Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nehmen. Dennoch hat Westphal versprochen, dass am Ende seiner Amtszeit weniger Menschen arbeitslos sind als zu ihrem Beginn und sich dabei auch auf die Konzepte der Stadt Dortmund bezogen, von denen er sich Erfolge in diesem Bereich versprochen hat.
Die SPD Dortmund verweist bei der gestiegenen Arbeitslosigkeit darauf, dass es eine Rekordbeschäftigung in Dortmund gibt. Tatsächlich sind zwar deutlich mehr Menschen sozialversichert beschäftigt, sechs Prozent mehr waren es von Dezember 2020 bis Dezember 2023. Allerdings hat dies nichts mit der prozentualen Arbeitslosigkeit der Bevölkerung zu tun, die gestiegen ist.
Ergebnis: Die Arbeitslosigkeit ist seit Westphals Amtsantritt gestiegen. Von seinen drei Zielen zur Senkung der Arbeitslosigkeit hat er eines erreicht und zwei verfehlt. Damit hat er 33 Prozent der Ziele erreicht.
Ziel: Förderung der Digitalwirtschaft
Drei große wirtschaftlichen Digitalprojekte wollte der Oberbürgermeister zur Förderung der Digitalwirtschaft umsetzen. So versprach es Westphal bei seiner Kampagne zur Wahl im Jahr 2020. Dazu zählen die Entwicklung der Speicherstraße, das HSP-Gelände und die Lernfabrik Westhausen.
Erstens: Die Speicherstraße
An der nördlichen Speicherstraße im Dortmunder Hafen soll ein Digitalquartier entstehen, mit Start-Ups, neuen Arbeitsplätzen, Gastronomie und Freizeit, Arbeiten mit Blick aufs Wasser.
Bislang war die Sorge, dass die weitere Entwicklung dort durch ein Warten auf die Fachhochschule (FH) ins Stocken gerät. Doch die FH wird nicht an den Hafen ziehen. Diese Entscheidung des Landes ist für Westphal eine schlechte und gute Nachricht zugleich. Zum einen ist sie eine Niederlage. Denn Westphal hatte die Ansiedlung der Fachhochschule an der nördlichen Speicherstraße selbst ins Gespräch gebracht, nachdem zuvor die Idee eines FH-Campus auf dem früheren Gelände von Hoesch Spundwand und Profil (HSP) gescheitert war.
Eigentlich ist die Absage an die FH-Pläne aber auch eine gute Nachricht, weil damit nun der Weg für das Digitalquartier frei ist. Die Stadt hat ihre Hausaufgaben erledigt – mit der Gründung der Entwicklungsgesellschaft d-port als gemeinsamer Tochter von DSW21 und Hafen AG und der Aufstellung des Bebauungsplans für die nördliche Speicherstraße. Er wird Ende September vom Rat verabschiedet. Damit kann die Vermarktung der Flächen durch d-port starten. 2025 sollen auch schon die ersten Bagger anrollen, um die Baustraßen anzulegen.
Ein bisschen ist sogar schon vermarktet. So wie alte Gebäude an der südlichen Speicherstraße, wo der „Lensing Media Port“ kurz vor dem Bezug steht, das soziale Zentrum „Heimathafen“ eröffnet sowie in Neubauten das Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik und die Akademie für Theater und Digitalität ihre Arbeit aufgenommen haben, soll auch die Häuserzeile an der Speicherstraße 41-45 neu belebt werden. Der Investor, der dafür gefunden wurde, kommt aus der Nordstadt und will dort ebenfalls Platz für Start-Ups und Gastronomie schaffen. Die Art der Nutzung dürfte mit dafür sorgen, das Versprechen Westphals, an der Speicherstraße ein „Quartier für alle“ zu schaffen, einzulösen.

Zweitens: Das HSP-Gelände
Über den Stand am HSP-Gelände hat unsere Redaktion kürzlich ausführlich berichtet. 1400 Wohnungen, 7000 innovative Arbeitsplätze und mehr als 10.000 Studierende sollten sich hier niederlassen, eine Investitionssumme von 1,8 Milliarden Euro. Die Stadt Dortmund und die Essener Thelen-Gruppe wollten auf 52 Hektar an der Rheinischen Straße einen neuen, CO2-neutralen Stadtteil zum Arbeiten, Wohnen und Studieren schaffen.
Doch die Stadt Dortmund und damit Oberbürgermeister Westphal mussten das Projekt Ende Juli 2023 „pausieren“, wie die Stadt sagte. Das für den Bau der Fachhochschule zuständige Land NRW hatte die Reißleine gezogen: zu teuer. Dann wurde später bekannt, dass Wohnbebauung auf dem Areal gar nicht erlaubt sei.
„Auf Eis gelegt“ habe die Stadt das Zukunftsprojekt aber nicht. „Geplant werden soll weiterhin ein gemischt genutztes Quartier mit den Nutzungen Wohnen, Arbeiten, Lernen und Freizeit“, sagte Pressereferent Christian Schön im August 2024: „Beabsichtigt ist die Schaffung eines smarten, grünen und klimafreundlichen, CO2-neutralen Quartiers.“
Es braucht allerdings ein neues Nutzungskonzept, um das alte Ziel umzusetzen. Der Rahmenplan und die daraus resultierenden Bebauungspläne würden dem Stadtrat vorgestellt. Pressereferent Schön sagte: „Nichts liegt auf Eis, weder bei der Stadt, noch bei Thelen. Doch es wird viel Zeit brauchen, um ein tragfähiges und gutes neues Konzept zu entwickeln und zu planen. Qualität geht hier vor Schnelligkeit.“
Drittens: Die Lernfabrik Westhausen
Auch beim Projekt der Lernfabrik Westhausen in Bodelschwingh hat sich seit Jahren wenig getan. Die nannte Thomas Westphal in seinem Wahlprogramm als dritten Punkt zur Förderung der Digitalwirtschaft. Hier sollte auf dem Campus Westhausen ein innovatives Konzept entstehen, das Unternehmen aus Produktion und Handwerk gezielt mit den Akteuren des Bildungs- und Arbeitsmarktes vernetzt.
Das Gelände gehört Wenke Völkmann-Gröne, Geschäftsführerin der Maschinenfabrik Völkmann. Auf dem Zechengelände haben sich einige Unternehmen und Vereine angesiedelt, wie das Deutsche Rettungsrobotikzentrum. Bislang ist es aber nur bei Plänen für die Umsetzung der Lernfabrik geblieben. Die Umsetzung hängt davon ab, dass sich Betreiber und Investoren für das Projekt der Digitalen Lernfabrik finden.
Ergebnis: Ganz umsetzen konnte der Oberbürgermeister in den bisher fast vier Jahren seiner Amtszeit keines der drei Ziele. Vor allem an der Speicherstraße sind aber mit dem Bebauungsplan und der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft die Weichen richtig gestellt. Eines von drei Zielen ist damit also auf halbem Wege. Damit hat Westphal 15 Prozent seiner Ziele erreicht.
Ziel: Unterstützung des Handwerks
Ein weiteres Ziel war die Unterstützung des Handwerks. Carsten Harder, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dortmund, zeigt sich in Teilen zufrieden mit der Entwicklung des Handwerks: „Trotz Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und hohen Energiekosten ist der Betriebsbestand in Dortmund zwischen 2020 und 2023 um 147 auf insgesamt 4428 Betriebe gestiegen.“
Der Gesamtumsatz des Handwerks in Dortmund ist Angaben der Handwerkskammer zwischen 2020 und 2023 um 789 Millionen Euro auf rund 3,9 Milliarden gestiegen. Allerdings sind die Preise im selben Zeitraum erheblich gestiegen. Der Umsatz ist also nicht um die Inflation bereinigt. Damit wird die reale Wachstumsrate deutlich geringer sein, als diese Zahlen vermuten lassen.
Die Zusammenarbeit mit Thomas Westphal bezeichnet Carsten Harder als konstruktiv. Er lobt etwa die Unterstützung Westphals für die Kampagne ‚Starke Frauen. Starkes Handwerk‘ im Jahr 2022. Im vergangenen Jahr sei auch der Dialog mit einer Sitzung von Verwaltungsvorstand und Vertretern des Dortmunder Handwerks fortgesetzt worden.

Die Handwerker sorgen sich aber um die „wirtschaftliche Betätigung der Stadt im Rahmen der Gründung der Service21“. Dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Dortmunder Stadtwerke Holding und der Stadt Dortmund, dessen Geschäftsbetrieb Sicherheits- und Wachdienste sind und im zweiten Schritt auch Reinigungsdienste.
Um die Gründung gab es einen Konflikt zwischen Westphal, IHK und der Handwerkskammer. Die Kammern kritisierten die Gründung der städtischen Tochtergesellschaft, sagt Harder: „Diese Aufgaben müssen von der mittelständischen Wirtschaft ausgeführt werden und nicht von der Stadt oder ihren Tochtergesellschaften.“ Die Stadt dürfe dem Handwerk nicht die Arbeit wegnehmen.
Auch beim Bürokratieabbau und vereinfachten Vergabeprozessen fordert die Handwerkskammer von Westphal, „Tempo zu machen“. Nur so könnten heimische Betriebe von Aufträgen profitieren und weiterhin für eine stabile Wirtschaftslage in Dortmund sorgen. Das Fazit: Westphals Handwerksbilanz ist durchwachsen. Die Konflikte mit der Wirtschaft sorgten für Unmut. Gleichzeitig legt das Handwerk solide Zahlen vor.
Ergebnis: Die Umsätze und Anzahl der Betriebe zeigt, dass sich das Handwerk in den Jahren von Westphals Amtszeit positiv entwickelt hat. Gleichzeitig gab es einen großen Konflikt zwischen dem Handwerk und Westphal, der das Bild trübt. Im Baugewerbe gab es in diesem Jahr mehr Kurzarbeit als im vergangenen Jahr. Fazit: Westphal hat 65 Prozent seiner Ziele erreicht.
Ziel: Verstärkung der Technologie- und Mittelstandsförderung
Die SPD Dortmund nennt als Projekte zur Verstärkung der Technologie- und Mittelstandsförderung Unternehmensansiedlungen von Materna und Ausgliederungen aus dem MST.factory, dem regionalen Kompetenzzentrum für Mikro- und Nanotechnologie. Auch die Entwicklung des Cleanport sei angestoßen, dieser werde in Abstimmung mit DEW21 in eine kleine Produktion von Wasserstoff einsteigen. Ein Zentrum für integrierte Wirkstoffforschung sei beschlossen und befinde sich im Bau.
Die CDU Dortmund hingegen schreibt: „Ein gezieltes Programm zur Mittelstandsförderung hat es nicht gegeben.“ Die Partei spricht bei der Technologieförderung von einem „weiten Verständnis“, wenn man Themen wie „Wasserstoff“ und „Energiecampus“ anführen würde. Ob es tatsächlich eine Verstärkung der Technologie- und Mittelstandsförderung in Dortmund gab, lässt sich nicht sagen. Belastbare Zahlen dafür liegen nicht vor.
Ergebnis: Kann nicht ausgewertet werden.
Ziel: Stabile Gewerbesteuer
Ein weiteres Versprechen, dass der Oberbürgermeister abgegeben hat, ist, dass der Gewerbehebesatz für die Unternehmen gleichbleiben soll. Das hat Thomas Westphal eingehalten.
Ergebnis: Der Gewerbesteuerhebesatz ist gleichgeblieben, womit es keine neuen steuerlichen Belastungen für Unternehmen über die Gewerbesteuer der Kommune gab. Damit hat Westphal das Ziel zu 100 Prozent erreicht.
Ziel: Entwicklung eines internationalen Digitalfestivals
Der Oberbürgermeister versprach ein Internationales Digitalfestival in seinem Wahlprogramm „als Magnet für Gründer, Wissenschaft und Kultur aus der digitalen Welt, ein ‚westfälisches south by southwest‘“. Die SPD schreibt auf Anfrage: „Die Konzeptentwicklung läuft und wir warten gespannt auf die Ergebnisse.“
Ergebnis: Ein internationales, neues Digitalfestival gibt es in Dortmund nicht. Westphal hat 0 Prozent erreicht.
Und hier geht es zur ganzen Serie „Westphals Ziele“.