Weniger Lärm durch langsameren Verkehr? Das verspricht die Stadt Dortmund, die genau aus diesem Grund auf einigen Straßen Tempo 30 einführen will. Prominente Vorreiter: die Ruhrallee und der Wall. Folgen soll nun die Mallinckrodtstraße, und zwar zwischen Münster- und Schützenstraße.
Tempo 40 soll zwischen Schützen- und Lagerhausstraße gelten. Laut Planung folgen Abschnitte der Saarlandstraße (zwischen Ruhrallee und Märkische Straße), Kreuzstraße (zwischen Hohe Straße und Vinckeplatz), Jägerstraße (zwischen Gronaustraße und Bornstraße), Huckarder Straße (zwischen Franziusstraße und Hülshof), Bärenbruch (zwischen TÜV und Kirchlinder Straße). Außerdem der Vinckeplatz und die Wittekindstraße.
Doch hilft gedrosselter Verkehr tatsächlich gegen Lärm? Dass es in Dortmund zu laut ist, das belegen Daten des Umweltbundesamts: Der Lärmpegel am Wall und in den davon abgehenden Straßen liegt bei über 75 Dezibel am Tag. Zur Einordnung: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, eine durchschnittliche Belastung durch Straßenverkehr von 53 dB (A) tagsüber nicht zu überschreiten.
Lärmpegel senken
Das Umweltbundesamt hat insgesamt rund 60 Straßen in Dortmund identifiziert, wo es zu laut ist. 19 Abschnitte wurden nun aufgrund des gemessenen Lärmpegels und der Wohnbebauung auserkoren für erste Schritte zur Minderung. Bis 2026 will man dort geeignete Maßnahmen umgesetzt haben.
Kann eine ausreichende Reduktion der Geräuschkulisse durch Tempo 30 gelingen?
Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, sagt Wilhelm Deitermann, Pressesprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv).
Deitermann erklärt, dass eine Drosselung von Tempo 50 aus 30 km/h eine Geräuschminderung von bis zu 2 dB ergeben könne. „Dies ist allerdings abhängig von vielen Faktoren, wie der Frage, wie hoch der Lkw-Anteil ist, ob es sich um fließenden oder stockenden Verkehr handelt oder der Struktur der Fahrbahnoberfläche.“
Teilweise zähle zu den nun geplanten Maßnahmen laut Stadt auch, auch die Ampelanlagen anders zu schalten. Durchaus eine gute Idee – denn durch weniger Anfahrtverkehr lässt sich die Lärmbelastung ebenfalls einschränken, sagt Wilhelm Deitermann. Zudem werde der CO₂-Ausstoß gesenkt und Treibstoff eingespart, argumentiert die Stadt.

Die Stadt rechnet mit 2 bis 3 Dezibel Geräuschminderung, in der Spitze sogar mit bis zu 6 Dezibel weniger. Wolle man dieses Maß mithilfe von Verkehrsreduzierung erreichen, dürften nur noch 40 bis 50 Prozent der jetzigen Kraftfahrzeuge auf Dortmunds Straßen unterwegs sein. Das rechnet die Stadt vor. Folgt man dem, heißt das unterm Strich: Entweder 30 km/h für alle – oder weniger Autos in Dortmund. Das scheint hier die unausgesprochene Wahlmöglichkeit zu sein.
Stadt sieht keine Alternativen
Die Stadt indes sieht innerstädtisch keine Alternativen zu Tempo 30, um die Lärmbelästigung zu senken, abgesehen von der erwähnten veränderten Ampelschaltung. „Schallschutzwände und Schallschutzwälle kommen aus städtebaulichen Gründen nicht in Betracht, lärmarmer Asphalt und Schallschutzfenster haben erheblich höhere Kosten und Umsetzungszeiträume bei geringerer Wirkung und können daher nur ergänzend, aber nicht als Ersatz eingesetzt werden“, heißt es in der Begründung.
Laut ADAC lassen sich durch Lärmschutzwände 5 bis 15 Dezibel Geräuschminderung erzielen. Das ist eine Menge, wenn man bedenkt, dass die Dezibel-Skala nicht linear verläuft. 120 Dezibel sind also nicht doppelt so laut wie 60. Das Empfinden ist ein anderes, der Schalldruck aufs Ohr zigfach höher.
Grundsätzlich sei das Empfinden von Lärm subjektiv, sagt Lärmforscherin Brigitte Schulte-Fortkamp. Im Allgemeinen könne man aber sagen, dass sehr laute Geräusche, die über 85 Dezibel lägen und Kommunikation verhinderten, relativ einheitlich als Lärm empfunden würden, wenn es sich um Umgebungsgeräusche handele. Vergleichbar sei dies mit einem dicht vorbeifahrenden Lkw.
Dauerlärm, also auch der laute Stadtverkehr mit über 75 Dezibel in Dortmund, kann krank machen. Konzentrationsprobleme, psychische und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten als Folge von Lärm. Die WHO geht sogar davon aus, dass insbesondere Verkehrslärm für den jährlichen Verlust von mehr als einer Million gesunder Lebensjahre durch Einschränkungen oder vorzeitige Sterblichkeit in Westeuropa verantwortlich ist.
Mit Material der dpa.

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