Ein eher ungewohntes Bild, wenn man samstags in der Innenstadt ist. Alltagssituationen aufbrechen und spontan zum Nachdenken anregen - so lautet eines der Ziele der Inszenierung im Stadtgarten. © Schaper
Gewagte Kunst im öffentlichen Raum
Tanz-Performance am Stadtgarten irritiert und verblüfft Dortmunder
Wenn am Stadtgarten plötzlich Menschen anfangen zu tanzen: In einem Mix aus Tanz, Theater, Sprechchor und Performance machte die Inszenierung „Positionen“ den Stadtgarten zur Bühne.
Samstagnachmittag im Stadtgarten. Gewohntes Treiben der Einkaufbummler, Familien schlendern durch die Wege, ein stetes Ein und Aus an der U-Bahnhaltestelle. Alles wie immer.
Von Weitem sieht man die Gäste einer Hochzeit am Rathaus und so fallen die beiden in Weiß gekleideten Bräute, die an einem Hochbeet sitzen, nicht auf. Dies ändert sich, als weitere Personen auf Bänken plötzlich beginnen zu tanzen oder sich laut zu unterhalten. Dort drei Damen, die sich über das Maskentragen austauschen. Dort zwei Frauen, die mit Musik auf und an einer Bank tanzen und ein paar Meter weiter drei Personen, die mal synchron, mal als Monolog, Fragen zur Freiheit erörtern.
Irritationen und Verwunderung machten sich breit
Viele Passanten bleiben irritiert oder verwundert stehen, einige filmen mit dem Handy mit. Nach etwa 15 Minuten scheint alles vorbei. Doch man hört bereits Musik von der Rückseite des Rathauses.
Dem Blick folgt der Fußmarsch und man erkennt fünf bunte Holzstühle mit fünf Personen – die plötzlich beginnen, auf und mit den Stühlen zu tanzen, zu posen oder in Starre zu verfallen. Die Traube an Neugierigen wird größer und langsam erschließt sich den Zuschauern, dass sie Teil einer Inszenierung sind.
Es ist die Premiere der interdisziplinären Aufführung "Positionen" des Vereins "vier.D", der sich für seine Inszenierung an vier Tagen vier verschiedene öffentliche Orte ausgesucht hat. Dabei finden die Performances explizit ohne Einladung von Publikum statt und leben von den Orten sowie Interaktionen mit Passanten.
Das eigentliche Thema, Haltungen einnehmen und Positionen beziehen mit einem gesellschaftskritischen Blick, wird dabei als künstlerisches Interventionslabor verstanden – und dabei sind die Grenzen zwischen Künstlern und Passanten fließend.
„Der Ort ist für uns ein wichtiger Spielpartner. Und für uns ist das künstlerisch eine sehr spannende Ebene, da jeder Ort anderes ist und wir nicht wissen, welche Situationen entstehen oder wie die Leute reagieren", so Choreografin Birgit Götz.
Fragen und Kritik an die Gesellschaft und den Alltag
An diesem Tag sind es elf Stationen mit elf Aufführungen, die von den Performern Pia Alena Wagner, Constantin Hochkeppel und Thomas Kemper wunderbar in Szene gesetzt werden.
Begleitet werden sie von einem Sprech- und Bewegungsensemble aus über 20 Amateuren und dem „Jungen Ensemble" von vier.D. In einzelnen Beiträgen der Performer und in Gruppenchoreografien mit dem Ensemble werden gesellschaftliche Positionen dargestellt und mit Requisiten wie Bilderrahmen, Kreide oder einem alten Trimm-Dich-Rad umsetzt.
Experiment im öffentlichen Raum
So befasste sich eine Choreografie des Sprechchors mit der Frage „Woran erkennt man die Leute?" und ein weiteres als Solo-Spiel ausgelegt, hinterfragte die Unterschiede von „Heimat" und „Zuhause". So werden gesellschaftliche Themen in die öffentlichen Räume transportiert und gleichzeitig muss sich der Betrachter mit diesen auseinandersetzen.
Eine der elf Stationen war die große, grüne Bank. Auf dieser stellte die Performerin Pia Alena Wagner die Fragen nach Heimat und Zuhause. © Schaper
Die Orte an sich machen das Experiment im öffentlichen Raum aus. Denn die Orte bestimmen die Stimmung, Aktionen der Passanten oder auch die Wahrnehmung und die Reflexion der Aufführung.
Die Grundidee, mit Interventionen im öffentlichen Raum den immer gleichmäßigen Alltagsstrom aufzubrechen, hat im Stadtgarten sehr beeindruckend funktioniert. Der Premiere folgte am Sonntag(23.8.) auf dem Nordmarkt die zweite Aufführung. Am 28. und 29. August kommt es zu zwei weiteren Inszenierungen im öffentlichen Raum – beide im westlichen Teil der Innenstadt an zwei bekannten Orten. Nähere Informationen zu den genauen Spielorten und Uhrzeiten sind der Homepage von vier.D zu entnehmen.
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