
© Dieter Menne (Archiv)
Tafel oder Trog – was Bäcker in Dortmund mit ihrem Überschuss machen
Verschwendung von Backwaren
Dortmunder Bäcker bemühen sich seit Jahren, keine Backwaren wegzuwerfen. Laut einer WWF-Studie sind sie aber gar nicht allein Schuld an der Verschwendung.
Viel zu viel Brot für viel zu wenig Appetit: Laut einer Studie des World Wildlife Fund (WWF) werden in Deutschland zu viele Backwaren verschwendet: insgesamt 1,7 Millionen Tonnen im Jahr. Dabei haben auch in Dortmund viele Bäckereien inzwischen Wege gefunden, ihren Überschuss niedrig zu halten und sinnvoll zu nutzen. Zufrieden ist man beim WWF dennoch nicht: Es bleibe eine Verschwendung eingesetzter Produktionsmittel.
Kunden wollen‘s immer frisch
Die Überproduktion liegt laut Heribert Kamm, Vorsitzender der Bäcker-Innung Ruhr, unter anderem an der Nachfrage der Kunden. „In unserer Gesellschaft will man abends nicht das Brot vom Morgen und morgens nicht die Brötchen vom Vorabend essen“, sagt er.
Doch das heiße noch lange nicht, dass die Bäcker in Dortmund ihre Backwaren verschwenden oder gar wegschmeißen würden. „Ich kenne keine Bäckerei, die ihre Ware nicht wieder dem Kreislauf zufügt“, sagt Kamm.
In den Kreislauf statt in die Tonne
Dem Kreislauf wieder zufügen, das kann heißen, das überschüssige Brot an Bedürftige zu spenden. In Dortmund ist das häufig die Tafel. Sie wird zum Beispiel vom Citybäcker und der Bäckerei Grobe beliefert.

1,7 Millionen Tonnen Backwaren werden laut WWF jedes Jahr verschwendet. Das liegt allerdings vor allem an Privathaushalten. © dpa
Bei Vorwerk hat man ebenfalls eine ganze Zeit lang mit der Tafel zusammengearbeitet. Dann habe es organisatorisch bei der Tafel nicht mehr gepasst, sagt Inhaber Thomas Vorwerk. Er hat für sich und sein Unternehmen eine Alternative gefunden, um nicht verkaufte Ware sinnvoll zu nutzen.
„Wir arbeiten mit Landwirten in der Region zusammen. Die verfüttern zum Beispiel manches an die Schweine“, sagt Vorwerk. Gebe es Bedarf bei der Tafel, würde er aber auch wieder einsteigen. Grundsätzlich versuche man, „die Retouren“ jedoch so gering wie möglich zu halten und möglichst passgenau zu arbeiten. Zum Beispiel würden später am Tag Brötchen nur noch auf Bestellung geschmiert und belegt.
App-Nutzer kriegen Ware abends günstiger
Andere Bäcker und Bistros in Dortmund arbeiten mit der App „Too Good To Go“ zusammen. Läden wie die Backoase im Unionviertel, Moza‘s Bakery im Saarlandstraßenviertel, aber auch die Kette Backwerk bieten dann App-Nutzern ihre Ware gegen Ladenschluss zu vergünstigten Preisen an.
Die sogenannten Retouren zu Tierfutter verarbeiten zu lassen, ist für Kamm ebenfalls eine Möglichkeit, den Überschuss weiterzuverwenden. Das sei auch aus wirtschaftlicher Sicht attraktiver für Händler: „Die Entsorgung muss ich bezahlen, für die Weiterverarbeitung kriege ich sogar noch ein bisschen was“, erklärt Kamm.
Die größten Verschwender sind Privathaushalte
Heribert Kamm weist außerdem daraufhin, dass die Überproduktion von Bäckereien nicht das größte Problem bei der Verschwendung von Backwaren sei. „Die meiste Entsorgung findet in den Haushalten statt!“ Und tatsächlich kommt auch die WWF-Studie zu diesem Ergebnis: 49 Prozent der Verluste von Backwaren, die die Studie beklagt, gehen auf das Konto der Haushalte.
Fast die Hälfte der jährlichen 1,7 Millionen Tonnen werden also in den eigenen vier Wänden weggeworfen oder an Tiere verfüttert - jedenfalls nicht von Menschen verzehrt. Die Retouren von Bäckern machen hingegen „nur“ 36 Prozent aus, der Handel trägt zu 13 Prozent zur Verschwendung bei.
Der Unterschied: Händler und Bäcker kümmern sich häufig darum, den Überschuss noch irgendwie weiter zu verwenden. Im Haushalt landen viele Backwaren vermutlich einfach in der Tonne.
In Lippstadt aufgewachsen, zum Studieren nach Hessen ausgeflogen, seit 2018 zurück in der (erweiterten) Heimat bei den Ruhr Nachrichten.

Leben erleben, mit allem was dazugehört, das ist die Arbeit in einer Lokalredaktion, und das wird auch nach mehr als 30 Jahren niemals langweilig, in der Heimatstadt Dortmund sowieso nicht. Seriöse Recherche für verlässliche Informationen ist dabei immer das oberste Gebot.
