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Energie-Discounter kicken Tausende Dortmunder raus - für die wird’s teuer
Strompreise
Wer in Dortmund für günstige Energie auf einen Stromdiscounter gesetzt hat, wird jetzt oft böse überrascht: Viele Anbieter liefern nicht mehr. Tausende Dortmunder sind betroffen. Für sie wird es teuer.
Kerstin Ramsauer, Umweltberaterin bei der Dortmunder Verbraucherberatung, hat es schnell gemerkt. Als der große, überregionale Stromdiscounter Stromio Mitte Dezember die Stromlieferung an seine Kunden eingestellt hat, klingelte bei ihr das Telefon und lief das Mailfach voll - alles Hilferufe von Dortmunder Kunden, die nicht etwa von Stromio, sondern von der DEW21-Tochter Do-Netz die Nachricht erhalten hatten, dass sie nun ersatzweise vom heimischen Versorger DEW21 beliefert werden.
Die Strompreise in Deutschland sind seit Beginn vergangenen Jahres in die Höhe geschossen. Viele Stromdiscounter mussten schon Insolvenz anmelden oder kündigen, wie jüngst Stromio, kurzerhand die Verträge mit ihren Kunden.
In Dortmund gibt es mittlerweile rund 8000 Haushalte, die im November und Dezember bei Strom und Gas auf kurzem Weg in die Ersatzversorgung von DEW21 gefallen sind, berichtet DEW-Sprecherin Gabi Dobovisek auf Anfrage. Auch die Gaslieferung haben manche Anbieter wie Erdgas.de wegen der Preisexplosion eingestellt. Als Grund- und Ersatzversorger übernimmt DEW21 die Belieferung aller Haushaltskunden in ihrem Versorgungsgebiet, die über keinen aktiven Energieliefervertrag verfügen.
Ersatzversorgung ist deutlich teurer
Plötzlich ohne Strom dazustehen, muss also niemand befürchten. Die Ersatzversorgung allerdings wird für den Kunden teuer. 66,50 Cent (Stand 1.1.2022) kostet die Kilowattstunde im Ersatzversorgungstarif (bei einem Jahresgrundpreis von 150 Euro) – ein Drittel mehr als der DEW-Öko-Tarif „Strom Grün“ für 49,72 Cent pro Kilowattstunde (Grundpreis 180 Euro).
Der Ersatzversorgungstarif sei deshalb so hoch, weil zum einen die Organisation dafür vorgehalten und der Strom am Markt gekauft werden müsse, um die Versorgung sicherzustellen, erläutert Dobovisek.
„Wenn die Kunden wollen, können sie sofort in den Laufzeit-Tarif „Strom Grün“ wechseln“, sagt die DEW-Sprecherin. Allerdings ist dieser Tarif der einzige - und nicht der günstigste, den DEW21 zurzeit für Neukunden anbietet. Andere diverse Anbieter am Markt nähmen gar keine Neukunden mehr auf, so Dobovisek.
„Das ist einfach frech“
Für die Kunden, die einen Vertrag mit Preisgarantie bei Stromio abgeschlossen hatten, wird es nun also teuer. Doch in den vielen Fällen, in denen Stromio die Lieferung einfach eingestellt und den Kunden die Kündigung erst eine Woche später zugestellt habe, sei diese unwirksam, betont Verbraucherberaterin Kerstin Ramsauer: „Man hat in dem Fall das Recht auf Wiederbelieferung.“
Zu dem Gebaren von Stromio sagt ein betroffener Kunde, der unbenannt bleiben will, gegenüber dieser Redaktion: „Das ist einfach frech.“
Kerstin Ramsauer rät dazu, von Stromio die Wiederbelieferung und/oder Schadensersatz zu verlangen. „Es ist ja definitiv ein Schaden entstanden. Auch wenn man die Ersatzversorgung fristlos kündigen kann, ist sie relativ teuer. Die Kunden hatten aufgrund der unangekündigten Einstellung der Stromlieferung nicht die Möglichkeit, sich einen neuen Anbieter zu suchen.“
Die Schadenersatzforderung ergebe sich aus der Differenz zwischen altem und neuem Strompreis bis zum regulären Vertragsende. Die Verbraucherberatung hat für betroffene Stromio-Kunden Musterbriefe ins Netz gestellt unter www.verbraucherzentrale.nrw.
Für DEW21 komplettes Neuland
Sollte von Stromio eine Ablehnung kommen, könnten sich die Kunden an die Energieschlichtungsstelle wenden, rät Kerstin Ramauser: „Aber da sind wir auch behilflich.“
Wer nach der Ersatzversorgung durch DEW21 dort als Neukunde bleiben will, aber in einen preiswerteren Laufzeit-Tarif als den angebotenen „Strom Grün“ wechseln möchte, wird sich gedulden müssen. Dobovisek: „Für uns ist es komplettes Neuland, dass wir die Auswahl unserer Wahltarife drastisch reduzieren und nur noch einen Strom- und einen Erdgastarif anbieten. Wir sind aktuell gezwungen, auf Tagesbasis auf die sich mehr als dynamisch entwickelnden Energiepreise an den Großhandelsmärkten reagieren zu können.“
Sobald es die Marktlage wieder zulasse, plane DEW, so die Unternehmenssprecherin, mit einer Auswahl an Wahltarifen um Kunden in und außerhalb Dortmunds zu werben.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
