„Kommunen können es nicht“ Stromriese Steag wird verkauft - DSW21-Chef Pehlke zieht bitteres Fazit

Abschied von Steag soll DSW21 mehr als 200 Millionen Euro bringen
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Seit 2014 gehört Deutschlands fünftgrößter Kohleverstromer sechs kommunalen Eigentümern aus dem Ruhrgebiet. Angeführt von DSW21, mit 36 Prozent größer Anteilseigner an Steag, haben Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen sowie Oberhausen und Dinslaken insgesamt 1,2 Milliarden Euro für die Übernahme bezahlt. Allein DSW21 hat mit mehr als 200 Millionen Euro das meiste Geld (Eigenkapital) in Steag gesteckt.

Kritiker sahen den kommunalen Ausflug auf die Energiemärkte von Anfang an als hochriskantes Unternehmen und warnten vor einer finanziellen Überforderung. Die neuen Eigentümer hingegen betrachteten den Steinkohleverstromer Steag als Gelddruckmaschine.

Die lieferte in den ersten Jahren auch ab, kam aber im Zuge der Energiewende bald zum Erliegen. Die Stromgewinnung aus Kohlekraftwerken wurde mehr und mehr zum Auslaufmodell – und Steag zwischenzeitlich zum Sanierungsfall.

Nach immer größer werdenden Verlusten einigten sich die oft heillos zerstrittenen Eigentümer, Steag zu verkaufen. Haben sich die Warnungen der Kritiker bewahrheit?

„Die Kommunen sind ein schlechter Eigentümer, sie haben bewiesen, dass sie es nicht können“, räumt jetzt DSW21-Chef Guntram Pehlke ein. Für die Transformation zu Erneuerbaren Energien benötige Steag kapitalstarke Eigentümer. Die Kommunen seien das nicht, sagte Pehlke, der lange Zeit selbst ein leidenschaftlicher Verfechter der Übernahme war.

DSW21-Vorstandsvorsitzender Guntram Pehlke
Die Steag wird verkauft. © dpa

Steag selbst ist inzwischen zu einem Profiteur der Energiekrise geworden. Kohlekraftwerke werden wieder benötigt, zumindest übergangsweise. Durch die Rekordpreise bei Strom und Gas steht der Energieproduzent plötzlich vor einem unverhofften Gewinnsprung auf rund eine Milliarde Euro (operatives Ergebnis). Steinkohlekraftwerke, die aus der Netzreserve zurückkommen, können nun bis Ende März 2024 am Markt bleiben.

Inzwischen geht DSW21-Chef Pehlke sogar davon aus, „dass die Kraftwerke eine Zukunft über 2024 hinaus haben.“ All das spielt den verkaufswilligen Kommunen aktuell in die Karten.

Im Juli soll der Vertrag stehen

In Vorbereitung des Verkaufs haben die Eigentümer das Unternehmen inzwischen in zwei Bereiche aufgespalten. Ihre Maßgabe: Wer den Zuschlag haben will, muss Steag trotzdem als Ganzes übernehmen. Neben dem zukunftsträchtigen „grünen Bereich“ mit den erneuerbaren Energien, muss der künftige Käufer auch den „schwarzen Bereich“ mit dem Steinkohlegeschäft fortführen.

Beide Bereiche könnten danach als Einzelfirmen existieren. Das Interesse von Investoren dürfte aber vor allem dem Zukunftsgeschäft mit den Erneuerbaren gelten.

Der zweistufige Verkaufsprozess startet dieser Tage. Im Juli 2023 soll ein erster Vertrag unterschrieben und Steag bis Jahresende dann endgültig abgestoßen sein. Prasselt dann ein Geldregen auf die kommunalen Eigentümer nieder?

Jedenfalls setzen sie darauf, ohne Verluste aus dem Steag-Deal herauszukommen. Im Falle von DSW21 heißt das: Wenigstens das Eigenkapital von "knapp oberhalb von 200 Millionen Euro", das in Steag gepumpt wurde, soll nach Dortmund zurückfließen – wenn möglich, sogar noch ein bisschen mehr.

Zum Vergleich: In den ersten Jahren nach der der Übernahme hatte sich DSW21 noch über insgesamt 55,7 Millionen Euro Erlöse aus der Steag-Kasse freuen dürfen. In den zurückliegenden Jahren hingegen floss nichts mehr an die DSW21-Zentrale in der Deggingstraße: Die erwirtschafteten Steag-Erlöse reichten gerade, die Bankkredite zu tilgen, die sich die Kommunalen zur Finanzierung des Steag-Kauf besorgt hatten.

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