
© Stephan Schütze
Statt Weihnachtsmarkt-Start: Grablichter in der Dortmunder City
Corona-Ausfall
Auf dem Hansaplatz, wo sonst um diese Zeit das Leben auf dem Weihnachtsmarkt tobt, wurde es am Montag (23.11.) zappenduster. Nur Grablichter flackerten am Boden.
Dieses Jahr ging am Montag nach Totensonntag nicht das Licht an auf dem Hansaplatz, sondern es ging aus. Wo sonst um Punkt 18 Uhr der Oberbürgermeister den größten Weihnachtsbaum der Welt per Knopfdruck zum Leuchten bringt, lässt Patrick Arens, Vorsitzender des Dortmunder Schaustellervereins Rote Erde, die große Lampe auf einem Lkw erlöschen.
Auf dem Pflaster des Hansaplatzes – wie überall dort, wo sonst Weihnachtsmarkt ist – leuchten viele rote Grablichter. Sie zeichnen die Umrisse der Weihnachtsmarkt-Buden nach, aus denen sonst der Duft von Leckereien wie Mandeln und Bratwurst strömte und über denen Stimmengemurmel und Weihnachtsmusik die Luft erfüllten. An diesem Abend aber ertönt nur die Trompete. Gerhard Hans, der Aalmann, spielt „Auld lang syne“, das schottische Lied zum Jahreswechsel.
Wie eine Gedenkstunde
„Es ist heute Abend so wie sonst am 30. Dezember, wenn wir abbauen“, sagt Arens. Die Schausteller machten mit der Aktion am Montag noch einmal auf ihre prekäre Corona-bedingte Situation aufmerksam. Seit einem Jahr sind sie ohne Einkommen, die Absage des Weihnachtsmarktes hat sie besonders schwer getroffen.
„Ohne uns wird‘s dunkel“, steht auf den Plakaten, die Schausteller überall aufgestellt haben. Sie pochen darauf, die Novemberhilfe vom Bund auf Dezember auszudehnen, und auf Gleichberechtigung mit anderen Freizeitangeboten. Die Atmosphäre hatte aber weniger etwas von Protest, sondern eher von einer Gedenkstunde oder gar Trauerfeier.
Zwischen den Reihen der Grablichter stehen die Schausteller, die sonst ihre Stände hier aufgebaut haben. „Von den 97 Weihnachtsmarkt-Ständen, die hier sonst auf dem Hansaplatz stehen, sind fast alle Betreiber da“, berichtet Arens – mit Ausnahme des Standbetreibers aus Südtirol.
Lakritzstand ohne Lakritz
Passanten, die an der Szenerie vorbeikommen, fragen nach, was sie bedeuten soll. Deborah Arens, die in anderen Jahren am Stand Bratwurst und Pommes brutzelt, und Elisabeth Schäfer von der Crêperie Schäfer geben gern Auskunft. Sie stehen hinter einem kleinen Lakritz-Stand, allerdings ohne Lakritz.

Elisabeth Schäfer verkauft sonst Lakritz und Crêpes auf dem Weihnachtsmarkt. © Stephan Schütze
„Wir werden auch oft gefragt, wie es weitergeht bei uns“, erzählt Deborah Arens, die Nichte von Patrick Arens. Beide machen sich Sorgen über die Zukunft. „Wir lassen die Weihnachtszeit auf uns zukommen, aber es ist schon ein beunruhigendes Gefühl“, sagt Deborah Arens.
Um 19 Uhr geht das Licht wieder an. Nüchtern und hell, nicht glitzernd und einladend wie beim Riesenbaum. Arens seufzt: „Wir wollen hoffen, dass wir nächstes Jahr den Baum wieder anmachen.“
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
