
© Stephan Schütze
Bövinghausen: Einkaufsparadies mit vier Schattenseiten
Stadtteilcheck
Es gibt Licht und Schatten. So urteilen die Bövinghauser über ihren Stadtteil. Mehr Sicherheit und Sauberkeit wollen sie. Und mehr Kneipen. Aber in einem Punkt begeistert der Ort alle.
Wer hätte das gedacht? Vor ein paar Jahren mussten die Bövinghauser noch mit ansehen, dass immer mehr Geschäfte schlossen. Die leeren Schaufenster galten ihnen als Beweis, dass es mit ihrem Ort bergab geht. Und heute? Viele Ladenlokale haben neue Pächter. Und auf die Frage, wie es mit der Nahversorgung steht, strecken die meisten Bövinghauser den Daumen nicht ohne Stolz hoch in die Luft. Auch beim Stadtteilcheck dieser Zeitung spiegelt sich das wider. Auf der Skala von eins bis zehn gab es die Höchstzahl. Satte zehn Punkte: Pamela Lukat (41) wundert das kein bisschen. Gemeinsam mit ihrem Mann Oliver (49) und Sohn Yanis (3) wohnt sie an der Bockenfelder Straße. „Einkaufen kann man in Bövinghausen bestens. Früher musste ich für Drogerieartikel bis nach Castrop-Rauxel oder Lütgendortmund fahren“, berichtet Pamela Lukat. „Heute kann ich alles hier bekommen und muss dafür nicht einmal ins Auto steigen.“

Das neue Einkaufszentrum auf der ehemaligen Bahnhofsbrache wirkt sich positiv auf die Provinzialstraße aus. Viele leer stehende Geschäfte haben wieder neue Pächter. © Stephan Schütze
Auch Karl Schwarz, Besitzer eines Reisebüros, spricht von Aufschwung. „An der Provinzialstraße tat und tut sich einiges. Ein Ergotherapeut hat eröffnet, ein neuer Friseur und ein Markisengeschäft“, freut sich Schwarz.
Dass Bövinghausen auf einem guten Weg ist, finden auch Bezirksbürgermeister Heiko Brankamp und seine Stellvertreterin Karin Neumann. Und sie stehen mit ihrer Meinung nicht allein.
Das wurde noch positiv bewertet:
Grünflächen: Hier vergeben die Teilnehmer der Umfrage eine Acht und sind dabei eher kritisch. Denn im Stadtdurchschnitt gibt es neun Punkte für die Grünflächen. Dabei hat Bövinghausen einiges zu bieten. So sehen es auch die Lukats. „Der Dellwiger Wald, das Ölbachtal, der Castroper Golfplatz und der Volksgarten sind schnell erreichbar“, listen die beiden auf. „Man kann hier ohne Ende spazieren gehen und braucht dazu nicht erst ins Auto steigen“.
Wohnen: Sehr gut bewertet wird im Stadtteilcheck auch das Wohnen in Bövinghausen. Mit sieben Punkten liegt der Ort in diesem Bereich sogar einen Punkt über dem Stadtdurchschnitt. Aber in Bövinghausen hat sich auch einiges verändert. Die Provinzialstraße wurde zurückgebaut und im Bereich der ehemaligen Brache wurden alte Mietshäuser abgerissen und durch Neubauten ersetzt. „Es entstanden auch viele schmucke Eigenheime. Eine Entwicklung die dem Ort ebenfalls gut getan hat“, so Bezirksbürgermeister Heiko Brankamp.
Verkehrsanbindung: Hier gibt es ebenfalls acht von zehn Punkten. „Zurecht, man ist von Bövinghausen aus ganz schnell auf der Autobahn“ sagt Oliver Lukat, der in Oberhausen arbeitet. Allein der Takt der Regionalbahn könnte aus Sicht der Lukats höher sein. „Außerdem ist es nicht möglich, spätabends noch mit dem Bus aus der Stadt nach Bövinghausen zu kommen“, sagt Pamela Lukat. „Aber das ist in anderen Vororten ja nicht anders.“ Trotzdem vergaben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage stadtweit im Durchschnitt noch einen Punkt mehr.
Seelsorge: Dass auch die Angebote der Kirchengemeinden mit einer Acht bewertet wird, sorgt für Freude in den Gemeindehäusern. Verwunderlich ist diese hohe Zustimmung aber nicht. So bietet die evangelische Kirche in Bövinghausen nicht nur neue Formen von Gottesdiensten wie die „Blaue Stunde“ an, sondern kümmert sich auch seit Jahren engagiert um Kinder- und Jugendliche. „Dass die Menschen diese Arbeit anerkennen, freut mich riesig“, gibt Pfarrer Michael Mertins von der evangelischen Christus-Gemeinde unumwunden zu.

Mit der Arbeit der Gemeinden, hier ein Foto von der evangelischen Kirche, sind die Bövinghauser zufrieden. © Stephan Schütze
Doch nicht nur bei den Protestanten gibt es ein reges Gemeindeleben. Auch die katholische Gemeinde hat viele Angebote. Dafür sorgt unter anderem seit Jahren die Kolpingfamilie. Sie organisiert Sportangebote für Kinder, regelmäßige Treffen für die Seniorinnen und Senioren oder auch einen Frühschoppen am Sonntag. „Wer wissen will, was im Dorf los ist, der kommt bei uns vorbei“, sagt Peter Rehbein, Kolping-Bezirksvorsitzender und auch Chef der Bövinghauser Kolpingfamilie. Auf ein Bier am Sonntag begrüßt er im Pfarrer-Wefer-Haus in letzter Zeit noch mehr Bövinghauser, denn um die Gaststätten im Ort steht es inzwischen ganz schlecht.
Das wurde negativ bewertet:
Gastronomie: Hier vergeben die Bövinghauser eine Vier und liegen damit drei Punkte unter dem Stadtdurchschnitt. Der Grund: Im Laufe der Jahre verschwanden immer mehr Traditionsgaststätten aus dem Ort: Zuletzt die Brückenschänke und das Haus Windau. Einziger Anlaufpunkt für ein frisches Pils ist inzwischen die Gaststätte „Alt Bövinghausen“. Zu der hat Pamela Lukat eine besondere Beziehung. „Mein Großvater Karl-Heinz Kowalke hat dort einst hinter dem Tresen gestanden“, berichtet sie. Die Ur-Bövinghauserin ist über der Gaststätte groß geworden und wohnt auch jetzt mit Ehemann und Sohn über der Traditionskneipe. „Die heutige Wirtin Wilma Wünsch ist wie eine zweite Oma für mich“, sagt sie. Aber wie lange die letzte Kneipe im Ort noch öffnen wird, weiß sie auch nicht. Denn am Tresen wird schon lange nicht mehr gedrängelt. „Auch ein gemütliches Café fehlt in Bövinghausen“, sagen die Lukats.

Immer mehr Gaststätten verschwinden. Auch die ehemalige Brückenschänke im Ortskern, in der zwischenzeitlich ein Restaurant war, steht leer. © Stephan Schütze
Jugendarbeit: Trotz kirchlichen Engagements gibt es zu wenig Angebote, sagen die Bövinghauser und vergeben vier und damit einen Punkt weniger als im Stadtdurchschnitt. „Für die ganz Kleinen gibt es nichts“, kritisiert auch Pamela Lukat. Zwar hätten die Gemeinden Krabbelgruppen. Aber ein Angebot wie Babyturnen suche man vergeblich.
Die Bezirksbürgermeister glauben hingegen, dass der schlechte Wert mit einem seit Jahren fehlenden Jugendtreff zusammenhängt. „Zum Glück wird sich das in Kürze ändern“, sagt Heiko Brankamp. Denn der neue Treff unter der Turnhalle der Freiligrath-Grundschule soll noch in diesem Jahr eröffnen.
Sauberkeit: Hier gibt es nur eine Vier (drei Punkte unter dem Durchschnitt). Und das trotz des Engagements vieler Bürger wie zum Beispiel von denen in der Interessengemeinschaft Bövinghauser Markt, die sich auch um mehr Sauberkeit im Ort bemühen. Aber einige Bereiche des Ortes, wie zum Beispiel die Brache hinter dem Edeka-Markt, sorgen für einen negativen Eindruck.

Sicherheit: Auch hier gibt es lediglich vier und damit ganze drei Punkte weniger als im Stadtdurchschnitt. Aus Sicht der Polizei ist das ein zu niedriger Wert. Der für Bövinghausen zuständige Bezirksbeamte, Polizeihauptkommissar Papencordt, sagt: „Polizeilich ist es hier in den letzten Jahren eigentlich immer besser geworden. Bövinghausen ist kein Brennpunkt.“ Das belegen auch Zahlen der Polizei. So sank die Zahl der Straftaten kontinuierlich. Waren es im Wachbereich Lütgendortmund, zu dem auch Bövinghausen zählt, 2015 noch 3080 Straftaten, so wurden 2017 lediglich 2014 Delikte gezählt. 2018 waren es von Januar bis September 1989. Sowohl bei Einbrüchen, wie auch bei Raubüberfällen oder Straßenraub sind die Zahlen rückläufig. So gab es 2015 281 Einbrüche, 2017 waren es 130 und in diesem Jahr bis September 87.
„Sicherheit ist ein subjektives Gefühl“
„Allerdings ist das Sicherheitsgefühl ein sehr subjektives“, hat Karin Neumann bei Gesprächen festgestellt. „Positive Zahlen ändern die Empfindung der Menschen nicht.“ Tendenziöse Berichte in den sozialen Netzwerken aber sehr wohl. Und dort, so die Polizei, geht es bisweilen alles andere als sachlich und wahrheitsgemäß zu, wenn es um die Schilderung von Straftaten geht.
Letztlich können es aber auch Einzeltaten sein, die die Stimmung kippen lassen. So kam es in diesem Jahr in Bövinghausen zu einem Tötungsdelikt nach einem Nachbarschaftsstreit. „Solch eine Einzeltat kann, wenn sie sozusagen vor der eigenen Haustür geschieht, ebenso wie ein Einbruch in der Nachbarschaft oder ein Handtaschenraub im eigenen Ortsteil, das Sicherheitsgefühl negativ beeinflussen“, erklärt Polizeisprecher Gunnar Wortmann.
Dennoch: Trotz einer unterdurchschnittlichen Vier ist Bövinghausen wie erwähnt
aus Sicht der Polizei kein gefährliches Pflaster und das Sicherheitsempfinden der Bürger ist auch nicht das niedrigste der Stadt. In Lindenhorst gab es zum Beispiel dreieinhalb Punkte, in Westerfilde sogar nur drei.
Alle Ergebnisse unseres Stadtteilchecks auf einen Blick in unserer Übersichtskarte:
- Bövinghausen wurde im Jahr 880 erstmals urkundlich erwähnt. Zu Dortmund gehört Bövinghausen seit dem 1. April 1928.
- Bövinghausen grenzt an Lütgendortmund und Westrich, aber auch an zwei Nachbarstädte. Im Norden an den Castrop-Rauxeler Stadtteil Merklinde und im Westen an den Bochumer Stadtteil Gerthe.
- Zusammen mit Holte-Kreta ist Bövinghausen der westlichste Vorort Dortmunds.

Diese alte aufnahme zeigt die Bövinghauser Brücke. Links unten rollten noch lange Güterzüge und Fußgänger konnten auch die Straße nutzen. Autos waren noch selten. © Repro Wulff
Für Sie unterwegs im Dortmunder Westen, in den Stadtbezirken Lütgendortmund, Huckarde und Mengede.
