Energiemakler zu Stadtenergie Dortmund „Ärgere mich, dass ich diesen Anbieter vermittelt habe!“

Makler zu Stadtenergie: „Ärgere mich, diesen Anbieter vermittelt zu haben“
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Die Tochtergesellschaft der DEW21, Stadtenergie, die bundesweit Öko-Strom und -Gas zu günstigen Konditionen anbietet, steht heftig in der Kritik. Durch fehlerhafte Abrechnungen soll der Anbieter aus Dortmund in ganz Deutschland bis zu 30.000 Kunden geschadet haben. Einen dieser Kunden hat Energiemakler Frank Schellmann aus Sachsen vermittelt. „Es ist schlimm! Ich ärgere mich, dass ich diesen Anbieter vermittelt habe!“, schreibt er auf dem Internetportal Trustpilot.

Schon bei Vertragsstart sei es zu Problemen gekommen. „Mit der ersten Abrechnung ging der richtige Ärger los“, erinnert sich Schellmann.

Auf Nachfrage der Redaktion bestätigt er die Probleme, die die Kunden mehrfach im Internet schildern. „Mein Kunde hat mehrfach in kürzester Zeit fehlerhafte Abrechnungen zugesendet bekommen“, sagt er.

Diese Abrechnungen, die der Redaktion vorliegen, zeigen ein großes Problem auf: innerhalb von 54 Tagen, vom 3. Juli bis 25. August 2023, hat der Kunde drei verschiedene Rechnungen mit Korrekturen bekommen. „Unerklärlich ist, dass die gezahlten Abschläge, die sich ja nicht von Rechnung zu Rechnung geändert haben, in unterschiedlicher Höhe berücksichtigt wurden. Das deutet auf maximales Daten-Chaos bei Stadtenergie hin“, findet der Energiemakler aus Sachsen.

Mehrere Anfragen ignoriert

Laut Schellmann habe der Kunde, den er über die Internetseite Newssales24 vermittelt hat, durch diese verschiedenen Rechnungen, Gutschriften und Abbuchungen den Überblick über die Richtigkeit der Zahlungen verloren. „Es ist schlichtweg nicht mehr nachvollziehbar“, zieht der Sachse sein Fazit zu den Rechnungen.

Nachdem der Kunde versucht habe, sich an den Versorger Stadtenergie zu wenden und diese die Anfragen ignoriert haben sollen, hat sich der Kunde wieder an Schellmann gewandt. „Auf der Suche nach einem Ansprechpartner landet der Kunde irgendwann beim Vermittler, also bei mir, wenn er solche Probleme hat“, so der Makler.

Vermittler ebenfalls ignoriert

Da Schellmann seinem Kunden helfen und „bei der Erstellung von Anschreiben und Anfechtung der falschen Rechnungen unterstützen“ möchte, begann für ihn die Recherchearbeit. „Es kostet eine Menge Zeit, sich durch die Unterlagen zu ‚graben‘ und alles aufzubereiten. Ich habe mindestens 10 Stunden nur mit diesem einen Fall verbracht“, sagt er. Auch habe Schellmann versucht, mit Stadtenergie Kontakt aufzunehmen.

Doch auch ihn habe der Energieanbieter ignoriert. „Wir haben die Firma Stadtenergie auf allen Wegen kontaktiert: E-Mail, Post, Einschreiben, Portal und per Telefon. Es hat nicht ein einziges Mal eine Reaktion gegeben“, sagt Schellmann. Nun soll sich sein Kunde durch einen Rechtsbeistand vertreten lassen.

Dankbarkeit gegenüber den Kunden

Indirekt hat der Anbieter nicht nur dem Kunden, sondern auch dem Vermittler selbst schaden können. „In so einem Fall kann es für einen Vermittler zu einem massiven Imageschaden kommen, wenn ein Kunde eine absichtlich betrügerische Vermittlung vermutet“, so der Sachse.

Umso dankbarer ist er, dass sein Kunde ihm das nicht vorgeworfen hat. „Zum Glück hatte dieser Kunde großes Verständnis, dass ich keinen Einfluss auf die Bearbeitung von Reklamationen habe“, sagt Schellmann.

Schaden in Millionenhöhe

Wie hoch der Schaden ist, den Stadtenergie verursacht hat, ist zunächst unklar. Annahmen zufolge könnte sich der Schaden in einem „zweistelliger Millionenbetrag im unteren bis mittleren Bereich“ belaufen. Im „Worst Case“ sogar auf bis zu 60 Millionen Euro.

Klarheit soll voraussichtlich Ende Juni herrschen. Bis dahin wollen DEW und die Wirtschaftsprüfer die tatsächliche Größenordnung ermittelt haben. „Wir haben ein hohes Interesse, dass die Vorgänge bei Stadtenergie aufgeklärt werden“, hieß es in einer ersten Stellungnahme von DSW21, Muttergesellschaft der DEW.