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Stadtbeschäftigte – gut genug für Kinder, aber zu blöd für andere Aufgaben?
Meinung
Seit einem Jahr sitzen rund 100 Fabido-Mitarbeiter zu Hause, weil die Stadtverwaltung keine Aufgabe für sie findet. Ein Armutszeugnis für eine Verwaltung mit 10.000 Köpfen, meint unsere Autorin.
115 Beschäftigte der Stadtverwaltung Dortmund gehören zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Ihnen hat das Virus bereits fast ein Jahr „Urlaub“ beschert – bei voller Bezahlung.
Sie gehören zur Risikogruppe, sind aber nicht krank und – arbeitsmedizinisch abgeklärt – grundsätzlich arbeitsfähig. Dort, wo es keinen Kontakt zu Kindern oder Kunden gibt, könnten sie eingesetzt werden. Wurden sie bisher aber nicht. Erst jetzt wurde für eine kleine Gruppe von 20 von ihnen, nach fast einem Jahr Pause von der Arbeit, eine Aufgabe im Sozialamt gefunden. Sie verschicken nun FFP2-Masken an Hartz IV-Empfänger.
„Geht doch“, möchte man da ausrufen. Nur warum hat es so lange gedauert, für 20 Beschäftigte in einer Stadtverwaltung mit rund 10.000 Mitarbeitern, die sich gern als eine der größten Arbeitgeberinnen in der Region rühmt, eine sinnvolle Aufgabe zu finden? Und was ist mit den übrigen 95? Die drehen weiter Däumchen, einige davon vermutlich auch unfreiwillig.
Für andere Aufgaben ungeeignet?
Gleichzeitig wurden aber Bundeswehrsoldaten vom Gesundheitsamt angefordert, um Corona-Kontakte nachzuverfolgen. Ja, auch von den insgesamt 211 nur eingeschränkt einsatzfähigen Fabido-Beschäftigten wurden 54 für den Dienst im Gesundheitsamt abgestellt, beziehungsweise geschult.
Und ja, unter den besagten 115 sind nicht alles Erzieherinnen, sondern auch Reinigungskräfte und Küchenhelfer, doch sollten unter ihnen nicht mehr gewesen sein, die zum Beispiel des Telefonierens mächtig oder für andere Aufgaben geeignet sind?
Für sie würden corona-bedingte Sonderaufgaben „stetig in den Blick genommen“, teilt die Stadt mit. Ein Armutszeugnis nach einem Jahr Pandemie. Ich bin sicher, wenn man in den Ämtern nachfragen würde, fände man Dienststellen, wo angelernte Verstärkung willkommen wäre. Und sei es nur für Botengänge; denn auch die Digitalisierung hat bei der Stadtverwaltung Nachholbedarf.
Personalverwaltung ist zu bequem
So ein Bürobote würde sich auch so bewegen, dass der Mindestabstand in den Amtsstuben gewahrt bliebe, der ebenfalls als Argument dafür herhalten muss, dass die Reservegruppe der 115 bisher zur Untätigkeit verdammt war.
„Uns ist bewusst, dass der Schlüssel zu einer erfolgreichen Verwaltung in der Motivation und Qualifikation unseres Personals liegt“, schreibt die Stadt auf ihrer Homepage. Und weiter: „Wir nehmen dieses Wissen sehr ernst und bieten unserer Belegschaft daher eine intensive Personalbetreuung und -entwicklung.“
Das scheint für die 115 nicht zu gelten. Dabei verweist Personaldezernent Christian Uhr gern und mit Stolz auf das neue Zentrum für Ausbildung und Kompetenzen, kurz ZAK. Die Stadt wirbt mit ZAK im Netz vollmundig um Personal, mit ihren „abwechslungsreichen Tätigkeiten“, einem „riesigen Entwicklungspotenzial“ und „einem wertschätzenden Umgang“.
Nichts mit ZAK
Doch mit zack, zack ist da nichts, was die Fabido-Beschäftigten betrifft. Hält die Stadt sie für zu alt? Oder für zu blöd, um eine andere Aufgabe zu erledigen? Die Personalverwaltung ist wohl eher zu bequem, etwas Adäquates für sie zu finden.
Auch innerhalb der Stadtverwaltung werden Beschäftigte in stark belasteten Ämtern die Faust in der Tasche haben bei dem Gedanken, dass Kollegen schon ein Jahr lang auf dem Sofa liegen. Und wie sehen das die übrigen 2235 Fabido-Beschäftigten, wenn am Montag wieder alle Kinder zur Kita gehen dürfen und sie diesen Ausfall auffangen müssen?
Sicher, man könnte sich auch einfach über die Stadt als großzügigen und sicheren Arbeitgeber freuen nach dem Motto „Man muss auch gönnen können.“ Doch wie würde die Stadt reagieren, wenn ein refinanzierter Kita-Träger seine Kosten so abrechnen würde?
Ja, man kann nicht jeden auf die Menschheit loslassen, aber für die Arbeit mit und bei Kindern waren diese Mitarbeiter bis vor einem Jahr gut genug.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
