Ein schonender Pflegeschnitt sieht anders aus: Uwe Kohlmann neben den Stümpfen der einst stattlichen Hasel. © Michael Schuh
Natur
Stadt fällt 15 Meter hohen Haselnussbaum: „Bedauerliches Missverständnis“
Mitarbeiter der Stadt Dortmund kürzten eine Hasel bis auf den Stumpf, obwohl das gar nicht passieren sollte. „Der Baum war 15 Meter hoch und kerngesund“, sagen verärgerte Anwohner.
Ein ungewohntes Geräusch vernahm Parcival Nieuwenhuis am Morgen des 29. April an der Straße Am Büter in Schüren: In seine Wohnung drang der Lärm mehrerer Sägen. Als der 77-Jährige aus dem Fenster schaute, staunte er über das, was er dort sah.
Eine Gruppe Männer, der Kleidung nach ganz offensichtlich bei der Stadt Dortmund beschäftigt, fällten einen Haselnussbaum am Wanderweg, der hinter Nieuwenhuis’ Wohnhaus verläuft. Der 77-Jährigen war schockiert – und das zu Recht: Denn der Baum sollte gar nicht gefällt werden.
„15 Meter hoch und kerngesund“
Wenngleich eine Hasel zumeist als Strauch bezeichnet wird, spricht der Schürener in diesem Falle ganz bewusst von einem Baum – „und zwar dem größten Haselnussbaum hier in der Gegend. Der war schätzungsweise 15 Meter hoch und kerngesund.“
Anfangs habe er noch gedacht, es handele sich nur um einen Rückschnitt der Äste, doch die Männer, die mit großem Gerät angekommen seien, hätten immer weiter gesägt und geschreddert. Letztlich seien so mehr als zwei Schredderwagen voll mit den Überresten des Baumes abgefahren worden.
Wie Nieuwenhuis wurde auch der im selben Haus wohnende Uwe Kohlmann am 29. April auf die Fällaktion aufmerksam, die er bis heute nicht nachvollziehen kann. „Der Baum war doch überhaupt nicht im Weg“, sagt der 56-Jährige. „Und während der Brutzeit der Vögel geht so etwas schon überhaupt nicht.“
Also setzte sich Kohlmann ebenso wie sein Nachbar mit dem städtischen Grünflächenamt in Verbindung. Doch während Nieuwenhuis nach eigener Aussage nichts Genaues erfuhr, antwortete ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes Uwe Kohlmann am 4. Mai per E-Mail.
Zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt
Leider sei es bei der Ausführung des Auftrages zu einem „sehr bedauerlichen Missverständnis“ gekommen, ist in der städtischen Mail zu lesen. Vorgesehen sei lediglich gewesen, die Erneuerung der Zaunanlage eines Anliegers zu ermöglichen: „Dies ist so vor Ort mit dem Anlieger besprochen und dann entsprechend beauftragt worden. Der durchgeführte Rückschnitt war zu keinem Zeitpunkt so beabsichtigt oder auch eingefordert worden.“
An dem ansonsten von Bäumen und Sträuchern gesäumten Weg klafft dort, wo bis vor ein paar Wochen noch die Hasel stand, nun ein Loch. © Michael Schuh
Man nehme dies jedoch zum Anlass, heißt es in dem Schreiben weiter, „um noch in dieser Woche alle Mitarbeiter eindringlich nachzuschulen, dass keine Rückschnitte, welche gegen § 39 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) verstoßen, ohne Einweisung durch einen Meister durchzuführen sind“. Dies gelte natürlich nicht, wenn die entsprechenden Anordnungen vorlägen – zum Beispiel durch Gefahrensituationen.
Schonender Pflegeschnitt sieht anders aus
Tatsächlich besagt jener Paragraf 39, dass Bäume, die außerhalb des Waldes oder außerhalb von gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, sowie Hecken, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September nicht abgeschnitten werden dürfen. Und bei dem Wanderweg Am Büten handelt es sich weder um einen Wald noch um einen Garten.
Zulässig seien, so das Gesetz weiter, nur schonende Form- und Pflegeschnitte. Doch auch davon kann in Schüren wahrlich keine Rede sein. Von der ehemals stolzen Hasel sind nur noch die Stümpfe übrig, die kaum mehr als einen Meter an Höhe messen. Ein schonender Pflegeschnitt sieht anders aus.
Uwe Kohlmann, der von seinem Fenster aus nun nicht mehr die Vögel und Eichhörnchen in dem Haselnussbaum beobachten kann, schüttelt auch drei Wochen nach der Fällaktion noch den Kopf: „Wo bleibt denn da der Umweltschutz?“
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