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Profi-Koch Pascal Sürig verarbeitet nur Fisch aus Aquakultur: „Frage des Gewissens“
Nachhaltigkeit
Flusskrebse aus Ostdeutschland, Garnelen aus München und Forellen aus Fröndenberg: Eine böse Erfahrung brachte den Dortmunder Spitzenkoch Pascal Sürig dazu, beim Fischkauf umzudenken.
Als Pascal Sürig eines Tages eine Lieferung Flusskrebse öffnete und die Hälfte der Tiere den Transport nicht überlebt hatte, traf der Spitzenkoch eine Entscheidung: Eine derartige Tierquälerei wollte er nicht unterstützen. „Ich esse Tiere, und ich muss dafür auch Tiere töten. Aber das sollte so schnell und schmerzlos wie möglich und ohne vorherige Quälerei passieren.“
Ein Transport in einer viel zu kleinen Kiste, in der die Krebse über- und untereinander liegen und sich gegenseitig die Scheren abzwicken, zählt eindeutig nicht zu einer schonenden Behandlung.
Inzwischen kann Pascal Sürig wieder Flusskrebse servieren. Die Krebse für das zum „Hoesch“ gehörende West Bistro stammen nun von einem Zuchtbetrieb aus Eisenberg in Ost-Deutschland. Die Tiere kommen artgerecht auf Stroh gebettet in dem Restaurant auf Phoenix-West an. Die Lieferung erfolgt innerhalb eines Tages.
Leergefischte Meere zwingen zum Umdenken
Der Koch aus Schwerte weiß gern, wie die Zutaten, die er verwendet, produziert werden. Das gilt für Fisch und Meeresfrüchte ganz besonders. Um nicht zur Überfischung der Meere und Zerstörung des Öko-Systems Ozean beizutragen, hat er einen Entschluss gefasst: Er nutzt ausschließlich Fisch aus Aquakultur. „Die Weltmeere sind zu zwei Dritteln leergefischt“, sagt er. „Das ist nicht verantwortungsvoll gegenüber der Natur.“
Deshalb verzichtet er beispielsweise auf Wildlachs, „obwohl der fantastisch schmeckt und aussieht.“ Es gäbe aber sehr gute Alternativen, beispielsweise aus isländischer Zucht.

Zurzeit kocht Pascal Sürig im Bistro West im Phoenix-Werk – wochentags vegetarisch-vegan, am Samstag ein Menü. © Susanne Riese
Natürlich hätten auch die Zuchtbetriebe unterschiedliche Ökobilanzen und einige Nachteile. Man müsse schon genau hinsehen. Aber für ihn sei die Aquakultur das kleinere Übel. „Grüne“ Zuchtbetriebe arbeiten mit Kreislaufsystemen und minimiertem CO²-Fußabdruck, artgerecht und ohne Antibiotikaeinsatz.
Auch bei Zuchtfisch gibt es große Unterschiede
Für Pascal Sürig ist Fischkauf eine Gewissensfrage, oft hätten „Bio“-Produkte aber auch eine bessere Qualität. So wie die Salzwassergarnelen von einer Farm in Bayern. „Die Garnelen haben ein ganz feines, nussiges Aroma. Die kann man sogar roh essen.“ Die asiatischen Garnelen dagegen sollte man immer sehr gut durchgaren, sonst könne das unangenehme Folgen haben. Sie werden meist gefroren angeboten und als getaute Ware.
Lange Wege zu vermeiden, ist ein besonderes Ziel. Forellen beispielsweise bezieht das „West“ von einem Forellenhof in Fröndenberg, auf den Sürig zufällig gestoßen ist. „Dort war an einem Sonntag eine lange Schlange, das ist immer ein gutes Zeichen.“ Die Forellen vom Bio-Hof Baumüller haben ihn nicht enttäuscht. Sie stehen auch aktuell auf der Speisekarte des Hoesch-Menüs im West.
Bei seinen Bestellungen achtet Sürig, der selbst einen kleinen Fischteich hat, auch auf den Saisonkalender. „Jeder Fisch hat seine Zeit.“

Auch Karpfen sollen zukünftig häufiger auf der Speisekarte stehen. © dpa
Wenn er im Sommer die Küche im neuen Gourmet-Restaurant Werk4 am Phoenix-See übernimmt, wird Pascal Sürig noch tiefer recherchieren müssen, denn dort möchte er mehr heimischen Fisch anbieten. Raubfische wie Zander und Forellen sollen nicht so stark vertreten sein, denn sie vertilgen eine Menge anderen Fisch. Barben und Karpfen hätten eine besser Öko-Bilanz.
Immer auf der Suche nach neuen Anbietern
In der Nähe von Frankfurt hat er bereits einen Züchter für Barmundi aufgetan, eine australische Barsch-Art, die er jetzt ausprobieren möchte. Um solche kleinen Anbieter zu finden, müsse man immer am Ball bleiben.
Bei vielen dieser Fisch-Shops können auch Privatleute einkaufen. Das ist aufwendig und auch kostspieliger als die TK-Ware aus dem Supermarkt. Dort sollte der Kunde auf Siegel achten und sich vorab informieren. Ansonsten gilt für den Profi-Koch: „Einfach bewusst wahrnehmen, was man kauft. Je mehr wir als Verbraucher auf die Ökobilanz und Qualität achten, desto besser wird es werden.“
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
