
Dr. Günter Spranke bezweifelt, dass unter diesem kleinen Spielplatz in Huckarde ein Bodendenkmal schlummert. © Bergmann/privat
Ein sehr hässlicher Dortmunder Spielplatz sorgt für Verwirrung bei Historikern
Funde im Boden
Einer der wohl hässlichsten Spielplätze der Stadt liegt im Dortmunder Westen. Bei Anwohnern sorgt er für Ärger, weil sich dort die Trinkerszene trifft. Bei Historikern dagegen stiftet er Verwirrung.
Manche Huckarder werden den Platz gar nicht als Spielplatz erkennen. Denn außer Betonplatten, Bänken und einem Abfalleimer hat er kaum etwas zu bieten. Den Anwohnern ist die abgeschiedene Ecke an der Marienstraße/Ecke Kirchplatz ein Dorn im Auge, weil sie von der Huckarder Trinkerszene vereinnahmt worden ist.
Viele fragen sich, wann die Ecke endlich umgebaut wird. Die bisherige Antwort der Verwaltung lautet: Der kleine Platz sollte im Zuge des Neubaus des Kirchplatzes umgestaltet werden. Doch da einige Privatgrundstücke bis in die Straße reichen, müssen einzelne Grundstücksteile vor einer Baumaßnahme erstmal von der Stadt aufgekauft werden. Ein langwieriger Prozess.
Bodendenkmal unter dem Spielplatz
Und vielleicht auch gar nicht mehr zielführend? Denn jetzt ist die Stadt Dortmund auf ein Problem gestoßen, das eine mögliche Baumaßnahme vielleicht sogar unmöglich macht. Denn laut der Denkmalliste der Stadt Dortmund ist an der Marienstraße, offenbar direkt unter dem Spielplatz, ein sogenanntes Bodendenkmal verborgen.
In der Liste der Bodendenkmale steht unter Punkt „009“, dass sich im Boden Reste des sogenannten Oberhofes Huckarde befinden. In einem Schreiben der Stadt steht: „Unter Flur haben sich zahlreiche bauliche Strukturen der Burganlage (einschließlich Wohn-, Wirtschafts- und Gesellschaftsgebäude) bzw. des Oberhofs der Anlage und der Kirche erhalten. Darunter sind neben Mauern auch Gräben, Gruben, Latrinen etc. zu verstehen.“
Eine Burg in Huckarde
Spuren aus dem Mittelalter, die direkt unter dem Beton des Spielplatzes liegen? Ein faszinierender Gedanke. Doch Kenner der Huckarder Geschichte sind irritiert. Heimatforscher Peter G. Henning antwortete, als er die Nachricht hörte: „Es gab nie eine Burg in Huckarde“.
Dass es an der Marienstraße seit dem Jahr 950 einen Oberhof gab, sei bekannt, so Hennig. Dieser Oberhof soll aber 50 Meter weiter gelegen haben, dort wo heute der Drogeriemarkt dm liegt.
Mittelalterlicher Oberhof in Huckarde
Damals zahlten die Bauern ihre Steuern in Form des „Zehnten“ an den Besitzer des Landes, ein Kloster in Essen. Der Oberhof in Huckarde war Sammelstelle für 50 Höfe. Henning kann sich nur vorstellen, dass auf Höhe des Spielplatzes mal eine Scheune gestanden hat.
Nur ein historisch wichtiges Gebäude ist an dieser Stelle wirklich belegt. Und zwar das alte Amtshaus von Huckarde aus den 1850er Jahren. „Da waren Schule, Verwaltung, Polizei und später Bibliothek drin“, berichtet Dr. Günter Spranke, ebenfalls Heimatforscher.
Altes Amtshaus abgerissen
Das Gebäude sei 1958, als das heutige Amtshaus gebaut wurde, abgerissen worden, weil es in die Marienstraße hineinragte und das Verlegen gerader Rohrleitungen verhinderte.
Die beiden Forscher sind sich einig, dass dieses Gebäude genau auf Höhe des Spielplatzes stand. Damit stellen die beiden in Frage, dass es an dieser Stelle historisch wertvolle Überreste im Boden gibt.
Dr. Spranke zweifelt daran, dass sich der Bodendenkmaleintrag 009 wirklich auf die Marienstraße / Ecke Kirchplatz bezieht. „Das müsste man überprüfen“.
Holger Bergmann ist seit 1994 als freier Mitarbeiter für die Ruhr Nachrichten im Dortmunder Westen unterweg und wird immer wieder aufs neue davon überrascht, wieviele spannende Geschichten direkt in der Nachbarschaft schlummern.
