Ein interaktives Theaterstück zum Thema Mobbing unter Schülern? Eines, das Kinder zum Mitmachen einlädt und Handlungsmöglichkeiten aufzeigt? Aber gerne, her damit!
Das Stück heißt „Spaaass! Wer bestimmt, was lustig ist?“, gespielt wird es am Dortmunder Kinder- und Jugendtheater an der Sckellstraße. Das Stück ist großartig lebendig und anschaulich, wie am Freitag auf der Premiere zu sehen war.
Regisseurin Johanna Weissert bringt den Text aus der Feder von Christian Giese mit fünf Darstellern auf die Bühne. Vier spielen Schüler, Rainer Kleinespel gibt einen Lehrer, dazu den Moderator, der Kinder im Saal ermuntert, ihre Ideen einzubringen.
Denn das ist ja das Schöne an „Spaaass“: Der Zielgruppe wird kein fertiges Produkt vorgesetzt, dies ist kein Frontalunterricht in Sachen Mobbing, sondern ein offenes Experiment, dessen Verlauf von den Kindern gesteuert und beeinflusst wird.
Wir sehen also ein Schülerquartett, 12, 13 Jahre alt, das vor und während des Sportunterrichts redet, lacht und scherzt, bis der „Spaaass“ ins Rabiate verunfallt.
Bruno (Jan Westphal) wird von Thilo (Thomas Ehrlichmann) getriezt, bedrängt und in den Schwitzkasten genommen. Sophie (Wenja Imlau) bleibt passiv. Jana (Bianka Lammert) schießt ein Foto von Brunos nacktem Hintern, Thilo droht, das Bild bei TikTok einzustellen.
Was ist eben in vier Spielszenen passiert? Rainer Kleinespel lässt die Zuschauer analysieren, welcher Schüler in welcher Rolle steckte. Manchmal gehen zehn, zwölf Hände für Wortmeldungen hoch.
Wer den Schaumstoff-Würfel fängt, spricht ins eingebaute Mikrofon: „Es gab eine Eskalation.“ „Thilo war der Mobber, Jana Mitläuferin.“ „Bruno ist der Gemobbte.“ „Sophie hat gar nichts gemacht.“
Impro-Theater und Psychologie
Der Moderator fasst zusammen, ordnet die Beiträge ein. Wieder sind die Kinder gefragt: An welcher Stelle kippte die Situation? Hätte Sophie eingreifen können?
Hilfreich für die Analyse ist der starke Einfall, Szenen vorspulen oder einfrieren zu lassen. Toll, wie die Darsteller das umsetzen! Im Zeitraffer ruckeln die Köpfe, Dialoge werden zu Geschnatter. Da wiehert der Saal, weil es so gekonnt grotesk wirkt.
Per Buzzer wird der „Film“ gestoppt. Sichtbar wird, was vorher nicht zu sehen war: Reagiert Thilo aggressiv, weil er nur Randfigur war, als ein Fernglas kreiste? Auch die emotionale Grundierung und Motivation der Figuren wird erforscht. Und was hat der Lehrer falsch gemacht?
„Spaaass“ funktioniert auf vielen Ebenen, als Impro-Theater zu Mobbing-Mechanismen, Anti-Aggressionstraining, Psychologie-Kurs, Anleitung zur Deeskalation. Das Stück macht Schüler fit, unterhält aber auch glänzend.
Großes theaterpädagogisches Tennis, zu sehen am 26. u. 28. Februar, am 1., 10. und 14. März.
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