Skandal um Scheinimpfungen Arzt zieht Geständnis zurück – Vergleich mit „Oskar Schindler“

Skandal um Scheinimpfungen: Arzt zieht Geständnis zurück
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Voll auf die Bremse – und alle Uhren zurück auf null: Im Prozess um knapp 600 Corona-Scheinimpfungen in einer Praxis im Paulusviertel hat der zuletzt in Dortmund-Oespel wohnende Arzt (66) am Bochumer Landgericht sein erst kürzlich abgelegtes, tränenreiches Geständnis für ungültig erklären lassen. Zuvor hatte der umstrittene Mediziner bereits die Vorsitzende Richterin als befangen abgelehnt.

Radikale Kehrtwende

Hintergrund für die radikale Kehrtwende ist ein Wechsel der Verteidigungsstrategie. Sowohl der angeklagte Arzt, als auch die wegen Beihilfe mitangeklagte Sprechstundenhilfe (56) aus Herten haben ab sofort einen zusätzlichen Verteidiger an ihrer Seite sitzen. Es sind damit inzwischen jeweils drei.

Der jetzt neu hinzugezogene Anwalt des Arztes, ein bekennender Impfkritiker und Redner auf Kundgebungen gegen Corona-Maßnahmen, ließ sofort durchblicken, dass er in dem Scheinimpf-Skandal kein strafbares Verhalten verwirklicht sieht.

Arzt mit „Oskar Schindler“ verglichen

Über einen verlesenen Gesprächsvermerk von einem überwachten Besuch im Gefängnis am 14. Februar wurde bekannt, dass der neue Anwalt den Recklinghäuser Arzt vielmehr mit einem Retter wie „Oskar Schindler“ vergleicht. Was den Arzt wiederum „sehr gefreut hat“, wie es in dem Vermerk hieß.

Der Unternehmer Schindler hatte im Zweiten Weltkrieg mehr als 1000 jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung in Konzentrationslagern beschützt. Im Fall des Arztes soll offenbar auf den „Schutz“ Hunderter Patienten vor der SARS-CoV-2-Impfung (durch Scheinimpfungen) abgestellt werden.

Als der angeklagte Arzt am Mittwoch (15.2.) von zwei Wachtmeistern in den Saal geführt wurde, würdigte der 66-Jährige sein bisheriges Verteidiger-Duo kaum eines Blickes. „Das Vertrauensverhältnis ist zerstört“, erklärte der neue Anwalt.

Dass von der bisherigen, sachorientierten Verteidigungslinie nichts mehr übrigbleiben soll, wurde schnell klar.

Die auf Initiative der Alt-Verteidiger mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft getroffene Verständigung über den Strafrahmen von maximal dreieinhalb Jahre Haft wurde durch die neue Verteidigung unverzüglich „aufgekündigt“.

Folge: Das Tränen-Geständnis des Arztes („Ich bekenne mich schuldig, Patienten Impfbescheinigungen ausgestellt zu haben, ohne sie geimpft zu haben. Das war falsch und verantwortungslos.“) ist ab sofort nicht mehr verwertbar.

Corona-Impfstoffdosen in einer Produktionsanlage.
Der angeklagte Mediziner soll Hunderte Dosen Impfstoff vernichtet haben. © dpa

Offiziell setzt die neue Verteidigung zwar vorerst auf ein Schweigen zu den Vorwürfen. Die Zielrichtung wurde dennoch erkennbar. „Die Anklage basiert auf falschen Annahmen. Es wird am Ende nichts übrigbleiben“, hieß es. Was kaum anders zu verstehen ist, als: Das Ziel ist ab sofort nur noch ein Freispruch.

Vor der 12. Strafkammer läuft nun alles auf einen zeitaufwendiges, konfrontativ geführtes Langzeit-Verfahren hinaus. In Serie stehen Zeugenvernehmungen aus dem Kreis der Patienten des Arztes bevor. Gegen Hunderte von ihnen waren wegen falscher Impfzertifikate separate Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Zahlreiche Verfahren sind bereits gegen Geldauflagen eingestellt worden.

Staatsanwältin Nina Linnenbank wirft dem auf Naturheilkunde spezialisierten Arzt mindestens 589 Corona-Scheinimpfungen bis Januar 2022 vor. Der 66-Jährige soll nur die Original-Chargenaufkleber in die Impfpässe von Patienten geklebt, tatsächlich aber keine Injektion durchgeführt und die Vakzine am Ende sogar vernichtet haben. Corona-Impfungen bei Kindern sollen durch Kochsalz-Injektionen vorgetäuscht worden sein.

Zuletzt war bekannt geworden, dass in 201 Fällen körperliche Untersuchungen bei (mitverdächtigen) Patienten durch Blutabnahmen durchgeführt worden sind. Das Blut war in einem Dortmunder Labor auf SARS-CoV-2-Antikörper untersucht worden. Ergebnis: In allen 201 Fällen ließen sich im Blut der Patienten keine Antikörper finden.

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