„Alle Einsatzkräfte von Polizei und Ordnungsamt ziehen sich zurück auf die Katharinenstraße“ – diese Anweisung hatte es schon 20 Minuten vor Mitternacht gegeben. Längst schon war auf der Kampstraße klar: Die Lage vor der Petrikirche ist nur noch sehr schwer unter Kontrolle zu halten.
Schon den ganzen Abend über waren einzelne Böller geflogen – auch hier in der Böllerverbotszone. Dann schritten die gemeinsamen Gruppen von Polizei und Ordnungsamt ein: rasch hin, ermahnen oder Personalien aufnehmen, übrige Raketen und Böller abnehmen, in eigens bereitgestellte Wasserkanister versenken und somit unschädlich machen. Doch nach 23 Uhr wurde es voller und voller.
Böllerverbot nicht durchsetzbar
Hunderte strömten hierher, viele mit reichlich Feuerwerk. In einzelnen Fällen half noch ein freundlicher, aber deutlicher Hinweis der Polizisten. Eine Familie etwa zog mit ihren Knallern und Raketen einige Meter weiter Richtung Wall und machte gegen 23.30 Uhr weiter auf dem breiten Bürgersteig der Kampstraße.
Doch das blieb die Ausnahme – und immer mehr Menschen strömten vor die Petrikirche. Ein Durchsetzen der Böllerverbotszone an dieser Stelle bis 2 Uhr morgens, wie eigentlich verfügt? Nicht mehr realistisch. Also gab es eine Durchsage:
„Sie befindet sich in einer Pyro-Verbotszone. Die Stadt Dortmund hat eine Allgemeinverfügung zum Verwendungs- und Abbrennverbot von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie zwei [...] erlassen.“ Anderthalb bis zwei Minuten später zogen die meisten Menschen weiter Richtung U-Turm.
Raketen gegen Hausfassaden
Dass dabei in der Menge Böller geworfen wurden, dass Raketen an die Hausfassaden flogen, dass viele zurückspringen mussten, wenn vor ihnen Feuerwerk meterhoch aufglitzerte – all das geschah nicht in einer Verbotszone, also auch nicht vor den Augen der Ordnungshüter.
„Provokateure“ in der Menge
„Wir konnten 90 Prozent des Feuerwerks, das sonst hier abgebrannt wäre, verhindern – aber leider keine 100 Prozent“, bilanzierte später Dortmunds Ordnungsdezernent Norbert Dahmen zur Situation vor der Petrikirche. „Die Leute konnten sich andere Orte suchen.“ Was allerdings nicht alle getan hätten.
„Es gab einige Provokateure, die sich hier durchs Publikum verteilt haben“, gab Dahmen das wieder, was Polizei und Ordnungsamt beobachtet hatten. Ein Mann, der „ganz gezielt“ in die Menge geworfen habe, sei festgenommen worden. Es gab Platzverweise und Verwarnungen. Und an diesem Punkt war die Stimmung explosiv.
Ordnungskräfte bedrängt
Als Reaktion auf die Festnahme und weitere Maßnahmen stürmten Dutzende Männer auf die Gruppe von Polizei und Ordnungsamt zu, die daraufhin vor dem DSW21-Servicecenter festsaß. Mit gezückten Handys wurde vielfach gefilmt, wie sich die Ordnungshüter verhielten.
Bei den stärksten Provokationen reagierten die Einsatzkräfte. Auch als ein Kind Gesichtsverletzungen durch einen Böller hatte, rannte man schnell hin und half. Ansonsten aber blieb man stehen. Eingekesselt zwar, aber ruhig und aufmerksam.
Keine Eskalation wie in Hagen
Anders als in Berlin, in Essen, Bochum oder Hagen ging es in Dortmund nicht weiter mit gezielten Angriffen auf Polizisten oder Vertreter des Ordnungsamtes. Auch wenn weiter Böller flogen, auch wenn das in der Menschenmenge geschah – je näher 0.30 Uhr rückte, desto leerer wurde es vor der Petrikirche.
Stattdessen wurde anderswo in der Stadt weitergeböllert. An den meisten Orten war es ja auch erlaubt. Die beiden Böllerverbotszonen hatte die Stadt Dortmund nur für Orte verfügt, an denen Fluchtwege zu eng waren – wie auf der Katharinentreppe oder auf dem Alten Markt – sowie um die zentralen Kirchen herum. Im Bereich von Gotteshäusern herrscht in Deutschland ohnehin ein generelles Feuerwerks-Verbot.Die Situation an der Kampstraße im Video

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