
Profi-Tuner Sidney Hoffmann (l.) hat sich mit Mobilitätsplaner Andreas Meißner über Kraft- und Radverkehr in Dortmund ausgetauscht. © Kevin Kindel
TV-Tuner Sidney Hoffmann: „Ich fahre am liebsten mit dem Auto ins Geschäft rein“
Mit Video
Im April gab es eine öffentliche Diskussion, jetzt hat Dortmunds Mobilitätsplaner Andreas Meißner den TV-Tuner Sidney Hoffmann zu einer Rundfahrt eingeladen. Im Video sprechen sie über die Tour.
Ich bin einfach ein fauler Typ“, sagt Sidney Hoffmann ganz offen: „Ich fahre am liebsten mit dem Auto ins Geschäft rein.“ Aber man könne ja auch vom Park-and-Ride-Platz bequem mit der Bahn in die City fahren, wird entgegnet. Hoffmann macht instinktiv einen Schritt weg von der Gesprächsrunde und winkt ab, weicht diesem Vorschlag ganz buchstäblich aus, als sei eine Wespe auf ihn zugeflogen oder als sei jemand mit der Schere in die Nähe seiner langen Haare gekommen.
Der Tuning-Profi, der aus verschiedenen TV-Serien bekannt ist, hat sich am Mittwoch (27.7.) stundenlang mit Dortmunds Mobilitätsplaner Andreas Meißner unterhalten. Bei einer Podiumsdiskussion beim E-Bike-Festival war die Idee entstanden, gemeinsam durch die Stadt zu fahren und besondere Projekte für den Radverkehr anzusehen - übrigens in einem Elektro-betriebenen VW Bulli von DEW21.
Hoffmann ist Auto-Fan und arbeitet in der Kfz-Branche. „Ich fahre auch gerne Fahrrad“, sagt der 42-Jährige: „Ich sehe beide Welten. Aber ich hab die Auto-Brille auf.“ Ihn ärgere vor allem, wenn neugebaute Radwege viel Platz beanspruchen aber nur sehr selten genutzt werden.
Die Stadt Dortmund antwortet darauf: „Angebot schafft Nachfrage“, wie Sprecher Christian Schön es formuliert. Man gehe davon aus, dass auf der Großen Heimstraße im Kreuzviertel im Schnitt etwa doppelt so viele Fahrräder unterwegs seien, seit sie zur Fahrradstraße umgebaut worden ist, ergänzt Andreas Meißner.
Nach ihrer Rundfahrt standen die Beteiligten für ein Interview bereit. Und sie machten nicht den Eindruck, als habe es ein Streitgespräch gegeben, sondern einen interessierten Austausch zwischen zwei verschiedenen Standpunkten.
Der Termin habe durchaus für mehr Verständnis gesorgt, erzählt Sidney Hoffmann: „Es gab verschiedene Aha-Momente.“ Einige Begründungen für Baumaßnahmen seien ihm vorher nicht bewusst gewesen, sagt er zum Beispiel.
Verständnis für größeren Platzbedarf von Zweirädern
Er sei zwar weiterhin kein Fan von Lastenrädern, aber es sei eindeutig, dass sie genau wie schnellere Pedelecs und E-Bikes mehr Platz brauchen als herkömmliche Fahrräder. Die Kommunikation sei ihm bei solchen Projekten wichtig, sagt Hoffmann: Man könne alternativen Verkehr viel positiver bewerben anstatt mit Fahrverboten für Autos zu drohen.
Viele Autofahrer haben offenbar die Wahrnehmung, ihnen werde mit der Verkehrswende etwas weggenommen. Dem Ausbau des „Radwalls“ mit breiten roten Radwegen sind bislang beispielsweise rund 200 Auto-Stellplätze zum Opfer gefallen.
Den Ärger darüber könne er schon ein Stück weit verstehen. Aber: „Seit 30 Jahren wurden hier in Dortmund die Parkgebühren nicht erhöht“, sagt Hoffmann nach der Rundfahrt: „Und wir haben zahlreiche Parkhäuser, die einfach nicht ausgelastet sind.“ Ohne Probleme könne man im City-Bereich die weggefallenen Stellplätze kompensieren. In Wohngebieten wie dem Gerichtsviertel, ohne große Parkhäuser, sei das jedoch anders.
Wichtig sei ihm die Eigenverantwortung aller Verkehrsteilnehmer, rücksichtsvoll miteinander umzugehen. Hoffmann selbst sei „ein sehr passiver Fahrradfahrer“, weil er versuche, den Autos genug Platz zum Überholen zu geben. Auch wenn er auf dem Motorrad sitze, ziehe er immer lieber zurück statt in gefährliche Situation zu geraten - egal, wer Schuld an einem Unfall hätte. „Als Radfahrer darf man nicht auf seinem Recht beharren“, meint der Dortmunder.
Verschiedene Projekte sind in Arbeit
Es ist jedoch das erklärte Ziel der Stadtverwaltung, diese schwachen Verkehrsteilnehmer zu stärken und ihre Quote zu erhöhen. Und dafür arbeitet Andreas Meißner mit seinem Team an weiteren Umbau-Maßnahmen in Dortmund.
Der Radwall werde weitergeführt, Routen in die verschiedenen Stadtbezirke werden entwickelt. „Die Fahrradstraßen haben noch Lücken, die müssen verknüpft werden“, sagt Meißner. Außerdem warte der Radschnellweg 1, zu dem die Große Heimstraße gehört, auf seine Verlängerung.
Andreas Meißner betont, dass die Stadtverwaltung die Interessen aller Menschen in Dortmund berücksichtigen wolle: „Wir müssen viel erklären und unsere Planung verständlich machen.“ So wie beim Termin mit dem prominenten Multiplikator.
Nach seiner Utopie gefragt, wie der Verkehr in der Innenstadt zukünftig aussehen soll, sagt Sidney Hoffmann: „Ich sehe ein Fahrrad, ich sehe ein Auto, einen Lkw, der etwas anliefert, da sehe ich U-Bahnen. Da sehe ich einfach alle.“ Vor allem wünsche er sich, Denkweisen mit Tunnelblick abzulegen und kein Prinzip mit dem Brecheisen durchsetzen zu wollen.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
