Die Linienstraße ist Dortmunds Bordellstraße. Seit Mitte März die Prostitution untersagt wurde, ist es hier ruhig und die Straße leer. © Archiv
Prostitution und Corona
Sex-Angebote im Netz – Das allein ist „kein Verstoß gegen die CoronaSchVO“
Rund 2000 Prostituierte arbeiteten, so schätzt die Mitternachtsmission, vor der Corona-Krise in Dortmund. Das ist jetzt verboten – Sorgen macht man sich bei der Mitternachtsmission dennoch.
Andrea Hitzke leitet die Dortmunder Mitternachtsmission, eine Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel. Die Mission ist aktuell geschlossen, beraten wird dennoch. Denn nur, weil etwas verboten ist, verschwindet es nicht.
„Die Bordellbetriebe sind zu“, sagt Hitzke. Was illegal passiert, wisse man nicht – man könne davon ausgehen, dass auch im Moment noch Prostitution in Dortmund stattfände. Auch wenn die Frauen Angst vor einer Ansteckung mit Covid19 hätten.
Viele Anfragen, wann es wieder losgehen könnte
Dass der Druck groß ist, wieder arbeiten zu können, merken die Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission. Viele Anfragen gebe es, wann das Verbot der Prostitution wieder aufgehoben wird.
Eine Antwort darauf kann die Mitternachtsmission nicht geben. Die Stadt wiederum führt laut eigener Auskunft regelmäßige Kontrollen in den „bekannten Prostitutionsbetrieben“ durch. Bisher habe es keine Beanstandungen gegeben.
Im Internet noch diverse Angebote
Wer sich im Internet auf einschlägigen Seiten umschaut, findet auch derzeit Anzeigen, in denen Sexarbeiterinnen ihre Dienste anbieten. Nicht bei allen steht, dass die Dienstleistungen ausgesetzt sind.
Laut der Stadt verbindet sich damit allein „kein Verstoß gegen die CoronaSchVO, da lediglich die Ausübung der Prostitution untersagt“ sei. Auch hätten die „Prostituierten in den meisten Fällen langfristige Verträge mit den jeweiligen Anbietern der Internetseiten geschlossen und wollen dementsprechend auch die bereits bezahlte Leistung in Anspruch nehmen“.
Große Sorgen um die Armutsprostituierten
Rund 2000 Frauen gingen vor der Corona-Krise in Dortmund der Prostitution nach, schätzt Hitzke. In Bordellen. Auf dem verbotenen Straßenstrich. In Clubs oder Privatwohnungen.
Frauen seien darunter, die gelegentlich arbeiten und etwa bei Messeveranstaltungen in die Stadt kommen. Und auch ein nicht unerheblicher Teil an Armutsprostituierten aus Rumänien oder Bulgarien. Diese Klientel ist es, um die sich die Mitternachtsmission im Moment am meisten sorgt.
608 Prostituierte in Dortmund registriert
Bei der Stadt sind 608 Prostituierte nach dem Prostitutionsschutzgesetz registriert. Laut einem Stadtsprecher dürfte die Gesamtzahl aber „deutlich höher“ liegen. So dürfen auch in anderen Kommunen registrierte Frauen in Dortmund arbeiten. Andererseits, das ist die Erfahrung der Mitternachtsmission, sind längst nicht alle Frauen registriert.
Betteln statt prostituieren
„Wir stehen mit rund 50 Frauen in Kontakt“, sagt Hitzke. Streetworking wie in Vor-Corona-Zeiten sei das nicht, aber die Menschen bei der Mitternachtsmission rufen Frauen an oder suchen sie an den Orten auf, wo sich diese Frauen befinden.
Hitzke hat das auch schon getan, dabei wurde sie Zeugin, wie eine Frau versuchte, durch Betteln an Geld zu kommen. Erschütternd sei gewesen, zu sehen, wie die Menschen ausweichen und weglaufen, da sie sich nicht anstecken wollen.
Spenden für Spenden
Die Mitternachtsmission versorgt diese Frauen mit dem Notwendigsten, da sie, wie Hitzke sagt, sonst gar nichts bekommen. Um das zu tun, ist die Mitternachtsmission auf Spenden angewiesen.
„Was ganz gut läuft ist die Versorgung der Frauen, die ihre Tätigkeit regulär angemeldet hatten.“ Die würden durch das Jobcenter versorgt, einige hätten sogar Soforthilfe bekommen.
Viele Frauen wären auch zu Beginn der Pandemie in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Andere würden von Ersparnissen leben. Doch gibt es einen nicht unerheblichen Teil, der schon vor Corona prekär lebte und dessen Situation nicht besser geworden ist. Diese Frauen seien nicht krankenversichert und könnten, auch wenn sie wollten, sich nicht einfach krankenversichern lassen. „Rückwirkend müssen diese Frauen Beiträge zahlen, die sind oft unüberwindbar hoch“, so Hitzke. Das Problem habe schon vor Corona bestanden. Nur zeigten sich die Folgen jetzt noch deutlicher.
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