Selbsttests für Schüler: Warum Dortmund das gesamte Konzept kritisiert

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Selbsttests für Schüler: Warum Dortmund das gesamte Konzept kritisiert

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Alle Schulen sollen mit Selbsttests auf Covid-19 ausgestattet werden. Doch schon vor dem ersten Abstrich stellen Dortmunder Gewerkschafter, Schulleiter und Elternvertreter das geplante System infrage.

Dortmund

, 18.03.2021, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wöchentliche Schnelltests für alle Schülerinnen und Schüler sind Teil der Öffnungsstrategie des NRW-Schulministeriums.

Das Problem: Die Tests sind noch nicht da. Es könne bis Anfang nächster Woche, also bis mindestens 22. März dauern, bis alle Schulen versorgt sind, ließ das Schulministerium verlauten.

Tests werden erst am Donnerstag verschickt

Ursprünglich sollten die rund 1,8 Millionen bei der Firma Roche bestellten PoC-Tests am Dienstag (16.3.) auf den Weg gehen. Nun startet die Auslieferung erst am Donnerstag (18.3.).

Unabhängig davon, wie der in Dortmund zuletzt entbrannte Streit über Schulschließungen ausgeht, ist der letzte Schultag vor den Osterferien der 26. März (Freitag). Vor Beginn der Ferien, so die Vorgabe des Ministeriums, muss jeder Schüler einmal getestet worden sein.

Aus Sicht von Volker Maibaum, Vorsitzender der Gewerkschaft Bildung und Erziehung GEW in Dortmund, ergibt das wenig Sinn. „Es gibt sehr viele Bedenken, was das Organisatorische und das Rechtliche angeht, und bei der Frage, wie bei einem positiven Ergebnis zu reagieren ist.“

Schulleiter über die Anleitung zum Testen: „Abenteuerlich“

Die Schulmail, die Mathias Richter, Staatsekretär im NRW-Schulministerium, verschickt hat, gleicht einer Gebrauchsanweisung für medizinisches Material.

„Daraus das Wesentliche für die Eltern zu extrahieren, ist abenteuerlich“, sagt Christof Nattkemper, Direktor des Goethe-Gymnasiums in Hörde. Die Teilnahme an den Testungen ist nicht verpflichtend. Auch ohne Test dürfen Kinder und Jugendliche weiterhin am Präsenzunterricht teilnehmen.

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„Um alle Schüler im Wechselunterricht regelmäßig zu testen, muss ich verlässlich wissen, ob mir ausreichend Material dafür zur Verfügung steht“, sagt Nattkemper.

Zum Ablauf der Testungen schreibt das Ministerium: „Die Selbsttests führen die Schülerinnen und Schüler unter Aufsicht und Anleitung von Lehrkräften oder sonstigem schulischen Personal selbst durch. Die Verlässlichkeit der Ergebnisse eines Selbsttests ist wesentlich von sorgfältigen Probenentnahmen abhängig.“

Wie ist der Umgang mit positiven Ergebnissen?

Ein positives Ergebnis ist laut Ministerium nicht gleichbedeutend mit der Quarantäne einer Klasse oder der Schließung einer Schule. Es muss durch einen PCR-Test bestätigt werden und wird erst dann dem Gesundheitsamt gemeldet.

Direkte Sitznachbarn oder enge Kontaktpersonen dürfen weiter in den Unterricht kommen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses eines eigenes PCR-Tests müssen sie strikt die Infektions- und Hygienemaßnahmen einhalten und nicht notwendige Kontakte nach der Schule vermeiden.

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Eine betroffene Person müsse „unverzüglich und in altersgerechter Weise unter Einhaltung der allgemeinen Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen isoliert werden“. Die Nutzung des ÖPNV bei der Heimfahrt sei zu vermeiden.

Schulministerium: „Pädagogisch sehr herausfordernd“

Staatssekretär Mathias Richter nennt den Umgang mit einer solchen Situation „pädagogisch sehr herausfordernd“.

Die Landeselternkonferenz NRW, deren Vorsitzende die Dortmunderin Anke Staar ist, hat sich ebenfalls zur Teststrategie geäußert. „Viele Eltern setzen große Hoffnungen in die freiwilligen Schnelltests als weiteren Baustein für ein größeres Sicherheitsgefühl an Schulen“, schreibt Staar für den Dachverband der Schul- und Klassenpflegschaften.

Zweifel von Renken sorgen in Schulen für Verunsicherung

Allerdings kritisieren die Elternvertreter die Freiwilligkeit und die Entscheidung, dass es nur einen statt der wissenschaftlich empfohlenen zwei Tests geben soll.

„Da so vieles unklar ist, stellt sich die Frage, ob nicht die gesamte Öffnungspolitik falsch ist“, sagt der GEW-Vorsitzende Volker Maibaum. Er vergleicht die Schulpolitik in NRW mit einem „Zug, der auf die Strecke geschickt wird, ohne zu wissen, ob die Brücken oder Tunnel intakt sind“.

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Für weitere Verunsicherung sorge zudem die Aussage von Gesundheitsamtsleiter Dr. Frank Renken zu seinen Zweifeln an der Verlässlichkeit der Tests, wenn sie nicht von medizinisch geschultem Personal durchgeführt werden.