Schweinekopf an Moschee: „Wir lassen uns von so etwas nicht aufhalten“

© Felix Guth

Schweinekopf an Moschee: „Wir lassen uns von so etwas nicht aufhalten“

rnAttacke auf Muslime

Die Attacke auf eine Moschee in Eving hat viele Menschen in Dortmund erschüttert. Die Gläubigen vor Ort stellen sich der Bedrohung. Die Polizei ermittelt – auch auf ungewöhnlichen Wegen.

Dortmund

, 06.12.2021, 18:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Minarett der Selimiye-Moschee im nördlichen Dortmunder Stadtteil Eving liegt am Montagnachmittag (6.12.) im Nebel. Ein Streifenwagen mit zwei Polizistinnen fährt vor und beobachtet das Umfeld. Im Innern läuft das Gemeindeleben weiter.

Das ist die bemerkenswerte Nachricht nach dem Schock von Sonntagmorgen (5.12.). Ein abgetrennter Schweinekopf war von einem Unbekannten am Tor zum Gelände der Moschee befestigt worden.

Polizei sucht nach Zeugen und nennt Details

Hinter Adem Sönmez, dem Vorsitzenden des Moschee-Vereins, liegt ein anstrengender Tag mit kurzer Nacht. „Die Leute waren aufgeregt, wir haben versucht sie zu beruhigen. Aber wir lassen uns von so etwas nicht aufhalten. Die Integration geht weiter voran“, sagt Sömnez.

Es liegen Videoaufnahmen der Tat vor. Diese zeigen laut Polizei, dass „ein wahrscheinlich männlicher Täter um 3.30 Uhr den Kopf dort platziert haben könnte“. Der Tatverdächtige habe sich dann in Richtung Deutsche Straße entfernt.

„Er hat noch Selfies von sich vor dem Tor gemacht. Er war ganz locker und ist dann entspannt weggegangen“, sagt Adem Sönmez. Die Polizeiwache Eving befindet sich nur wenige hundert Meter von der Moschee entfernt.

Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Es liege der Verdacht der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen vor, so die Polizei-Pressestelle am Montagmittag.

Schweine-Provokation wird häufig von Rechtsextremen verwendet

Der abgetrennte Schweinekopf gilt als Provokation und Beleidigung von Menschen muslimischen Glaubens, für die der Verzehr von Schweinefleisch laut dem Koran nicht erlaubt ist. „Man will uns damit entehren“, sagt Sömnez.

Diese Droh-Geste ist in der Vergangenheit immer wieder von Rechtsextremen verwendet worden. 2019 gab es einen bisher noch nicht aufgeklärten Brandanschlag auf eine andere Moschee in Eving.

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Die Polizei fragt nun, wer zur Tatzeit eine verdächtige Person im Bereich des Tatorts rund um die Hessische Straße in Eving gesehen hat. Zudem benötigt die Behörde Hinweise zu dem „mutmaßlichen Spanferkel“.

Polizeisprecher Gunnar Wortmann formuliert deshalb diese Fragen: Gab es in der Nähe eine Feier oder ähnliches, wo der Kopf des Spanferkels herstammen könnte? Kann ein Partyservice oder Metzger Hinweise zu einem zeitnahen Verkauf von einem Spanferkel machen, der mit der Tat in Verbindung stehen könnte?

Hinweise nimmt die Kriminalwache der Polizei Dortmund unter (0231) 132 74 41 entgegen.

„Widerliche rassistische Tat“

Manfred Kossack, Sonderbeauftragter für Vielfalt, Toleranz und Demokratie der Stadt Dortmund, sagt auf Anfrage zu dem Vorfall: „Die widerliche Attacke zeigt deutlich, mit welcher Kontinuität und starker Ausprägung Rassismus in der Gesellschaft immer noch vorhanden ist.“

Der zeitliche Zusammenhang zur Demonstration der AfD am vergangenen Dienstag (30.11.) sei für ihn „wenig überraschend“.

„Immer dann, wenn rassistische Äußerungen und Handlungen unwidersprochen bleiben, trägt dies zur Radikalisierung und Bestätigung von Rassisten bei“, sagt Kossack.

„Wirrköpfe und ideologische Fanatiker“

Der Integrationsratsvorsitzende der Stadt Dortmund, Marzouk Chargui, erklärt: „Auf jegliche rassistische und ausgrenzend motivierte Angriffe antworten wir mit Solidarität und Zivilcourage.“ In Dortmund hätten Rassismus und Demokratiefeinde keinen Platz

Friedrich Stiller, Dialogbeauftragter der evangelischen Kirche, sagt in einem persönlichen Schreiben an die Gemeinde. „Es ist traurig, dass es immer wieder Menschen gibt, die es nicht ertragen, dass andere einen anderen Glauben haben, und dann solche Schmähungen begehen.“

Stiller schließt mit den Worten an den Evinger Moscheeverein: „Lassen Sie sich nicht abbringen von dem Weg des friedlichen Miteinanders durch Wirrköpfe oder ideologische Fanatiker.“

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