
© picture alliance/dpa
Abitur im Corona-Jahr: „Wir sind manchmal sehr überfordert“
Abitur 2020/21
Über Wochen müssen sich Schüler im Distanzunterricht größtenteils selbst organisieren. Für Abschlussjahrgänge ist die Situation herausfordernd. Eine Schülerin erzählt von ihren Zukunftssorgen.
Sofie Meyer (Name von der Redaktion geändert) hatte Pläne für 2021. Sie wollte ihr Abitur dieses Jahr machen, ins Ausland gehen – am liebsten für ein Jahr nach Spanien –, die Sprache lernen und das Leben genießen.
Doch Corona hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, wie ihren Mitschülern der 13. Jahrgangsstufe an der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Brackel auch.
Abi im Corona-Jahr: „Wir waren alle so sauer“
Klar, den Auslandsaufenthalt könne sie verschieben, trotzdem fühlt sich die 18-Jährige um die eigentlich beste Zeit ihres Lebens betrogen. Die Abi-Phase, das bedeutet Motto-Woche, Abi-Partys, der Start in die ganz große Freiheit – aber die ganzen Rituale rund um die Hochschulreife - sie werden wohl ausfallen.

An der Geschwister-Scholl-Schule in Brackel machen Schüler nach neun Schuljahren ihr Abitur. © Foto: Oliver Schaper
„Anfang 2020 hätten wir eigentlich unsere LK-Fahrten gehabt, die sind wegen Corona auch schon ausgefallen“, erinnert sich die 18-Jährige. „Wir waren alle so sauer und konnten es nicht glauben.“
Auch wenn sich die Schüler an den Ausnahmezustand inzwischen gewöhnt hätten, sei es traurig und frustrierend. „Wir haben das alles nicht, was die anderen Abi-Jahrgänge vor uns hatten.“
Die Hoffnung auf den Abiball im Sommer
„Noch hofft unsere Stufe, dass wir im Sommer einen Abiball feiern können“, erzählt Sofie im Gespräch. „Aber wir können jetzt auch gar kein Geld dafür einnehmen.“ Eigentlich sammeln Abschlussjahrgänge durch Waffelverkäufe oder andere Aktionen an der Schule Geld, um die Kosten für die Location stemmen zu können.
„Oft sitzen wir den ganzen Tag am Schreibtisch“
Der Alltag habe sich durch Corona und den Lockdown stark verändert. Die Schüler müssen sich selbst organisieren, eigenverantwortlich lernen.
Drei bis fünf Mal in der Woche laden Lehrer zu einstündigen virtuellen Unterrichtstreffen. Dort besprechen die Schüler Aufgaben, die sie in der Woche davor bearbeiten mussten oder es geht um neuen Stoff.
„Wir sind manchmal sehr überfordert“, gesteht die Schülerin. „Manche kommen wegen Internetproblemen nicht ins Meeting.“ Das Aufgabenpensum, das die Lehrer verlangen, sei umfangreich. „Wir wissen gar nicht, wie wir das schaffen sollen. Manchmal gibt es Tage, da geht es ganz gut, aber oft sitzen wir den ganzen Tag am Schreibtisch.“
Das Problem sieht Sofie Meyer vor allem darin, dass die Lehrer aller Fächer Aufgaben stellen und einen Abgabezeitpunkt nennen. Wann die Schüler den Stoff bearbeiten, müssen sie selbst entscheiden.
„Ich mache mir oft Zettel, damit ich nicht vergesse, wann ich welche Aufgaben abgeben muss“, erklärt die 18-Jährige ihre Methode.
Zwar seien die Aufgaben so gewählt, dass man in etwa die Unterrichtszeit dafür brauchen soll, die man eigentlich in der Schule hätte, aber nicht immer gehe diese Rechnung auf.
„Richtig viele Sorgen“
Die Schülerin hätte sich für den Distanzunterricht einen Stundenplan gewünscht, nach dem sie arbeiten könnte. Stattdessen haben sich ihre Mitschüler und sie jetzt über Whatsapp organisiert. In virtuellen Lerngruppe gehen sie die Aufgaben gemeinsam an, besprechen Probleme und erarbeiten den Stoff im Team.
Auf das Abi fühle sie sich bisher nicht so gut vorbereitet. „Ich persönlich habe richtig viele Sorgen. Ich bin zwar fleißig, aber in einem Leistungskurs fehlt mir noch der Stoff aus dem ersten Lockdown. Wie soll ich den wieder aufholen? Ich habe ehrlich gesagt ein bisschen Angst, dass ich ein schlechtes Abi mache“, gesteht sie.
Die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer gab kurz nach dem Gespräch bekannt, dass Schülern wie Sofie Meyer, die dieses Jahr ihren Abschluss machen, ab 22. Februar wieder eine Rückkehr in den Präsenzunterricht ermöglicht wird.
Die drei nötigen Vorabiklausuren müssen bis zu den Osterferien geschrieben werden.
Vielleicht kehrt für Sofie und die anderen Schüler der Abschlussjahrgänge noch ein bisschen Normalität zurück.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
