
Martin und Ute Monteton sind verwundert: Die Schuhpaare, die über der Ampel direkt vor ihrer Haustür in Kirchlinde hingen, sind plötzlich verschwunden. © Natascha Jaschinski
Schuhpaare an Dortmunder Ampel: Ungewöhnlicher Schmuck ist plötzlich weg
Verkehr
An einer Ampel im Dortmunder Westen baumeln für gewöhnlich Schuhpaare. Nun sind sie verschwunden. Anwohner wundern sich – und lösen dabei endlich das Rätsel um den skurrilen Ampel-Schmuck.
Der Anblick gehörte schon so fest dazu, dass es zunächst kaum zu glauben ist. Auch Martin und Ute Monteton geht es so. Sie bepflanzen ihren Vorgarten in Kirchlinde, als wir sie fragen, ob sie wüssten, warum die Schuhe weg sind. Die Schuhpaare, die für gewöhnlich über dem Ampelmast hängen, der direkt vor ihrem Haus Im Dorloh steht, unweit des Schulzentrums Kirchlinde mit Bert-Brecht-Gymnasium und Droste-Hülshoff-Realschule.
Dass der ungewöhnliche Ampel-Schmuck nicht mehr da ist, war dem Kirchlinder Ehepaar noch nicht aufgefallen. Ungläubige Blicke gen Himmel: „Tatsache, da hängt nichts mehr“, sagt Ute Monteton. Beide sind sich sicher, dass die Schuhe erst vor kurzem verschwunden sein können. Sonst hätten sie es bemerkt.
Denn seit gut 15 Jahren wohnen die beiden direkt neben der Ampel und „ein paar Paare hingen dort eigentlich immer“, meinen sie sich zu erinnern. Gerade zuletzt seien es wieder mehr geworden. Die beiden rätseln: Vielleicht hat der Wind die Paare heruntergeweht. Dass alle auf einmal runterfallen, halten sie aber für unwahrscheinlich.
Ampel wurde gereinigt und die Schuhe dabei entfernt
Und es waren auch keine Naturgewalten, die die Ampel ent-schuht haben, sondern ein Putztrupp, wie eine Anfrage bei der Stadt ergab: Die Schuhe seien bei einer „turnusmäßigen Reinigung“ der Ampel am 6. Oktober entfernt worden, heißt es. Ein Techniker habe die Schuhe „freundlicherweise“ heruntergenommen, sagt Sprecherin Alexandra Schürmann.
Einen direkten Auftrag dazu habe er nicht gehabt, allerdings gelte: „Das Anbringen von Fremdkörpern jeglicher Art ist an Ampeln verboten.“ Illegal angebrachte Gegenstände wie die Schuhpaare könnten Sicht und Sicherheit beeinträchtigen.

Nichts baumelt mehr: Bei einer Ampelreinigung sind auch die Schuhpaare entfernt worden, so die Stadt Dortmund. © Natascha Jaschinski
Das Ehepaar Monteton findet es „schade“, dass die Ampel nun schuh-los ist. Der Ampel-Schmuck habe nie gestört, im Gegenteil. Er gehörte dazu. Und es sei auch immer lustig zu sehen, wie er zu Stande komme. Als wir im Frühjahr vergangenen Jahres über die Schuh-Ampel berichteten, gab es viele mögliche Theorien, worauf der Schuh-Behang zurückzuführen sein könnte: Sie reichten von der Skater-Szene in Flensburg, die so ihre Reviere markiert, bis hin zur New Yorker Bronx, in der Drogendealer verstorbene Gang-Mitglieder mit Schuhen ehren sollen. Eine Leserin mutmaßte: Da habe wohl jemand Spaß, „ein bisschen Ghetto nach Kirchlinde zu holen“.

So sah es im April vergangenen Jahres an der Ampel aus. Zuletzt hingen noch deutlich mehr Schuhpaare über dem Ampelmast. © privat (Archiv)
Anwohner: Abiturienten werfen die Schuhe
Das deckt sich aber nicht mit den Beobachtungen der Montetons: Ihnen zufolge liegt der Grund für das international sogenannte „Shoe tossing“ (Schuhwerfen) viel näher: „Schüler des BBG werfen die Schuhe an den Ampelmast, wenn sie ihr Abitur gemacht haben“, sagt Martin Monteton.
Schließlich seien sie fortan „auf Freiheitsfüßen“ unterwegs. Das Ganze funktioniere so: Die Schüler binden die Schuhe an den Schnürsenkeln zusammen und werfen sie so lange hoch, bis sie hängen bleiben. Ein nicht einfaches Unterfangen. Die Montetons haben schon häufiger zugeschaut, sagen sie: „Es dauert oft ein bisschen, ehe die Schüler treffen.“
Ist fürs Journalistik-Studium vor 20 Jahren nach Dortmund gezogen und hat danach jahrelang in der Nachrichtenredaktion gearbeitet. Lebt schon lange im Dortmunder Westen und freut sich, hier und in Castrop-Rauxel auch journalistisch unterwegs zu sein.
