Eigentlich sind die Personalräte in der Stadtverwaltung bestens im Bilde, was sich in den einzelnen Ämtern tut. Doch die Ankündigung von Planungsdezernent Ludger Wilde, das Planungs- und Bauordnungsamt wieder zu trennen und in verschiedene Hände zu geben, hat selbst die Personalvertreter kalt erwischt. In einem Gespräch habe Wilde ihnen anschließend die Hintergründe erläutert, heißt es in einem internen Bericht an die Beschäftigten der Verwaltung. „Das Hauptargument war, Abläufe und Genehmigungsverfahren künftig zu beschleunigen“, sagt Personalratsvorsitzender Christoph Schefers auf Anfrage. Vollends überzeugt waren die Personalvertreter jedoch nicht. „Richtig nachvollziehen kann ich das noch nicht“, sagt Schefers.
Teile der Politik offenkundig auch nicht. Zumindest bei Grünen und CDU sind Wildes Argumente bislang auf wenig fruchtbaren Boden gefallen. Er hatte in Aussicht gestellt, dass eine Aufsplittung des Fachbereichs Planungs- und Bauordnungsamt in zwei selbstständige Ämter dazu führe, dass beispielsweise Bauanträge schneller abgewickelt werden könnten. Ungewöhnlich ist das nicht: Bis 2007 waren beide Bereiche tatsächlich in zwei Ämter gesplittet. Dann wurden sie zusammengelegt. Um „Synergien zu heben“. Jetzt zeigt sich: Das klappt nur bedingt. Beide Bereiche, heißt es, würden sich zunehmend unterschiedlich entwickeln.
„Atmosphärische Störungen“
Auf der einen Seite die Stadtplaner, die mehr und mehr mit aktuellen Themen wie Klimawandel, Verkehrswende und der Ausweisung neuer Wohngebiete beschäftigt seien. Auf der anderen Seite die Bauordnung, die sich voll und ganz auf die Digitaliserung konzentrieren müsse. Die Umstellung auf digitale Verfahren bei Baugenehmigungen sei eine der „anspruchsvollsten Aufgaben der vergangenen Jahrzehnte“, heißt es. Daher sei es sinnvoll, sich auf „die Kernkompetenzen der Bauordnung zurückzubesinnen“ - und daraus ein Amt mit einer eigenen Amtsleitung zu machen.
Pro Jahr laufen im Schnitt mehr als 4600 Fälle bei der Bauordnung/Baufsicht ein. Das Gros dreht sich um Baugenehmigungen, Voranfragen und Freistellungen (knapp 2.800). In weiteren gut 1.800 Fällen geht es um Abgeschlossenheitsbescheingungen, Baulasten und Anfragen verschiedenster Art. Gleichzeitig würden immer mehr bauwillige Bürger (bzw. Investoren) gegen die Bescheide der Stadt vor Gericht ziehen und klagen. Weshalb ein selbständiges Bauordnungsamt ein eigenes Beschwerde- und Klagemanagement bekommen solle.
Warum also zeigen sich die Ratsfraktionen so zugeknöpft für Wildes Reformvorschläge, für die er 2022 gleich mehrere Anläufe genommen hat? Zitieren lassen möchte sich niemand. Hinter vorgehaltener Hand aber wird geraunt, Wildes Vorstoß habe nicht nur mit schnelleren Baugenehmigungen zu tun – sondern vor allem mit erheblichen Verstimmungen innerhalb des Planungs- und Bauordnungsamtes. Es gebe „große atmosphärische Störungen“ zwischen den beiden Bereichen Planung und Bauordnung. Sowohl auf der Leitungsebene als auch in Teilen der jeweiligen Mannschaft.
Ämtertrennung und neue Stellen
Wie kolportiert wird, soll es auch schon den Versuch einer Schlichtung („Mediationsverfahren“) gegeben haben – und nach nur einem Termin wieder abgebrochen worden sein. Dezernent Wilde selbst wollte sich auf Bitten der Redaktion nicht äußern: Dazu gebe es nichts zu sagen, hieß es.
Das „Nein“ aus der Politik hat weitere Gründe: Mit einer Ämtertrennung allein wäre es nicht getan. Gleichzeitig möchte Wilde 6,5 neue Planstellen organisieren. Davon sollen 3,5 auf das Bauordnungsamt entfallen, das nach der Neuorganisation auf ingesamt knapp 120 Stellen käme. Die drei weiteren Stellen sollen im Planungsamt eingerichtet werden – das dann rund 140 Planstellen hätte. Kostenpunkt inklusive Arbeitsplatzausstattung: gut 620.000 Euro in 2023. Ob die Jobs im laufenden Jahr eingerichtet werden, ist angesichts der „Stopp-Rufe“ aus der Politik sehr fraglich. Im Februar soll der Rat den Haushalt für 2023 verabschieden – eingespeist ist das notwendige Geld bislang nicht.
Dabei schien Wilde mit seinen Reformvorschlägen zwischenzeitlich schon auf der Erfolgsspur: Nach Informationen des Personalrates hatte es bereits ein Beschlusspapier für den innersten Führungszirkel der Stadtverwaltung gegeben. Es soll von OB Westphal mit Hinweis auf die fehlende Unterstützung der Politik wieder abgeräumt und „auf Eis gelegt“ worden sein. Wilde selbst verabschiedet sich Mitte Februar 2023 in den Ruhestand. Möglicherweise kommt seine Idee zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück: Wildes Nachfolger Stefan Szuggat soll sich der Sache annehmen.
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