Wer einen Streit vom Zaun brechen will, muss nur Gerüchten Raum und Nahrung bieten. Was leider in jeder Nachbarschaft funktioniert, ließ sich nun auch im Dortmunder Kulturausschuss bestaunen: Der kulturpolitische Sprecher der SPD, Dominik De Marco, brachte dort einen Antrag ein, in dem behauptet wird, „dass derzeit Gerüchte die Runde machen, das Schauspiel Dortmund könne geschlossen werden“. Es folgte eine heftige Debatte - und der Vorwurf von Grünen und CDU, das Vorgehen der SPD verunsichere Beschäftigte und Besucher des Theaters.
Dominik De Marco wollte mit seinem Vorstoß ein Votum für „den Erhalt des Schauspiel Dortmund am jetzigen Standort“ erreichen. Seine Annahme, das Haus müsse dem Neubau für die Junge Bühne Westfalen schließen, hat aber offensichtlich keine reale Basis - wie ihm Kultur-Dezernent und Kämmerer Jörg Stüdemann, Barbara Brunsing von den Grünen und Ute Mais von der CDU vorhielten.
„Grüne und CDU sind irritiert über den Antrag der SPD, der sich allein auf - wo auch immer kursierende - Gerüchte bezieht“, erläutert Barbara Brunsing. „Durch die Verwaltung wurde zuletzt angekündigt, dass mit dem Bau des Kinder- und Jugendtheaters eine Interimsstätte für beide notwendig wird, zu der Vorschläge im zweiten Quartal erwartet werden. Pläne, die Sparte zu schließen, gibt es von keiner Seite“, ergänzt Ute Mais.
Ein Würfel für 32 Millionen
In der Tat ist seit mehr als 20 Jahren geplant, am Hiltropwall die Junge Bühne Westfalen zu errichten - ein imposanter Würfel soll dort für 32 Millionen Euro errichtet werden, so der letzte Stand der Planung. Das Schauspiel müsste dafür zumindest zeitweise weichen, eine Schließung steht aber auf keiner Tagesordnung. Zumal wir bis zum Beginn der Realisierung „noch mal drei bis vier Jahre warten müssen“, so Jörg Stüdemann.
Der Kultur-Dezernent bezeichnete den Antrag De Marcos flapsig als „spaßige Angelegenheit“, um dann ernsthaft zu ergänzen: „Es gibt keine Idee oder einen Anlass, die Sparte Schauspiel zu schließen.“ Zum Neubau der Jungen Bühne werde es wohl im Mai eine Machbarkeitsstudie geben. Oberbürgermeister Thomas Westphal hatte betont, dass der Neubau nicht ohne die Sanierung des Schauspiels geplant werden könne - „wir brauchen eine Gesamtplanung“.
Natürlich lösen solche Projekte Diskussionen in der Bürgerschaft aus - das sei auch durchaus erwünscht, so Stüdemann. Er sei in den letzten Monaten mit vielen dieser Überlegungen konfrontiert gewesen: „Kann man nicht erst das Schauspiel sanieren und dann die Junge Bühne bauen? Kann das Schauspiel nicht in die Junge Bühne ziehen?“ Und aus der Freien Szene habe ihn die Frage erreicht, ob die Stadt beabsichtige das Schauspiel zu schließen. Stüdemanns Antwort: „So ein Blödsinn.“
„Ist mein Arbeitsumfeld safe?“
Auch ihn haben Anfragen aus dem Kreis der 540 Theaterleute erreicht, die sich fragten: „Ist mein Arbeitsumfeld noch safe?“ Diese Sorgen kamen auch bei den Ratsmitgliedern an. „Bei uns meldeten sich nun Beschäftigte aus dem Theater und Schauspiel mit der Frage, ob das Schauspiel geschlossen werde und was los sei. Wir verstehen die Verunsicherung und sind erstaunt über die Qualität dieses SPD-Antrags, der Gerüchte ungeprüft als wahr voraussetzt. Grüne und CDU stehen hinter dem Theater Dortmund“, heißt es hierzu im gemeinsamen Antrag der beiden Parteien.
SPD-Stadtrat Dominik De Marco bot daraufhin an, das Wort „Gerücht“ aus seinem Antrag zu streichen - was die Sache eher schlimmer als besser gemacht hätte. Bei der Abstimmung über den Tagesordnungspunkt votierten SPD, Linke+ und Die Partei für die „Resolution zum Erhalt des Schauspiel Dortmund“, die FDP Bürgerliste enthielt sich. Der Antrag wurde unter anderem mit den Stimmen von Grünen und CDU abgelehnt.
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