Die Schleuse Henrichenburg, einziger Zufahrtsweg für Schiffe zum Dortmunder Hafen, wird im September gesperrt. Wieder mal. Hafenanlieger sind mächtig genervt, da sie draufzahlen müssen.
Karl-Heinz Keisewitt ist wenig amüsiert. „Die Schleuse stellt für den Hafen und die ansässigen Betriebe ein Risiko dar“, sagt der Vorsitzende des Vereins „Dortmunder Hafenanlieger“. Wenn es Reparaturbedarf gebe, müsse der natürlich erledigt werden. Man lebe aber nahezu permanent mit der Sorge, dass die Schleuse irgendwann für einen längeren Zeitraum komplett ausfalle, sagt Keisewitt. „Das würde dem Logistikstandort Hafen schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen.“
Tatsächlich ist die 1989 in Betrieb genommene Schleuse Henrichenburg längst zum Nadelöhr für Europas größten Kanalhafen geworden. Jedes der rund 2000 Schiffe, die jährlich im Dortmunder Hafen festmachen, muss die Schleuse passieren.
Schleuse Henrichenburg wird gleich zweimal gesperrt
Doch die ist extrem störanfällig: Schon 2012 und 2013 war der Hafen an 109 Tagen für den Schiffsverkehr nur eingeschränkt erreichbar, davon 49 Tage lang gar nicht. Jetzt muss die Schleuse in zwei Schritten erneut gesperrt werden: vom 3. September bis 28. September 2018 und vom 15. Juni bis 12. Juli 2019.
Grund: Während dieses Zeitraumes steht die nächste Bauwerks-Inspektion an, die alle sechs Jahre stattfindet. Gleichzeitig seien aber auch wieder Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten am Ober- und am Untertor, an der Hydraulik und an der Steuerungstechnik notwendig, sagt Sabine Kramer vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Duisburg-Meiderich. „Wir setzen aber gerade bei der Schleuse Henrichenburg alles daran, die Arbeiten pünktlich abzuschließen.“
Transporte in den Dortmunder Hafen laufen über Straße
Uwe Büscher, Vorstand der Dortmunder Hafen AG, ist naturgemäß wenig erfreut. Schiffe, die nicht festmachen können, bringen auch kein Ufergeld in die Hafenkasse. Positiv sei, dass der Hafen frühzeitig über die Sperrungen informiert worden sei, sagt Büscher. Trotz der notwendigen Reparaturen müsse man aber im Blick haben, dass es sich bei dem Bauwerk in Henrichenburg um „eine veraltete Verkehrsinfrastruktur“ handele.
Eine längere Sperrung habe zur Folge, dass ein Teil der rund 160 Betriebe im Hafen ihre Transporte per Lastwagen auf die Straße oder auf die Bahn verlege. „Es kostet ungeheuren Aufwand, die Transporte später aufs Wasser zurückzuholen“, gibt Büscher zu bedenken. Komme es eines Tages zu einem Totalschaden, sei der Schiffsverkehr über Monate lahmgelegt. „Wir können immer nur warnen“, sagt Büscher.
Sein Appell an die Politik: Sie möge ihr Augenmerk nicht allein auf den großen Duisburger Hafen richten, sondern auch die Hinterlandhäfen wie in Dortmund in den Blick nehmen. Sie seien die Logistik-Drehscheiben, von denen aus die Güter direkt in die Regionen verteilt würden.
Bund bleibt beim "Nein" für zweites Schleusentor
Mit ihrer Forderung, der Bund möge für den Notfall ein zweites Schleusentor vorhalten, sind Dortmunder Akteure regelmäßig auf Grund gelaufen. Zuletzt holte sich der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann eine Abfuhr: Eine Havarie, heißt es im Antwortschreiben aus dem Berliner Verkehrsministerium, könne „theoretisch leider nicht ausgeschlossen werden“. Das Risiko sei aber gering. Zudem schlüge ein neues Schleusentor mit 5 Millionen Euro zu Buche. Für eine solche Investition „würde kein Wirtschaftlichkeitsnachweis gelingen“.
Wie also stellen sich die am Hafen ansässigen Unternehmen auf die Schleusensperrung ein? Nicht alle sind vom Schiffsverkehr abhängig. Dennoch sind auch 2017 mehr als die Hälfte aller im Hafen transportierten und umgeschlagenen Güter (insgesamt 4,6 Millionen Tonnen) per Schiff über den Dortmund-Ems-Kanal angeliefert worden (knapp 2,6 Millionen Tonnen). Darunter beispielsweise Schrott, Baustoffe und Stahlprodukte.
Die Rohstoff Recycling GmbH im Hardenberghafen beispielsweise wird monatlich von acht bis zwölf Schiffen mit bis zu 1500 Tonnen Schrott beliefert. Jetzt sei man gezwungen, die Transporte vom Wasser auf die Straße und die Schiene verlegen, sagt Mitarbeiter Henning Zimmermann. Die Folge: „Die Transporte werden teurer.“
Kritik an Verkehrsverhältnissen im Dortmunder Hafen
Auch bei Rhenus Logistics am Marxhafen musste umdisponiert werden. „Wir haben Aufträge vorgezogen“, sagt Betriebsleiter Detlef Neumeyer. Beispielsweise die Schiffslieferung von 20.000 Tonnen Perlite, die für Mitte September geplant war. „Die Mengen kommen jetzt schon rein“, sagt Neumeyer. Ob das aber für den September reiche, müsse man sehen.

"Wir haben umdisponiert und Lieferungen vorgezogen". Detlef Neumeyer, Betriebsleiter von Rhenus Logistics am Marxhafen. © Beushausen
Karl-Heinz Keisewitt vom Verein der Dortmunder Hafenanlieger zeigt sich irritiert über das strikte „Nein“ aus dem Verkehrsministerium, ein Ersatztor für die Schleuse zu beschaffen. „Man darf das nicht einfach abbügeln“, kritisiert Keisewitt. Er habe das Gefühl, dass der Dortmunder Hafen mit rund 5000 Arbeitsplätzen in seiner wirtschaftlichen Bedeutung „verkehrspolitisch nicht ausreichend wahrgenommen wird“.
Damit meint er nicht allein die anfällige Schleuse. „Wir sind hier im Hafengebiet von Baustellen umzingelt“, sagt Keisewitt in Richtung der Stadt. Zwischen 6 und 8 Uhr morgens und zwischen 15 bis 18 Uhr staue sich regelmäßig der Verkehr. „Dann geht es im Schneckentempo voran." Zudem erinnert Keisewitt an das Gutachten, mit dem die Stadt den Vollanschluss der Westfaliastraße an die Mallinckrodtstraße prüfen wolle, um dem Verkehr eine direkte Anfahrt und Abfahrt nach und aus Richtung Huckarde zu ermöglichen. „Das Gutachten ist längst überfällig“, sagt Keisewitt.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.