Die S4 von Lütgendortmund nach Unna ist momentan zwischen Dorstfeld und Brackel gesperrt, weil dort Bombensondierungen laufen. Mindestens zwei Wochen wird das dauern. Währenddessen bietet die Bahn einen Schienenersatzverkehr (SEV) per Bus an. Wir haben ihn getestet.
Es ist Dienstag (17.1.), 7.25 Uhr, etwa 2 Grad Außentemperatur, und ich stehe dick eingepackt am S-Bahnhof Dorstfeld, wo soeben einige Fahrgäste das Bahnhofsgebäude verlassen. Ein Zug muss kurz vorher angekommen sein. Einige, aber nicht alle, steigen in den bereits wartenden Gelenkbus, der fahrplanmäßig um 7.28 Uhr startet. Das ist der sogenannte „Schienenersatzverkehr“, der die Fahrgäste bis zum Bahnhof Brackel bringt, wo sie dann wieder in die S4 einsteigen und weiterfahren können. Ich plaudere ein wenig mit dem freundlich wirkenden Busfahrer Benjamin Preuß (37).

Er fahre die Tour nun den zweiten Tag, sagt er, und müsse sich noch an die genaue Route und die Haltestellen gewöhnen, zumal er nicht aus Dortmund komme. Aber das klappe schon ganz gut. Diese Sonderhaltestellen seien auch für die Fahrgäste immer die größte Herausforderung am SEV. Nicht jeder wisse immer genau, wo sie sich befinden. Aus früheren Einsätzen dieser Art wisse er, dass die Kommunikation im Vorfeld nicht immer perfekt sei. Manchmal komme es auch vor, dass die Hinweisschilder nach ein paar Tagen abgerissen worden seien und dann sei für Außenstehende kaum noch zu erkennen, wo der Bus halte.
Der Bus fährt los, und ich begebe mich nach hinten. Ich wundere mich, wie wenige Plätze besetzt sind. Ich hatte erwartet, der Wagen sei im Berufsverkehr gerammelt voll. Dem ist bei weitem nicht so. 10 bis 15 Fahrgäste verteilen sich schätzungsweise in dem langen Gefährt. Karin Waßmann, die zu ihrer Schwiegermutter fährt und in Körne aussteigen will, ist eine von ihnen. Sie vermutet, dass viele Fahrgäste, die nun nicht die S4 nutzen, einfach auf die U43 ausweichen, die ebenfalls zwischen Dorstfeld und Brackel pendelt. Es gebe auch noch andere Möglichkeiten - zum Beispiel über die S2 -, was dann aber mit Umsteigen verbunden sei.

An der Lindemannstraße geht eine Mitfahrerin nach vorne zum Fahrer und sagt, sie habe sich offenbar mit dem Bus vertan. Sie wolle eigentlich zur Ofenstraße. Benjamin Preuß hält am Fahrbahnrand, lässt sie aussteigen und erklärt ihr, wie sie zu ihrem Ziel kommt.
Am Stadthaus steigt eine Passagierin zu, die den Busfahrer freundlich grüßt, und der grüßt zurück. Man kennt sich vom Vortag, und sie freut sich, dass es derselbe Fahrer ist. Schon gestern sei er ihr positiv aufgefallen, sagt sie. Ihr mache die Fahrt mit dem Bus nichts aus. Klar dauere das ungefähr eine halbe Stunde länger als mit der Bahn, aber dann stehe sie eben früher auf - kein Problem. Sie muss zur Arbeit nach Brackel.
Auf dem Weg in den Dortmunder Osten kommen uns einige andere SEV-Busse entgegen. Auch sie sind maximal zur Hälfte gefüllt.

Enge Straßen in Körne
Heikel wird's für Benjamin Preuß in Körne, denn er fährt nicht auf geradem Weg den Hellweg entlang Richtung Brackel, sondern nimmt einen Umweg durch kleine Körner Straßen, um möglichst nah an die S-Bahn-Haltestelle Körne heranzukommen. Ich bewundere seine Nervenstärke. Oft besteht der Platz zu entgegenkommenden Autos aus wenigen Zentimetern.
An einer Ampel in Wambel dreht sich der Fahrer plötzlich um und fragt einen Fahrgast: „Wollten Sie nicht in Körne aussteigen?“ Der Mann bejaht. Dann habe er aber seine Haltestelle verpasst, erklärt ihm der Fahrer und bietet ihm an, ihn auf dem Rückweg in Körne rauszulassen. Schließlich folgen jetzt nur noch zwei Haltestellen: Knappschaftskrankenhaus und Brackel Kirche, wobei letztere Bezeichnung irreführend ist. Eigentlich hält der Bus direkt am S-Bahnhof Brackel, der einige 100 Meter von der Kirche entfernt ist. Die S4 wartet schon, und die Fahrgäste haben bis zur Weiterfahrt Richtung Unna kaum Wartezeit.

Ich plaudere wieder etwas mit Busfahrer Benjamin Preuß und lobe ihn für seine Nervenstärke und Freundlichkeit. Enge Situationen sei er gewöhnt, antwortet er. Auch im Fernreiseverkehr, wo er sonst arbeite, komme so etwas vor. Das gehöre einfach zum Job. Und die Freundlichkeit sei ihm extrem wichtig. Er sei Busfahrer aus Leidenschaft, habe schon als kleiner Junge diesen Job ergreifen wollen.
Ich will nicht mit der Bahn nach Unna weiterfahren, muss aber noch zurück zu meinem Auto, das am Bahnhof Dorstfeld steht. Dafür nehme ich nicht den Schienenersatzverkehr, sondern die U43. Die fährt schließlich auf geradem Weg ohne Schlenker durch Körne nach Dorstfeld.
Eindrücke von einer Fahrt mit dem Schienenersatzverkehr: rn.de/dortmund-nordost
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