Sechs Monate nach Großbrand Denkmalschutz erloschen - Zwangsversteigerung in 2023

Sechs Monate nach Großbrand: Früheres „Schiefereck“ kein Denkmal mehr
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Es war einer, wenn nicht der längste Feuerwehreinsatz des Jahres in Dortmund: 58 Stunden loderten die Flammen im denkmalgeschützten Fachwerkhaus in Mengedes altem Ortskern. Am frühen Morgen des 23. Juni brach in dem als ehemaliges „Schiefereck“ oder „Café Chaos“ bekannten Haus an zwei Stellen das Feuer aus. Für Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft war einen Monat später klar: Es war Brandstiftung.

Die Zukunft des markanten Fachwerkhauses an der Ecke Siegenstraße/Freihofstraße war damit noch ungewisser als in den Jahren zuvor. Es war zunehmend verfallen. Im Dezember 2021 sollten Grundstück und Haus zwangsversteigert werden. Das Amtsgericht sagte den Termin jedoch kurzfristig ab – zu groß war das Interesse an Bietern und Neugierigen.

Ende Juli, fünf Wochen nach dem Brand, erklärte die Stadt: Untere Denkmalbehörde und Landesdenkmalamt würden zusammen mit einem Statiker prüfen, ob der Denkmalschutz Bestand habe. Den Verlust der Denkmal-Würdigkeit hatten viele Mengeder nach dem Band befürchtet. Das sei aber noch nicht der Fall, erklärte Stadtsprecher Christian Schön seinerzeit.

Baufälliger Zustand

Mittlerweile sind die Reste des Dachstuhls eingestürzt. Bauzäune sichern weiterhin die Ruine. Es besteht Lebensgefahr wegen akuter Einsturzgefahr weiterer Gebäudeteile. Was wird nun aus der Immobilie? Diese Frage beschäftigt Mengeder in regelmäßigen Abständen in sozialen Netzwerken, bei Gesprächen am Tresen und auf dem Markt.

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt Alexandra Schürmann, die praktische Baudenkmalpflege, die Inventarisation und die LWL-Denkmalpflege hätten das Fachwerkhaus in Augenschein genommen. „Das Gebäude befindet sich bekanntlich in einem baufälligen Zustand“, schreibt die Stadtsprecherin. „Daher konnte es aufgrund von Einsturzgefahr nur von außen betrachtet werden.“

Drohnenaufnahme des Gebäudeensembles zwei Tage nach dem Brand. Das Gerippe des Dachstuhls steht noch.
Das ehemalige "Café Chaos" oder "Schiefereck" zwei Tage nach dem Feuer im Juni. Der linke langgezogene Teil an der Siegenstraße stand nicht unter Denkmalschutz - im Gegensatz zu den Gebäudeteilen an der Freihofstraße (unten). © Helmut Kaczmarek

Weiter erklärt sie: „Wegen des hohen Verlustes der Denkmalsubstanz (auch nach einer möglichen Komplettsanierung) kann der Denkmalstatus nicht erhalten bleiben.“ Das ist aber nur ein Teil der Frage über die Zukunft des ebenso attraktiven wie lukrativen Grundstücks am Eingang zum alten Ortskern.

„Wie es nun mit dem Gebäude weitergeht, muss der Eigentümer entscheiden“, schreibt Alexandra Schürmann. „Er müsste auch auf die Denkmalbehörde zukommen, um den weiteren Umgang abzustimmen.“

Eigentümer ist Friedemann Stuhm. Der hatte jedoch bereits 2013 das Kapitel „Café Chaos/Schiefereck“ für beendet erklärt. Ende der 1980er Jahre waren Versuche gescheitert, für das „Café Chaos“ eine Konzession zu erhalten. 1990 wurde aus dem „Café Chaos“ der „Kalscha-Club“. Wegen hoher Bauauflagen gab es auch für ihn keine Konzession. Aus dem „Café Chaos“ wurde ein Privatclub – nur für Mitglieder mit Ausweis.

Ein Stahlschrank mit Büchern, Geschirr und anderen Gegenständen zum Tauschen auf dem Bürgersteig vor der Brandruine.
Ein Relikt aus der Zeit, als das Café Chaos ein „Privatclub“ der alternativen Szene war: Ein "Geben-Nehmen-Schrank" mit Büchern, Geschirr und anderen Gegenständen zum Tauschen. © Uwe von Schirp

Stuhm drückten letztlich auch finanzielle Probleme. 2013 wollte er den Bau verkaufen und sich danach irgendwo im In- oder Ausland ein Projekt suchen, um „selbst bestimmend“ zu leben. Es wurde ruhig um das Fachwerkhaus – bis zum Herbst 2021. Im Oktober des Vorjahres beraumte das Amtsgericht die Zwangsversteigerung an.

„Das Zwangsversteigerungsverfahren wird weitergeführt“, erklärt Alexandra Schürmann nun auf unsere Anfrage. „Im Laufe des kommenden Jahres wird es einen weiteren Termin geben, dann im FZW.“ Die Halle im FZW ist deutlich größer als die Säle im Gebäude des Amtsgerichts.

Der Verkehrswert des Ensembles wurde 2021 mit einem Euro taxiert. Dem standen laut Exposé allein für den denkmalgeschützten Gebäudeteil an der Freihofstraße prognostizierte Sanierungskosten von 1,1 Millionen gegenüber – zuzüglich rund 350.000 Euro für den nicht unter Denkmalschutz stehenden Teil an der Siegenstraße. Vor Jahresfrist verhinderte der Denkmalschutz Abriss und Neubau. Die Hürde besteht nun nicht mehr.

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