Der Porree kommt frisch vom Feld. In den langen Gewächshäusern keimen Mangold, Spinat, Radieschen und Petersilie. Tomaten und Paprika strecken vorsichtig ihre noch kleinen, grünen Blätter aus der Erde der Anzuchtkästen. Der Frühling hat begonnen – Gemüsehändler Sascha Michels hat alle Hände voll zu tun.
Während seine Verkaufswagen den ganzen Winter über auf dem Dortmunder Hansamarkt sowie Wochenmärkten in Bochum und Hagen gestanden haben, steht jetzt der Betrieb an der Königsheide in Dortmund-Mengede noch stärker im Mittelpunkt. Und ab dem 2. April beginnt wieder der Hofverkauf: immer sonntags, von 10 bis 14 Uhr.
„Die Uhrzeiten haben wir ein wenig angepasst“, erklärt Michels. In der ersten Saison 2022 war immer von 11 bis 16 Uhr geöffnet. „Dann habe ich auch noch etwas vom Tag.“ Bis Ende September öffnet der Verkaufswagen auf dem Hof des Betriebs gegenüber vom Katholischen Friedhof. „Im Winter lohnt es sich nicht“, sagt der Händler. „Viele Kunden kommen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Da konnte man sie bei Regenwetter schon im Herbst an zwei Händen abzählen.“
Ernte bei richtiger Größe
Michels Waren sind beliebt. Ein Großteil des Gemüses baut er selbst auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei und auf einem nahen Feld in Groppenbruch an. Obst und auch Spargel bezieht er von einem Kumpel aus dem Münsterland.
Der Hofverkauf ist ein Saisonbetrieb vom Frühjahr bis zum Herbst – Markthandel und Gemüseanbau sind ein Ganzjahresgeschäft. Und meistens sieben Tage in der Woche. Am Sonntag war er mit Ehefrau Nina, Tochter Emelie (2) und einer Mitarbeiterin auf dem 1,7 Kilometer entfernt liegenden Feld. Michels hat es von Landwirt Timmermann gepachtet.
Salat, Kohlrabi, Spitzkohl, Fenchel, Dicke Bohnen und Brokkoli haben sie gepflanzt. Zwischen 50 (Kohlrabi) und 90 Tagen (Brokkoli) gedeiht das Gemüse, bis es tagesfrisch in den Verkauf geht. „Anders als Großerzeuger ernten wir die Salatköpfe, wenn sie die richtige Größe haben und in der Menge, wie wir sie brauchen.“
Neben dem frisch ausgepflanzten Gemüse steht noch der Porree aus dem letzten Jahr. Auch der kommt je nach Bedarf aus der Erde. Im Kühlhaus an der Königsheide lagern dagegen unter anderem Rotkohl, Weißkohl und Rosenkohl bei konstanten 5 Grad.

Sascha Michels ist gelernter Kaufmann. Mit dem Markthandel erfüllte er sich einen Traum. In der Landwirtschaft ist er Autodidakt. Ein Kleinerzeuger. Und darauf ist der 32-Jährige stolz. „Wir können anders arbeiten als ein Großbetrieb.“ Das bezieht sich sowohl auf die dem Bedarf entsprechende Ernte als auch auf den Anbau. In der industriellen Landwirtschaft werde „der Salat nach 57 Tagen geerntet, am 58. Tag das Feld gepflügt und am 60. Tag neu bepflanzt“.
„Bei uns wachsen die Pflanzen ganz natürlich im Mutterboden“, betont Sascha Michels. Der klassische Anbau mache beim Gemüse nur noch etwa zehn Prozent der Fläche aus. „Die meisten produzieren in Steinwolle“, erklärt er. Die Pflanzen wachsen dort auf langen Bahnen der Kunstfaser, angereichert mit künstlichen Nährstoffen.
„Bei mir sieht das anders aus“, sagt der Gemüsebauer. „Es reicht, wenn ich den Pflanzen Wasser gebe.“ Zusätzlich setze er einen natürlichen Dünger ein. In einem Schuppen neben den Gewächshäusern liegen Säcke mit Animalin auf einer Palette. Der Naturdünger ist auch für den Bio-Anbau zugelassen.

Das Wasser kommt in den Gewächshäusern und Großbeeten auf dem Betriebsgelände aus einem Brunnen. Sascha Michels ließ eine Brunnenbohrung auch für das gepachtete Feld prüfen. „Durch den Bergbau ist aber das Grundwasser zu tief“, erzählt er. Eine Bohrung rechne sich nicht.
Dabei hatte auch er mit der Dürre im vergangenen Sommer zu kämpfen. Siebeneinhalb Kubikmeter fasst sein Jauche-Anhänger. Dreimal fuhr er Wasser auf das Feld. „Das war ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ Die Folge: 70 Prozent der ausgepflanzten Endivien verdorrten – die Kehrseite der natürlichen Kleinerzeugung.
30.000 Pflanzen brachte Michels auf dem Acker nordöstlich des Dortmund-Ems-Kanals in die Erde. Den Kohl holten sie bis Anfang Dezember aus dem Boden, bevor der Frost zu stark wurde. Drei Tage harte Arbeit für ihn, seine Frau, seine Schwiegereltern und zwei Helfer. Auf dem Markt gab es den Grünkohl als 500-Gramm-Beutel in gerupften Blättern, schon gelöst von den Pinnen. „So kaufen ihn die Kunden am liebsten“, sagt Michels.

Zu 99 Prozent komme das saisonale Obst und Gemüse aus dem eigenen Anbau oder dem des befreundeten Obstbauern. Für den Markthandel müsse er natürlich auch Gemüse und Obst auf dem Großmarkt einkaufen – exotische Früchte etwa. Oder Ware, die in anderen Regionen der Welt gerade Saison haben.
„Wenn der Kunde unbedingt Kirschen im Januar haben will, kostet das Kilo dann aber auch 40 Euro“, sagt Sascha Michels. Da spricht aus dem Gemüsebauern der gelernte Kaufmann. Aus diesem Grund lagern im Kühlhaus neben den selbst angebauten Kohlköpfen und den Wellant-Äpfeln aus dem Münsterland auch Ananas und Erdbeeren.
Die meisten Kunden schätzen aber die Produkte aus seinem eigenen Anbau: die alten Sorten Tomaten oder Zucchini etwa. „Herkunftsland Dortmund“, steht dann gern in der Auslage auf dem Wochenmarkt.
Endlos lang wirkt der Tisch mit den jetzt noch winzigen Keimlingen für die neue Saison, die gerade im Gewächshaus gedeihen. Ein Motor surrt, ein Dachfenster hebt sich aus dem Stahlrahmen. „Ah“, sagt Sascha Michels. „Wir haben 25 Grad.“ Ein Thermostat regelt den Temperaturausgleich.
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