Eine einsame Eurowings-Maschine steht neben dem Terminal. Geparkt – oder besser: für mindestens 24 Stunden gestrandet in Dortmund. An diesem Freitag (17.2.) hebt nichts ab am Dortmund Airport, mal abgesehen von der Horde Vögel in den kahlen Bäumen schräg gegenüber.
10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro, zudem eine Übernahme-Garantie für Auszubildende – so lauten die Forderungen von Verdi. Bei zwei Kundgebungen im Terminal schwört Gewerkschaftssekretärin Kirsten Rupieper insgesamt 80 Kollegen auf einen längeren Streik ein. „Ich befürchte, wir sehen uns hier alle bald wieder“, ruft sie.
Bus nach Köln ist längst weg
Als sie das erstmals tut um kurz nach 9 Uhr, sind viele verärgerte Fluggäste schon weg. Die hätten zwischen 8 und 9.30 Uhr abheben wollen nach Bukarest oder Sofia, nach Cluj, Kattowitz oder Vilnius. Vom Streik erfahren sie erst im Terminal. Und viel zu spät.
Am Schalter, über dem Wizz Air steht, hängen Abfahrtszeiten. Für Busse, die die Passagiere dorthin bringen, wo die Flieger ausnahmsweise starten: Köln/Bonn, Münster/Osnabrück, Weeze, Paderborn. Weit entfernt also.

„Nach Bukarest wollten Sie?“ Der Mann, der aus einem weiteren Reisebus steigt und ein Klemmbrett in der Hand hat, erklärt einer Frau, dass sie das nicht mehr schaffen kann. Dann hätte sie schon einen Bus vor 6 Uhr morgens nehmen müssen. Jetzt werde sie es auch mit Taxi oder Auto nicht mehr rechtzeitig nach Köln schaffen.
Ein Passagier mit ähnlichem Schicksal macht seinem Ärger im Terminal Luft, schnell umringt von einer Menschentraube: „Wieso bekomme ich keine SMS?“, fragt er einen Flughafen-Mitarbeiter. Der lächelt freundlich, kann aber nur mit den Schultern zucken: „Da müssen Sie sich an die Fluggesellschaft wenden.“ Nur: Vor Ort bringt auch das nicht viel.
Unglaublich sei das, unterstreicht ein Mann, der etliche Minuten am Wizz-Schalter angestanden hat und sich dann lange und ruhig mit dem Mitarbeiter unterhalten hat. Nicht nur, dass all diese Fluggäste keinerlei Info bekommen hätten, was ja per Mail oder App oder über andere Kontaktdaten kein Problem hätte sein dürfen.

„Könnte umbuchen für 105 Euro“
„Ich könnte jetzt umbuchen für mindestens 105 Euro pro Person.“ Allerdings seien einige Ausweich-Flieger auch schon wieder voll. Es habe zudem am Schalter geheißen, man sei ja nicht direkt von Wizz Air, sondern quasi nur ein Reisebüro. Für Ärger über den Bus-Transfer sei man also der falsche Ansprechpartner.
Der Mann, der all das erzählt, möchte seinen Namen zwar nicht veröffentlicht wissen, verrät aber, dass er nach Vilnius gewollt hätte. Der Flieger hebe aber in Paderborn ab – in 40 Minuten. „Das können wir nicht schaffen, Fahrzeit mindestens 75 Minuten.“
Viele Sprachbarrieren
Kurz darauf steht er wieder am Schalter, bucht für sich und seine beiden Begleiter um, für einen Flug in den nächsten Tagen. 315 Euro mehr, dann sei das halt so, nicht zu ändern. „Aber viele hier können sich das doch gar nicht leisten. Die haben keine 105 Euro extra.“ Bei vielen komme die Sprachbarriere hinzu.
Viele Nachfragen kommen auf Englisch, in einzelnen deutschen Wörtern oder nur von einem aus der Gruppe, der die Antwort dann den Umstehenden übersetzt. Hier trifft der Streik nicht Business-Reisende oder Urlauber, sondern auch viele, die am Wochenende zurück wollen zur Familie. „Und denen bringt dann ein Ersatz-Flug irgendwann in der nächsten Woche nichts“, sagt der Mann, der nach Vilnius wollte.
Gerade bei diesen Hürden könnten die Fluggesellschaften doch nicht einfach das „typisch deutsche Prinzip“ voraussetzen, man müsse sich halt im Vorfeld informieren. Gerade viele Menschen aus slawischen Ländern würden davon ausgehen: „Ich habe eine Leistung bezahlt, also muss die auch erbracht werden – oder man muss mir das Gegenteil noch einmal sagen.“
Bilder oder Videos vom Ärger der Fluggäste oder vom Verdi-Streik können wir Ihnen an dieser Stelle nicht präsentieren. Der Dortmunder Flughafen hatte für den Streiktag ausdrücklich keine Foto- oder Drehgenehmigungen ausgegeben. Da man nicht wisse, wie viele Mitarbeiter streiken würden und wie viele verfügbar seien, könne man eine Betreuung der Presse- oder TV-Teams nicht gewährleisten.
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