Die Pizzeria "Da Rosa" liegt am Anfang der Genuss-Meile an der Rheinischen Straße.

© Thomas Thiel

Kaum bekannte Dortmunder Genussmeile lockt Besucher aus ganz NRW

rnDortmunds kulinarische Quartiere

Die Dortmunder kennen sie vor allem als Hauptverkehrsader. Dabei ist sie eine der vielfältigsten kulinarischen Meilen der Stadt. Brot-Bier oder Gurken-Eis sind nur zwei der seltenen Spezialitäten.

Dortmund

, 29.10.2021, 11:40 Uhr / Lesedauer: 4 min

„Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau“, sang Herbert Grönemeyer einst über Bochum. Die Hymne auf Grönemeyers Heimatstadt, sie würde auch gut zu Dortmunds vielleicht am wenigsten bekannter Genuss-Meile passen.

Der teils tristen und etwas verbauten Einfallstraße fehlt das Flair des Kreuzviertels oder die Geschäftigkeit der City mit ihrem Gewusel. Hier produzierte einst bei Hoesch Spundwände, noch früher lagen hier gleich mehrere Dortmunder Brauereien.

Serie

Dortmunds kulinarische Quartiere

Den Alten Markt kennt jeder - aber Dortmund hat kulinarisch noch viel mehr zu bieten. In unserer Serie „Dortmunds kulinarische Quartiere“ stellen wir in lockerer Folge Dortmunds weniger bekannte Genuss-Meilen vor.

Dennoch hat sich an der Rheinischen Straße, „tief im Westen“ (wie Grönemeyer singen würde) der Dortmunder Innenstadt, eine der abwechslungsreichsten kulinarischen Meilen Dortmunds gebildet.

Unser Spaziergang beginnt am Westentor, den Wall im Rücken. Direkt gegenüber von Dortmunds Wahrzeichen, dem U-Turm, liegen eng beieinander eine Handvoll attraktiver Lokale und ein ungewöhnlicher Feinkostladen.

Die neapolitanischen Pizzen des "Da Rosa" kommen aus dem schwarzgelben Kugelofen rechts.

Die neapolitanischen Pizzen des "Da Rosa" kommen aus dem schwarzgelben Kugelofen rechts. © Thomas Thiel

Neapolitanische Pizzen von Antonio und Antonio

Den Anfang macht die Pizzeria De Rosa. Im Italiener mit den roten Backsteinwänden an der Ecke Humboldtstraße holen die neapolitanischen Pizzabäcker und Vornamens-Zwillinge Antonio und Antonio eine Pizza nach der anderen aus ihrem schwarzgelben Kuppelofen - für manche Gäste ist es die beste Pizza Dortmunds.

Das „De Rosa“ rühmt sich damit, nur typisch italienische Produkte zu benutzen, vom Mehl über die sonnengereiften Tomaten bis hin zu Käse und Wurst. Nach nur 60 Sekunden im 450 Grad heißen Ofen sind die dünnen neapolitanischen Pizzen fertig. Viele von ihnen gibt es auf Wunsch auch vegan - ein ungewöhnliches Angebot in Dortmunds Gastro-Szene.

Das Labsal bietet schwäbische Küche in Retro-Umgebung.

Das Labsal bietet schwäbische Küche in Retro-Umgebung. © Dieter Menne (Archivbild)

Vegane Maultaschen und Spätzle im Labsal

Auf der Rheinischen Straße sind es nur zwei Schritte von Sorrento nach Stuttgart. Denn direkt neben dem „De Rosa“ liegt das Restaurant Labsal. In ihrem kleinen, gemütlichen Lokal (aktuell 10 Tische im Innern) interpretieren Florian Kohl und Jessica Pahl seit 2017 die Klassiker der schwäbischen Küche neu - mit einer Vorliebe zu Bio-Produkten.

So gibt es im Herbst zeitweise etwa schwäbische Spätsommerrollen gefüllt mit gebackenem Kürbis aus eigenem Anbau und veganer Maultasche oder Nockerl mit Waldpilzen, karamellisierter Walnuss und gebratenem Speck, der auf Wunsch auch vegan ist. Auf Fleischliebhaber wartet ein Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Trollinger-Bratensauce.

Im Unverpacktladen "Frau Lose" gibt es nicht nur viele Getreide und Samensorten in großen Gläsern, sondern auch Bier aus altem Brot.

Im Unverpacktladen "Frau Lose" gibt es nicht nur viele Getreide und Samensorten in großen Gläsern, sondern auch Bier aus altem Brot. © Thomas Thiel

Bier aus aussortiertem Brot bei „Frau Lose“

Einige der Zutaten des Labsal stammen aus einem ungewöhnlichen Geschäft, das nur gute 100 Meter weiter die Rheinische runter liegt: Im Bio-Unverpacktladen „Frau Lose“ kann man sich aus einer ganzen Batterie von großen Vorratsgläsern alle möglichen Getreidesorten, egal ob Waldstaudenroggen, Hirse oder Couscous, direkt in die eigenen Behälter abfüllen. So spart man Verpackungsmüll. Das Gleiche gilt für Hülsenfrüchte, Nüsse oder auch Nudeln.

Darüber hinaus gibt es im Frau Lose ausgefallene nachhaltige Lebensmittel. Zum Beispiel das Bio-Bier „Knärzje“. Sein Clou: Es wird mit aussortiertem alten Brot gebraut (daher auch der Name, der vom hessischen Begriff für das Endstück eines Brotlaibs kommt). Unser Urteil: leicht, süffig, etwas süß - es schmeckt wie ein unkompliziertes, leckeres Helles.

Das Olafs ist bekannt für seine Bio-Burger. Am gefragtesten sind aber seine Rippchen, die er aber nur auf wochenlange Vorbestellung hin macht.

Das Olafs ist bekannt für seine Bio-Burger. Am gefragtesten sind aber seine Rippchen, die er aber nur auf wochenlange Vorbestellung hin macht. © Thomas Thiel

Berühmt-berüchtigte Rippchen im Olafs

Das Restaurant im Nachbarhaus komplettiert den Bio-Genuss-Hattrick auf der Rheinischen Straße: Dort bruzzelt Olaf von Halen in seinem nach ihm benannten „Olafs“ seit 2017 Bio-Burger.

Hier werde alles hausgemacht, sagt der Gastronom: Für seine Pattys dreht er sogenanntes „Neuland“-Fleisch aus tiergerechter Haltung selbst durch den Fleischwolf, auch die Brötchen backt er selbst. Neben den Burger-Klassikern gibt es ausgefallene Monats-Specials, bei denen immer mal wieder mit exotischen Zutaten wie Granatapfel-Gel experimentiert wird.

„Berühmt-berüchtigt“ sei aber ein anderes Angebot, verrät von Halen: die Rippchen, die vorher viereinhalb Stunden bei niedriger Temperatur im Smoker gegart werden und dann so zart seien, dass das Fleisch praktisch von alleine vom Knochen falle. Der Knackpunkt: Sie seien so beliebt, dass man sie mehrere Wochen im Voraus bestellen muss.

Im Biergarten auf dem Gelände einer alten Tankstelle im Unionviertel geht es lauschig zu.

Im Biergarten auf dem Gelände einer alten Tankstelle im Unionviertel geht es lauschig zu. © Oliver Schaper (Archivbild)

Der Punk unter Dortmunds Biergärten

Das Olafs beliefert auch die Gäste des legendären „Kraftstoff“ nebenan, dem Punk unter Dortmunds Biergärten. Es ist seit rund 30 Jahren eine Institution in Dortmunds Nachtszene.

Zwar kann man auch in den kalten Monaten ein bis zehn Bierchen in den Räumen der ehemaligen, etwas abgeranzten Tankstelle trinken. Doch seinen ganzen Charme entfaltet es erst im Sommer. Dann sitzen die Gäste bis tief in die Nacht im geschützten Hof zwischen einer ausrangierten Tanksäule und den großen Bambussträuchern.

Nicola Losego macht in der zweiten Generation Eis an der Rheinischen Straße.

Nicola Losego macht in der zweiten Generation Eis an der Rheinischen Straße. © Thomas Thiel

Zwei Eis-Dielen, die kaum unterschiedlicher sein könnten

Ebenfalls zum Sommer-Programm der Rheinischen Straße gehören zwei Eisdielen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Da gibt es den Platzhirsch „Angelo Losego“, bei dem es seit 1970 norditalienische Eisspezialitäten gibt, hergestellt nach Familienrezepten.

Neben den Klassikern bieten die Losegos in ihrem klassischen Ladenlokal auch ausgefallene Kreationen wie Joghurt-Honig-Sesam oder Haferflocke.

Im Kugelpudel gibt es ungewöhnliche Eis-Sorten, zum Beispiel Gurke.

Im Kugelpudel gibt es ungewöhnliche Eis-Sorten, zum Beispiel Gurke. © Thomas Thiel

Wer eher auf die Hipster-Variante einer Eisdiele steht, ist beim Kugelpudel gut aufgehoben. Zielgruppen-gerecht direkt neben dem Labsal gelegen, gibt es im kleinen Backstein-Ladenlokal ausgefallene Eissorten wie Marshmallow, Earl Grey oder Gurke - Letzteres haben wir probiert, es schmeckte tatsächlich so frisch wie ein Biss in eine Gurke.

Der Grund, warum Menschen aus ganz NRW an die Rheinische Straße pilgern, hat aber nichts mit Eis oder schwäbischen Maultaschen zu tun, sondern ist ein paar hundert Meter weiter stadtauswärts zu finden.

Sieht aus wie ein Cookie, ist aber herzhaft und nicht süß: Masala Vadai im "Sweet Chilli".

Sieht aus wie ein Cookie, ist aber herzhaft und nicht süß: Masala Vadai im "Sweet Chilli". © Thomas Thiel

Chili-Cookies in „Jaffna Town“

Dort, hinter der Abzweigung der Möllerstraße, liegt „Jaffna Town“. So nennen Eingeweihte die Ansammlung von gut zwei Dutzend tamilischen Läden, die sich dort und in den umgebenden Straßenblöcken angesiedelt haben, benannt nach der Region im Norden Sri Lankas, aus der alle der Geschäftsinhaber kommen.

Eine so große Konzentration an tamilischen Läden sei einzigartig in NRW, sagt der dort ansässige Textilhändler Ra Gnaneshwaran. Daher kämen am Wochenende zahlreiche Exil-Tamilen von weit her an die Rheinische, um Einkäufe zu machen.

Das kulinarische Herz von „Jaffna Town“ ist das „Sweet Chili“. Gelegen unter den schlichten Arkaden gegenüber der Einmündung der Unionstraße ist es ein Anziehungspunkt für die ganze Gemeinde.

Eines von vielen leckeren Reisgerichten im "Sweet Chilli" unter den Arkaden an der Rheinischen Straße

Eines von vielen leckeren Reisgerichten im "Sweet Chilli" unter den Arkaden an der Rheinischen Straße © Thomas Thiel

Immer wieder legen Tamilen hier einen Stopp ein, um eines der vielen unterschiedlichen Currys zu essen (unsere Empfehlung: das vegetarische Tagesgericht, bei dem sechs wechselnde Currys mitgeliefert werden) oder einen der „Fried Rice Mixe“, eine köstliche Mischung aus gebratenem Reis und Fleisch.

Oder aber man nimmt sich einen schnellen Snack aus der Imbiss-Auslage am Eingang des schlauchförmigen Restaurants mit. Etwa ein Masala Vadai, ein frittierter Kraftklumpen, der aussieht wie ein Cookie. Wer das herzhafte Gemisch aus Kichererbsen, Zwiebeln, Fenchel, Chilli, Knoblauch und Ingwer isst, hat mehr als genug Energie für den Nachhauseweg.

Lesen Sie jetzt