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Rennverein ist entsetzt über Stadtverwaltung: „Wir planen für Jahrzehnte“
Pferderennbahn
Das „Integrierte Stadtbezirksentwicklungskonzept“ (kurz: INSEKT) zu städtebaulichen Fragen in Brackel und der Innenstadt-Ost sorgt schon für mächtig Ärger, bevor es richtig losgegangen ist.
Mit großer Verwunderung reagiert der Rennverein auf unseren Bericht, wonach sich die Stadt Dortmund im Rahmen eines Entwicklungskonzepts für Brackel und die Innenstadt-Ost Gedanken über die Überplanung des Rennbahngeländes macht. Wie berichtet, holt die Stadt Dortmund derzeit ein Stimmungsbild zu verschiedenen städtebaulichen Fragen in Brackel und der Innenstadt-Ost ein.
Gleich die erste dieser Fragen, die auch auf der Website der Stadt Dortmund zu finden ist, wird so eingeleitet: „Im Fall einer Nutzungsaufgabe der Wambeler Rennbahn und des Golfplatzes soll bei einer Entwicklung des Areals die Ausgestaltung von öffentlich zugänglichen und durchgrünten Flächen berücksichtigt werden, um zur Stärkung der Erholungsfunktion und zum Erhalt der stadtklimatischen Eigenschaften beizutragen.“ Im weiteren Verlauf des Fragebogens geht es unter anderem um eine mögliche Wohnbebauung, die Frage, ob ein Stadtteilpark dort Sinn macht, sowie den Denkmalschutz.
„Das Rennbahngelände ist unser Eigentum“
In einer entsprechenden Presseerklärung dazu schreibt der Rennverein: „Dabei steht das Rennbahngelände – auch das (...) Gebäude – im Eigentum des Vereins, der eine von der Stadt gänzlich unabhängige private Rechtsperson ist.“

Andreas Tiedtke ist Präsident des Rennvereins - und ärgert sich massiv über die Dortmunder Stadtverwaltung. © Marc Ruehl
Der Präsident des Rennvereins, Andreas Tiedtke, stellt klar: „Erstens: Mit uns hat niemand im Vorfeld über irgendwelche Entwicklungskonzepte gesprochen. Wir sind über den Vorgang empört. Zweitens: Der Rennverein ist schuldenfrei und hat in den letzten Jahren massive Investitionen in die Zukunft vorgenommen, um den Standort als Sport- und Freizeitstätte langfristig zu sichern. Dieser Kurs wird fortgesetzt. Drittens: Wir planen für die nächsten Jahrzehnte, um die denkmalgeschützte Anlage aktiv zu erhalten. Dies gelingt sogar in Coronazeiten gut.“
„Über fremde Flächen hinweggeplant“
Der Rennverein wundert sich, wie die Stadtverwaltung Dortmund über fremde Flächen einfach so hinwegplanen kann. Die Planung und das nun eingeleitete Verfahren entbehre jeder Umsetzungschance und vergeude offensichtlich Steuergelder. Ein Gespräch zwischen dem Verein und den Planern habe es nicht gegeben – aus Sicht des Rennvereins eine mehr als „merkwürdige“ Arbeitsweise der „Konzeptentwickler“.
Allein die Pressemeldung über die Planungen habe bei Kunden und Sponsoren unmittelbar Fragen aufgerufen. Der Verein müsse sich nun darum bemühen, seinen langfristen Partnern klarzumachen, wie die Faktenlage sei. Und weiter: „Die Initiatoren der Entwicklungskonzepte werden einsehen, dass die angestellten Gedankenexperimente zu nichts führen werden. Der Dortmunder Rennverein e.V. hält die Zügel zur erfolgreichen und langfristigen Fortführung der eingeschlagenen Zukunftsstrategie in der Hand.“
Mit der ersten in Europa vor 40 Jahren gebauten Allwetter-Bahn mit Flutlicht sei die Dortmunder Rennbahn eine der wichtigsten Ausrichtungsstätten des Galopprennsports auf nationaler Ebene. Allein beim Sparkassenrenntag kommen jährlich bis zu 15.000 Dortmunder Familien auf die Rennbahn. Sie sei auch international ein fester Bestandteil des Wettkampfkalenders. Der St. Leger–Renntag ist ebenso wie der Dortmunder Preis der Wirtschaft ein sportliches Ereignis von internationaler Bedeutung.
„Dortmunder Rennbahn hat an Bedeutung gewonnen“
Der Präsident des Rennvereins hält fest: „Infolge der Konsolidierung im nationalen Galopprennsport hat die Dortmunder Rennbahn in den letzten Jahren noch weiter an Bedeutung gewonnen. Dieser Umstand und die gelungene vollständige Entschuldung unseres Traditionsvereins zeichnet ein ausgezeichnetes Bild für die Zukunft.“ Für Entwicklungskonzepte nach der Rennbahn bestehe damit offensichtlich kein Raum. Natürlich werde der Verein auch rechtliche Schritte prüfen. Mindestens müsse sich die Stadtverwaltung dazu erklären und sich offiziell entschuldigen.
Der Dortmunder Rennverein e.V. – gegründet 1886 – betreibt die Rennbahn im Wambel seit 1913. Die Anlage – übrigens auch das Geläuf – steht unter Denkmalschutz. Dortmund ist die einzige Rennbahn, die ganzjährig veranstaltet und hat mit 18 Renntagen im Jahr 2021 die mit Abstand meisten Renntage aller deutschen Galopprennbahnen veranstaltet. Jährlich besuchen ca. 160.000 Gäste die Rennbahn zu Renntagen, zu Veranstaltungen, Messen und Märkten.
Planungsdezernent sagt: „Wir stehen hinter der Rennbahn“
Unterdessen rudert die Stadt zurück. In der Pressekonferenz des Verwaltungsvorstands am Dienstagvormittag (11.5.) betonte Planungsdezernent Ludger Wilde, er bedauere die Irritationen: „Wir stehen hinter der Pferderennbahn. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt vor, die Rennbahn in Frage zu stellen.“ Sie habe eine lange Tradition. Und er wünsche sich, dass sie noch eine lange Zukunft habe.
Inhalt eines Projekts wie des „Integrierten Stadtbezirksentwicklungskonzepts“ (INSEKT) sei aber auch „visionäre Zukunftsszenarien“ zu entwickeln, die derzeit noch nichts mit der Realität zu tun haben.
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
